Griff nach den Sternen

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Trotz eines Rückganges der Inflationszahlen dürfen die Märkte keinesfalls mit Zinssenkungen rechnen, eher mit dem Gegenteil: „Lagarde stellt weitere Zinserhöhungen in Aussicht“, erfahren wir aus der Börsen-Zeitung und der Kommentator legt noch nach: „Der Kampf muss weitergehen“. Der Kampf gegen die Inflation also und mit dem scharfen Schwert der Zinsen. Immerhin, die USA haben sich über die Schuldenobergrenze geeinigt, dürfen bis zur nächsten Wahl mehr Schulden machen. „USA wenden Zahlungsfähigkeit ab“, konstatiert die Süddeutsche Zeitung und die NZZ konkretisiert: „Schulden-Drama in USA abgewendet“. Tech-Aktien erlebten einen neuen Schub, „KI-Hoffnungen treiben Halbleiter-Titel“, fasst es einigermaßen trocken die Börsen-Zeitung zusammen.

Neue Sterne

Unser Postbote ist etwas verwirrt, vielleicht verliebt oder er verträgt die Hitze nicht, jedenfalls avancieren wir zu einer Art Postverteilzentrum. Das Problem, wir bekommen zwar viel Post, aber unsere eigene erreicht uns eher sporadisch. Insofern ist die Auswahl an Finanzmagazinen heute etwas dünn und beschränkt sich auf die beiden Antipoden Börse Online und Focus Money. Bei Anblick ihrer Titelseiten fühlen wir uns fast bayerisch-heimisch, denn das eine Magazin kam in blauer, das andere in weißer Aufmachung daher. Focus Money setzt dieses Mal auf „die neuen Stars in Europa“ – Moment, waren es vergangene Woche nicht noch die „vergessenen Stars“? Aber nein, das war ja Der Aktionär gewesen. Weiter heißt es „die 14 besten Aktien für Ihr Depot. Bis zu 70% Kurspotenzial“. Börse Online bietet dafür „Favoriten für das 2. Halbjahr. Das Beste aus DAX & Co.“ Das Beste definiert sich dann so: „Bis zu 7 Prozent Dividende & bis zu 50 Prozent Kurschancen“. Jens Castner hat sein Editorial „Die Macht der Dividenden“ überschrieben, dabei heißt unser Seminar doch „Die Macht der Dividende“. Nun, möge die Macht mit uns und unseren Depots sein, dann kommen uns Sterne gerade recht.

Arme Reiche

Ständig wird auf ihnen herumgehackt, sie sollen nicht mehr mit ihren Privatjets fliegen, mit ihren Benzinschleudern angeben und gefälligst höhere Steuern zahlen: die Superreichen. Nur eines ist ihnen sicher: Der Neid und das Finanzamt. Dabei werden sie arg gebeutelt, wie wir der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entnehmen: „Millionäre weniger reich“. Gibt es das, arme Millionäre? Aber immerhin um 3 Billionen US-Dollar ist das Vermögen der Reichen im vergangenen Jahr geschrumpft, so Capgemini im dort zitierten World Wealth Report. Besonders krass hat die Zahl der Millionäre in den USA abgenommen, in Deutschland stagnierte sie und nur in Frankreich und Indien legten sie leicht zu. Nach Anzahl, nicht Gewicht. Der Grund: Die gefallenen Börsenkurse, und zwar sowohl von Aktien als auch Anleihen. Und irgendwie muss man ein Vermögen ja anlegen. Ein Trost für alle Produzenten von Luxusgütern: Es gibt noch immer 21,7 Millionen Millionäre auf der Welt, allein in Deutschland 1,6 Millionen. Und zuletzt: Angesichts der wieder gestiegenen Börsenkurse weltweit dürfte die Anzahl der Millionäre und Millionen auf ihren Konten wieder zugenommen haben.

Dampfende Raucher

Gleich mehrere Berichte befassen sich mit einem weitverbreiteten Laster: Dem Rauchen. Um ganz speziell Zigaretten ging es in einem Bericht der Abendzeitung über den Tabakkonzern Philip Morris: „Ausgeraucht“ war er überschrieben, denn das Unternehmen will künftig ganz auf herkömmliche Zigaretten verzichten und auf Tabakerhitzer setzen. „Rauchst du noch oder dampfst du schon“ lautet deshalb der Einstieg in den Artikel, der des Weiteren den Ausstieg des legendären Marlboro-Cowboys beschreibt. Die Ikone der männlichen Lässigkeit, längst aus Kino und von Plakaten verbannt, gehört dann endgültig der Geschichte an. Wer mag sich schon einen Cowboy vorstellen, der eine E-Zigarette lässig ins Lagerfeuer schnippt? Dazu passt, dass Die Welt eine Statistik aufführt: „Wo die meisten Nichtraucher leben“. An der Spitze liegt Nigeria, gefolgt von Japan. Unter den zehn Ländern nimmt Deutschland Rang neun ein, das Land der Cowboys liegt in dieser Nichtraucherstatistik zwei Plätze über uns.

Streikende Bahner

Keine Freude kommt bei Bahnreisenden auf, denn die Gewerkschaft EVG hat das Angebot der Arbeitgeber abgelehnt und so wird es zu Streiks kommen. „Neue Streiks bei der Bahn“ steht auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung. Nur wann, das ist die Frage. Man werde es rechtzeitig bekannt geben, so die EVG. Aber was ist schon rechtzeitig, wenn man demnächst eine Reise buchen möchte? Soll und kann man es wagen oder doch gleich aufs Auto umsteigen? Am Wochenende bleiben wir zumindest noch verschont, vielleicht aber geht’s schon am Montag los und wir werden rechtzeitig am Sonntagabend informiert? Doch nicht nur Streiks machen den Bahnfahrenden zu schaffen, auch das marode Schienennetz, lesen wir weiter. Die Bahn richtet mehr als 400 zusätzliche Baustellen ein, die sich, so die Bahn, „deutlich negativ auf die Pünktlichkeit“ auswirken. Auf welche Pünktlichkeit, fragen wir uns da, deutlich negativ auf unsere Reiselust per Bahn aber sicher.