Ulrich Kirstein /Bild: BBAG/Killius
Die Woche begann mit bangen Sorgen um die Folgen des Zusammenbruchs der SVB Bank in den USA: Ein Einzelfall oder der erste Dominostein? Die US-Finanzaufsicht will sich das näher ansehen: „Fed kündigt Untersuchung zu Banken-Kollaps an“, so die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Kurse brachen ein. Erholten sich wieder. Brachen erneut ein, weil eine Schweizer Bank zu schwächeln begann – war „Schweizer Bank“ nicht einmal so eine Art Synonym für Sicherheit, für einen Tresor? Aber, Hauptsache genug Kohle: „Banken beschaffen sich bei der Fed mehr Geld als auf Krisenhoch 2008“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung, wobei wir nicht sicher sind, ob es sprachlich richtig ist, dass man quasi auf einem Krisenhoch sitzt. Aber vielleicht eine neue gesunde Speise für gestresste Banker: Blattsalat auf Krisenhoch? Außerdem richteten sich die Blicke der Investoren einmal mehr auf die Europäische Notenbank, um wieviel Prozentpunkte die EZB die Zinsen erhöhen wird? 0,5 Prozentpunkte wurden erwartet, 0,5 Prozentpunkte sind es geworden. „Eine Entscheidung für die Bürger – und gegen die Banken“, schreibt Die Welt dazu. Der Dax reagierte in der Woche mit einer typischen Berg- und Talfahrt.

Kleiner Mann was nun (Hans Fallada)

Inspiriert von der Messe „Invest“ in Stuttgart schauen wir genauer auf die Titelblätter der Finanzmagazine und versuchen uns daraus einen Reim zu drechseln, ganz ohne KI und – keine Sorge – auch ohne Endreim. Dafür geben wir als Überschrift jeweils eine Art Lektüre-Empfehlung: Focus Money zeigt einen sehr kleinen Mann im Anzug von hinten, der steil nach oben auf einen riesigen blauen Pfeil blickt, auf dem das Prozentzeichen prangt. Ist damit der personifizierte Kleinanleger gemeint? Wir sprechen ja lieber von Privatanleger. Weil uns das Bild allein zur Analyse nicht weiterhilft, bemühen wir uns doch um den Text: „So schlagen Sie die Inflation – Höhere Zinsen – Höhere Gewinne“. Denn: „Neue Zeiten verlangen neue Strategien: Die besten Aktien, Anleihen, Fonds und Zertifikate“. Und wer da noch skeptisch bleibt, das richtige Blatt in den Händen zu halten, bekommt den Stempel obendrauf: „5% Rendite garantiert“!

Erfolg (Lion Feuchtwanger)

Börse Online erinnert an längst vergangene Zeiten, weckt nostalgische Erinnerungen bei alten Börsenhasen. Denn das Magazin zeigt auf dem Titel wild gestikulierende und schreiende Makler auf dem (unsichtbaren) Parkett. Damit wir die Panik noch deutlicher spüren in einem rötlich unterlegten Pfeil, der abwärts zeigt. Daneben sehen wir einen lachenden Best Ager, der vielleicht beglückt auf eine Kurstafel blickt, grün unterlegt und ja, der Pfeil zeigt nach oben. Der jeweilige Schriftzug gibt Auskunft: „Nach dem Kursrutsch – jetzt kaufen“! „Ihre Aktien-Chancen: Wo Sie das größte Aufholpotenzial finden. Wie Profis den Markt einschätzen“. Was uns fehlt? Die Rendite-Garantie!

Alte Meister (Thomas Bernhard)

Macht uns Der Euro als Monatsmagazin für Wirtschaft und Geld die Zeitläufte etwas angenehmer? Er kommt mit dem großen „Expertenheft“ und zeigt dementsprechend Köpfe auf dem Cover. Damit wir wissen, dass wir mit ihnen goldrichtig liegen, sind sie goldfarben hinterlegt. Damit wir wissen, dass sie seriös sind und Bescheid wissen, tragen alle Anzug und Krawatte. Bevor Sie vor Neugierde platzen, wer diese Börsengurus sind, verraten wir hier lieber die Namen: Hans-Werner Sinn, Ronald Stöferle, Robert Grindle, Thomas Rappold, Jens Ehrhard. „Die besten Börsenkenner mit den Antworten für alle Anlageentscheidungen“. Sie kennen nicht alle – nun, das Heft gibt Auskunft!

Regenroman (Karin Duwe)

Grellgelb wie die Christel von der Post gibt sich Der Aktionär. Erst auf dem zweiten Blick konnten wir einen fallenden, aufgespannten, rosa Regenschirm ausmachen, in dessen Windschatten wir lesen: „Diese Aktien hat noch keiner auf dem Schirm. Kräftig Kasse machen mit diesen 7 unentdeckten Perlen“. Warum in gebührendem Abstand hinter dem Schirm eine große rosa Kugel (jedenfalls keine Perle) rollt, in der wir „Banken-Pleiten Commerzbank & Co im Krisencheck“ lesen, überlassen wir dem Grafiker. Eine weitere Überschrift machte uns nachdenklich: "Anti-Fett-Gewinne". Wenn wir "Anti-Fett" gewinnen, legen wir dann an Leibesfülle zu oder nehmen wir ab?

Heißer Sommer (Uwe Timm)

Wenn es an der Börse heißt, dass die Kurse Richtung Süden gehen, hat dies wenig mit Sonne, weißen Stränden, blauem Meer und Entspannung zu tun, vielmehr bedeutet es allenthalben Kursverluste. Doch Die Welt gab uns einen anderen Blick auf unser südliches Sehnsuchtsland: „Alle Wege führen nach Italien“ ist ein Artikel überschrieben, der auf ein Phänomen verweist, das die Unterzeile erklärt: „Europas Schuldensorgenkind zeigt sich am Aktienmarkt als Vorreiter“. Denn der Index der italienischen Unternehmen schlägt derzeit den MSCI World locker. Der „kranke Mann Europas“ - eben noch ein reitendes Schuldensorgenkind, jetzt zum Manne gereift - habe sich nicht zuletzt durch die Reformen der vergangenen Jahre hinsichtlich Wirtschaftswachstum und eben auch an der Börse gemausert Richtung „dolce vita“! Von wegen „Bello e impossibile“!