Positiver Start 2023: Wie geht es weiter mit europäischen Nebenwerten?

Jens Hillers, H&P Capital Advisors
Jens Hillers / Bild: H&P Capital Advisors
Nach dem schwierigen Jahr 2022 sind europäische Nebenwerte positiv ins Jahr 2023 gestartet. Wie sieht einer der führenden Fondsmanager (Citywire Rating: AAA) das aktuelle Marktumfeld und welche Indikation gibt der M&A Markt in diesem Segment?
Mit einem positiven Jahresstart haben europäische Nebenwerte die deutliche Kurserholung von den Tiefständen im Oktober letzten Jahres fortgesetzt. Unserer Einschätzung nach ist dies im Wesentlichen nicht auf ein wieder positiveres Sentiment oder das Schließen von Short-Positionen zurückzuführen. Die Gründe dafür liegen vielmehr in einer fundamentalen Verbesserung der makroökonomischen Rahmenbedingungen. Aufgrund des milden Winters blieb die Energiekrise aus und die schneller als erwartet erfolgte Abkehr von der Zero-Covid Politik in China unterstützt insbesondere die exportorientierte deutsche Volkswirtschaft. Ein weiterer wichtiger positiver Faktor ist die rückläufige Inflation, die sich zwar nicht linear fortsetzen wird, aber u.E. sukzessive ein signifikant niedrigeres Niveau erreichen wird, wenn auch zunächst nicht die Zielmarke der EZB von +2,0 Prozent.  
 
Zusammengefasst sehen wir das Basis-Szenario in einer nur milden Rezession in Europa. Die Frühindikatoren deuten sogar darauf hin, dass nach einer Stabilisierung ein, wenn auch moderater, Wachstumspfad wieder realisisch erscheint. Eine schnelle und substanzielle Erholung der europäischen Wirtschaft, wie es nach Corona der Fall war, erwarten wir hingegen nicht. Die Bewertungen europäischer Nebenwerte stellen sich u.E. aber auch nach der Erholung von den Tiefständen im historischen Vergleich als aktuell attraktiv dar.

Stockpicking bleibt gefragt

In dem beschriebenen Makro-Kontext sehen wir unser Investment-Modell, das heisst ein konzentriertes, auf Basis makro-resilienter Selektionskriterien gebildetes Stock Picking Portfolio, als die beste Positionierung an. Damit sind insbesondere Unternehmen gemeint, die in ihren Nischen über dominante Marktpositionen verfügen, defensive Qualitäten haben und unabhängig vom Konunkturzyklus ein attraktives strukturelles Wachstumsprofil aufweisen. Konkret heisst dies, dass diese Unternehmen auch selbst in einem "stagflationären" Umfeld, also bei nur sehr moderatem Wachstum und erhöhter Inflation in der Volkswirtschaft, signifikant Wert für ihre Aktionäre schaffen können: Höhere Beschaffungspreise werden an die Kunden weitergegeben und attraktives Ergebniswachstum durch Exposure zu starken strukturellen Wachstumsfaktoren erzielt. Kernvoraussetzung für ein Investment sollte dabei immer sein, dass auf Basis einer fundamentalen Unternehmens-Analyse eine deutliche Unterbewertung identifiziert wird.
 
Dass die aktuellen Marktbewertungen attraktiv sind, zeigt auch die wieder steigende Anzahl von Übernahmen in diesem Segment. Strategische Investoren oder Private Equity-Investoren nutzen die aus der Bewertungs-Ineffizienz des Segments resultierenden Fehlbewertungen aus, sehr gut in ihren Märkten positionierte und dazu deutlich unterbewertete Unternehmen günstig zu erwerben. So kam es z.B. in unserem europäischen Nebenwerte-Fonds "Trend Kairos European Opportunities" seit Auflage im April 2019 trotz hoher Titel-Konzentration bereits zu acht Übernahmen von Portfolio-Unternehmen, zwei davon in den letzten vier Monaten:

Graphik Übernahmen seit Fondsauflage

Die hohen Übernahmeprämien von bis zu +65 Prozent veranschaulichen dabei, welches Rendite-Potenzial Investoren in diesem Segment in solchen Konstellationen realisieren können. Da die Fehlbewertungen bei europäischen Nebenwerten in Phasen erhöhter Makro-Unsicherheit, wie es immer noch der Fall ist, besonders ausgeprägt sind, rechnen wir auch im Verlauf des Jahres mit weiteren Übernahmen. Die Kombination aus sehr guter Marktposition in attraktiven Endmärkten und niedriger Bewertung einiger potenzieller Übernahmekandidaten spricht dafür. In diesem Kontext kann eine höhere M&A Aktivität also durchaus auch als Indikator für einen positiven Aktienmarktausblick auf Basis der aktuell niedrigen Bewertungen interpretiert werden.
Jens Hillers ist Geschäftsführer der H&P Capital Advisors mit Sitz in München, Co-Initiator und Anlageberater des „Trend Kairos European Opportunities“ Aktienfonds (WKN: A2DTMA, A2DTMB). Er ist CFA-Charterholder und verfügt über eine mehr als 15-jährige Investment-Expertise im europäischen Small- und Mid-Cap-Segment. Mehr als 10 Jahre lang war er erfolgreich für die Allianz-Gruppe tätig, zuletzt bei Allianz Global Investors in München. Der „Trend Kairos European Opportunities“ Aktienfonds investiert langfristig in ein konzentriertes, ausschließlich auf Basis einer eigenen fundamentalen Analyse gebildetes europäisches Stock-Picking-Portfolio. Im Vordergrund stehen dabei gut geführte, strukturell wachsende Unternehmen mit defensivem Risikoprofil.