Teures Öl – geht es wieder los?

Claus Walter, Freiburger Vermögensmanagement GmbH
Claus Walter / Bild: Freiburger Vermögensmanagement GmbH
Der Preis des schwarzen Goldes ist von vielen Faktoren abhängig, aber in welche Richtung geht es grundsätzlich weiter? Wird der Besuch an der Tankstelle wieder ein Luxusshoppingerlebnis? Oder sollten Eigenheimbesitzer, die noch auf einem leeren Öltank sitzen, lieber jetzt noch kaufen oder ein paar Wochen abwarten?
Die Ölpreise waren einmal die bedeutsamste Stellschraube für das wirtschaftliche Wachstum. Angesichts der Anstrengungen, fossile Energieträger durch klimaneutrale erneuerbare Energien zu ersetzen, schien es so, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit, dass das schwarze Gold immer mehr an Bedeutung verlieren würden. De facto ist das aber zumindest hierzulande noch nicht so. Spätestens seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine ist es offensichtlich, dass die deutsche Wirtschaft und auch die Versorgung der Bevölkerung noch ganz maßgeblich von der Preisentwicklung fossiler Energieträger abhängig sind. Was bedeutet es also, wenn die Anzeige an der Tankstelle wieder in Richtung zwei Euro plus geht und Heizöltankfüllungen immer teurer werden?

Kein Grund zur Panik

Zunächst ist es nichts besonders Ungewöhnliches, dass der Ölpreis schwankt und gerade im Herbst zum Beispiel Heizöl mit steigender Nachfrage teurer wird. Gleichzeitig hat Russland beschlossen, dass Diesel zumindest teilweise nicht mehr exportiert werden soll. Beobachter gehen davon aus, dass der erhöhte Bedarf durch den Krieg sonst zu Schwierigkeiten bei der Betankung von Erntemaschinen im Land führen könnte. Das mündet zwar eigentlich nicht direkt in Preissteigerungen bei uns, da russische Mineralölprodukte von der Sanktionspolitik des Westens angesichts des Ukraineüberfalls betroffen sind. Aber letztlich importieren andere Staaten, etwa Saudi-Arabien die relativ günstigen russischen Produkte, während sie selbst Sprit etwa nach Deutschland exportieren. Fällt dieser Dreieckshandel jetzt weg, steigen letztlich auch bei uns die Preise - Sanktionen hin oder her. Dramatisch ist das aber im Vergleich zu 2022 alles noch nicht, denn der Ölpreis bewegt sich noch deutlich unter dem Niveau aus dem letzten Herbst. Aber bleibt das so gerade auch vor dem Hintergrund der Lage in und um Israel?

Heizöl kaufen? Nicht ewig abwarten

Der russische Lieferstopp für Sprit wird wohl vermutlich eher eine Maßnahme für Wochen sein bis die Ernte eingebracht ist. Anfang Oktober wurde der generelle Lieferstopp bereits abgeschwächt: Die Hälfte des Diesels darf wieder exportiert werden. Es könnte sehr gut sein, dass es kurzfristig sogar wieder etwas billiger an der Tankstelle wird, wenn die Beschränkung ganz wegfällt, und das ein guter Moment sein könnte, den Heizöltank zu füllen. Aber darauf spekulieren, dass das schwarze Gold noch in diesem Jahr erheblich günstiger wird, das dürfte sich eher nicht lohnen. Denn trotz der dunklen Wolken am globalen Konjunkturhimmel ist die Nachfrage sowohl aus den USA als auch China beim Öl bisher stabil und weit davon entfernt einzubrechen. Positiv interpretiert bedeutet das, die Entwicklung der Weltwirtschaft deutet gerade nicht auf eine Vollbremsung hin, die Öl schlagartig billiger machen würde. Außerdem haben die erdölfördernden Länder der OPEC ihre Produktionsmengen heruntergefahren. Stabile Nachfrage, knapperes Angebot - das spricht klar gegen billigeres Öl, auch wenn niemand die Preisentwicklung mit absoluter Sicherheit vorhersagen kann. Die Unsicherheit, nach dem jüngsten Aufflammen des Nahostkonflikts tut ihr übriges, dass der nervöse Ölmarkt nicht zur Ruhe kommt. Aus unserer Sicht sollten Eigenheimbesitzer, die noch eine klassische Ölheizung haben, nicht ewig abwarten, einen leeren Tank ausreichend zu befüllen, um zumindest durch diesen Winter zu kommen.

Teures Öl befeuert Inflation

Denn auch wenn die Energieversorgung im Großen und Ganzen für die kommende Heizperiode gesichert erscheint, sieht die Bundesnetzagentur noch Restrisiken. Es könnte also wieder knapp werden und noch immer spüren viele Menschen die Nachwehen des Energiepreisschocks aus dem letzten Winter im Geldbeutel. Damit sind nicht nur die zum Teil deutlich verteuerten Strom- oder Gasabschlagszahlungen gemeint, sondern auch der ganz normale Einkauf im Supermarkt. Denn mit den Energiekosten stiegen auch die Preise auf breiter Front für fast alle Produkte. Natürlich hat die vergleichsweise hohe Inflation noch mehr Gründe als teure fossile Energien, aber sie haben einen entscheidenden Beitrag geleistet. Ein weiter steigender Ölpreis wäre ein nicht unwesentlicher Faktor für die Zentralbanken bei der Bekämpfung der Inflation. Nachdem zuletzt die Tendenz bei der Geldentwertung eher in Richtung Entspannung ging, wäre ein weiterer Preisschub beim schwarzen Gold ein Rückschlag. Deswegen gilt es auch für breit aufgestellte Anleger, die in Anleihen oder Aktien investiert sind, den Ölpreis im Blick zu behalten. Geht er deutlich nach oben spricht das eher für ein weiter steigendes Zinsniveau und für gedämpfte Stimmung an den Börsen. Allerdings ist es auch nicht mehr ganz so einfach wie früher, als billiges Öl quasi in Wachstum und teures in Konjunkturrückgang umgerechnet werden konnte. Ein zukunftsorientierter Anlagemix berücksichtigt heute schon Bereiche, die unabhängig von fossilen Energieträgern sind. Gleichzeitig gilt es die Realität zu akzeptieren, dass dies noch nicht überall sinnvoll umsetzbar ist und wir uns in einer Phase der Transformation befinden. Es gilt hier die besten Möglichkeiten in einem Depot zu haben, die mit der heutigen Situation gut zurechtkommen und einen vernünftigen Plan für die Zukunft zu haben. Solche Investments sind der beste Schutz für Vermögen, gerade wenn die Inflation – nicht zuletzt auch durch relativ hohe Ölpreise - noch länger ein bestimmendes Thema für Anleger bleiben sollte.
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie hier auf der V-Check-Website.
Claus Walter ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der inhabergeführten Freiburger Vermögensmanagement GmbH in Freiburg im Breisgau
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