Dr. Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank AG
Fazit: Ein konjunkturelles Unwetter braut sich in Deutschland zusammen. Die geldpolitische Straffung dämpft zunehmend die Binnennachfrage und erschwert die Investitionstätigkeit. Zudem belastet die eskalierende globale Unsicherheit den deutschen Exportausblick und damit die Ausrüstungsinvestitionen.
Die Zeiten einer robusten chinesischen Wirtschaft als Treiber der Weltkonjunktur scheinen vorerst vorbei zu sein. Der US-Wahlkampf wird die Beziehungen zwischen China und den USA in den kommenden 12 Monaten weiter belasten, damit verschlechtert sich der mittelfristige globale Konjunkturausblick zusätzlich. Die konjunkturelle Eintrübung wird sich deshalb hinziehen, und Unternehmen werden Investitionsvorhaben am Standort Deutschland zurückstellen und abwarten. Dies wird die Transformation der deutschen Industrie verzögern.
Die IKB erwartet ein BIP-Wachstum von unter 0,5 Prozent für 2024.
Stimmungseintrübung nicht überraschend
Jüngste Stimmungsindikatoren lassen wenig Zweifel: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft trübt sich deutlich und in der Breite ein. So hat sich zwar das BIP nach den beiden Rückgängen in den Vorquartalen im zweiten Quartal stabilisiert. Der Ausblick deutet allerdings auf ein anhaltend schwieriges Umfeld in den kommenden Quartalen hin, und ein erneuter Rückgang der Wirtschaftsleistung ist sicherlich nicht auszuschließen. Zudem hat sich auch das Risiko für den Konjunkturausblick deutlich erhöht.
Die Eintrübung der Stimmungsindikatoren ist deshalb nachvollziehbar, denn es zeichnet sich keine schnelle Korrektur ab. Wir stehen vor einer U-förmigen Konjunkturentwicklung, wobei die Konjunktur im Umfeld von globalen Risiken und der geldpolitischen Straffung die Talsohle noch nicht erreicht hat. So hat sich das ifo Geschäftsklima, der bedeutendste Stimmungsindikator für die deutsche Wirtschaft, im August erneut deutlich und zum vierten Mal in Folge eingetrübt. Der Index fiel um 1,6 Punkte. Treiber der Entwicklung waren wie im letzten Monat deutlich schlechtere Bewertungen der aktuellen Lage. Hier gab es ein Minus von 2,3 Punkten. Zudem fielen die Erwartungen erneut pessimistischer aus; dieser Teilindex gab um 0,9 Punkte nach.
Globaler Ausblick mit hohem Risiko
Die geldpolitische Straffung in der Euro-Zone schreitet voran, und die reale Geldmenge schrumpft. Die Kreditnachfrage lässt aufgrund hoher Finanzierungskosten deutlich nach, Investitionen werden auf breiter Front nach hinten verschoben. Und als Folge des Einbruchs der Baugenehmigungen ist auch von einem spürbaren Rückgang der Bauinvestitionen in den kommenden Quartalen auszugehen. Die vollen Auswirkungen der geldpolitischen Straffung werden sich also erst noch zeigen.
Die starke globale konjunkturelle Unsicherheit wird zudem die Bereitschaft belasten, Ausrüstungsinvestitionen zu tätigen. Zwar zeigt sich zum einen die US-Wirtschaft bisher robust, nicht zuletzt wegen der außerordentlich expansiven Fiskalpolitik. Doch die geldpolitische Straffung wird auch in den USA ihre Spuren in der Realwirtschaft hinterlassen. Zum anderen enttäuschen aber vor allem die Konjunkturdaten in China, und strukturelle Herausforderungen belasten den Ausblick. Hierzu zählen die Probleme am chinesischen Immobilienmarkt und die daraus folgende Zurückhaltung bei den Bauinvestitionen, die ein wichtiger Treiber des Wachstums waren. Es ist aber auch das eskalierende Konfliktpotenzial zwischen den USA und China, das den Ausblick für China und damit auch die Weltkonjunktur beeinträchtigt. Im Vorfeld der US-Wahlen im Jahr 2024 versäumen aktuell weder Demokraten noch Republikaner, China als Bedrohung darzustellen. Somit ist davon auszugehen, dass sich die Beziehung zwischen den beiden Staaten in den nächsten 12 Monaten kaum verbessern wird – das Gegenteil dürfte der Fall sein. Dies beeinträchtigt wiederum den Ausblick für den Welthandel und damit auch für Investitionen. Die schlechter werdenden internationalen Beziehungen sowie das erhöhte konjunkturelle Risiko in China sorgen für anhaltende Unsicherheit hinsichtlich des globalen Ausblicks und reduzieren die Wachstumsperspektiven deutscher Exporte. Bereits im zweiten Quartal 2023 waren diese rückläufig. Grundsätzlich spielt hierbei auch der schwache Wachstumsausblick der Schwellenländer insgesamt eine Rolle. Die Zeit, in der China der stabile Anker der Weltkonjunktur war, scheint vorbei zu sein.
Transformation unter Druck
Nicht überraschend lässt die Investitionsdynamik am Standort Deutschland nach. Vor allem die Ausrüstungsinvestitionen sollten von der hohen konjunkturellen Unsicherheit belastet werden. So mag laut Bundesbank der private Konsum ein Anker der Stabilität in den kommenden Quartalen sein. Für die deutsche Industrie, deren Produktion maßgeblich durch die globale Konjunkturentwicklung getrieben wird, ist dies jedoch nur ein kleiner Trost. Nicht nur die straffe Geldpolitik, strukturelle Aspekte wie hohe Energiekosten sowie mögliche fehlende Investitionsanreize wie der Inflation-Reaction-Act in den USA wirken sich negativ auf die Ausrüstungsinvestitionen aus. Die sich eintrübende globale Konjunktur und insbesondere die hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung der chinesischen Konjunktur sowie die zunehmend belasteten wirtschaftlichen Beziehungen verringern die Investitionsbereitschaft insgesamt. Auch wenn oft argumentiert wird, es finde eine Inlandsverlagerung von Produktionsstätten statt, was Investitionen im Inland stärke, so sind die aktuellen Entwicklungen dennoch mit Sorgen zu betrachten. Denn der Einfluss der politischen Spannungen mit China auf die Weltwirtschaft stellt – in Kombination mit einem schwächeren chinesischen Konjunkturausblick – jegliche positive Impulse durch das On-shoring von Investitionen in den Schatten.
Die starke Vernetzung Chinas mit der Weltwirtschaft führt dazu, dass Wachstumsrisiken spürbare globale Wellen schlagen werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass private Investitionen in den kommenden Quartalen und trotz des bekannten Investitionsstaus in Deutschland einen spürbaren Dämpfer erfahren werden. Dies wiederum unterläuft die notwendige Transformation des deutschen Kapitalstocks zur Erreichung der Klimaziele. Unternehmen, deren Profitabilität bzw. sogar Existenz vor dem Hintergrund hoher Unsicherheiten in Frage gestellt wird, werden eher Liquidität sichern und zunächst abwarten, als bei sinkender Nachfrage in ihre Transformation investieren. In dieser Situation haben hohe Liquiditätsbestände Vorrang vor visionären Investitionen.
Dr. Klaus Bauknecht ist als Chefvolkswirt der
IKB Deutsche Industriebank AG verantwortlich für die volkswirtschaftlichen Analysen, Prognosen und Einschätzungen der Bank und schreibt dort auch im eigenen
IKB-Blog.
Zudem lehrt der promovierte Volkswirtschaftler an der Nelson Mandela
University in Südafrika. Zuvor arbeitete er in verschiedenen leitenden
Positionen anderer Banken und im südafrikanischen Finanzministerium. Er
schreibt zu aktuellen und übergeordneten Konjunktur-, Volkswirtschafts-
und Marktthemen.
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