Vor-Ahnungen eines Paul-Volcker-Szenarios

Stefan Ziermann, Verlag Fuchsbriefe
Stefan Ziermann / Bild: Verlag Fuchsbriefe
Der Chef der US-Notenbank hat nun genau die Perspektive aufgezeichnet, die Ihnen FUCHS-Kapital schon lange prognostiziert hat. Die Inflation verstetigt sich auf einem hohen Niveau. Und insbesondere der enge US-Arbeitsmarkt sorgt für wachsenden Lohndruck. Das wird die US-Notenbank veranlassen, die Leitzinsen in Richtung 6 Prozent anzuheben.
 
Am kommenden Donnerstag wird auch die Europäische Zentralbank (EZB) den Anlegern diesen reinen Wein einschenken. Die EZB wird in ihrer neuen Projektion einen „höheren Zinsgipfel“ in Aussicht stellen. Die Leitzinsen in der Eurozone dürften dann in Richtung 4 Prozent tendieren.  Zugleich wird die EZB an ihrer Hoffnung festhalten, dass die Inflation im Laufe des Jahres zurückgeht. Dafür spricht allein schon der Basiseffekt, der sich spätestens zum Jahreswechsel bemerkbar machen wird. Ein Problem für die EZB wird die anhaltend hohe Kerninflation bleiben. Die Zweitrunden-Effekte breiten sich immer tiefer in der Wirtschaft aus.

Wann ist der Zinsgpifel erreicht?

Mit der Aussicht auf weiter steigende Leit- und Marktzinsen kommt wieder mehr Unsicherheit in den Aktienmarkt. Die Frage, wie lange Unternehmen mit dem Bremsmanöver der Notenbanken gut zurechtkommen, stellt sich nun neu.
 
Eine aufkeimende Sorge der Anleger ist, dass die Fed ihr Zinsstraffungstempo nun doch gleich wieder erhöhen könnte. Powell hatte betont, dass die Höhe des nächsten Zinsschrittes noch nicht feststehe. Diese Aussage hatte zu einem kräftigen Kursverlust geführt. Ich bleibe aber bei meiner Einschätzung, dass die Fed ihr Tempo nicht erhöhen wird. Strategisch ist ihre Linie, die Wirkungen der Zinserhöhungen abzuwarten. Tritt sie kräftiger auf die Bremse, wäre das ein verheerendes Signal, dass die Inflation außer Kontrolle geraten sein könnte. Das wird die Fed nicht senden wollen.
 
Für Aktien wird das Umfeld wie prognostiziert schlechter. Zumal noch nicht absehbar ist, wann der Zinsgipfel wirklich erreicht ist und wie lange der Marsch über das Hochplateau der Zinsen andauern wird. Gespiegelt wird diese Hochzins-Aussicht bei den Edelmetallpreisen. Die Gold- und Silberpreise sind unter Druck geraten und weiter rückläufig.

Salami-Taktik der Notenbanken

Die Aktienmärkte sind für dieses Umfeld weiter sportlich bewertet. Gegen Kursgewinne spricht, dass sich bei mehr Marktteilnehmern die Erkenntnis durchsetzt, dass die Leitzinsen noch weiter steigen und länger hoch bleiben. Damit wächst strukturell das Risiko, dass die Wirtschaft von den Notenbanken kräftig ausgebremst wird. Somit schwinden auf Unternehmensseite die Wachstums- und Gewinnperspektiven, die hohe und steigende Notierungen rechtfertigen. 
 
Die Notenbanken werden in ihrer Kommunikation bei ihrer Salami-Taktik bleiben. Denn sie müssen weiter versuchen, eine weiche Landung hinzulegen. Die historisch wahrscheinlichere Alternative ist aber eine harte Landung. Nicht ausgeschlossen werden kann zudem, dass die US-Notenbank eine harte Landung sogar erzwingen muss, wie in der 80er Jahren Paul Volcker.
 
Fazit: Die Aktienmärkte sind angeschlagen. Die Luft nach oben wird dünn, der Kursdruck wächst. Ich stelle mich auf den nächsten Schub nach unten ein und mache mich dafür bereit, die bereits aufgebauten hohen Cash-Reserven dann sukzessive zu investieren.
Stefan Ziermann ist Chefredakteur im Verlag FUCHSBRIEFE. Er verantwortet den Unternehmerbrief FUCHSBRIEFE, die Börsenbriefe FUCHS-Kapitalanlagen, den Brief für Wasserstoff-Aktien FUCHS H2-Invest und die FUCHS-Devisen mit Fokus auf Währungen, Anleihen, Rohstoffe und Kryptowährungen. Darüber hinaus ist er Herausgeber des jährlich publizierten FUCHS-Geldanlagebuches „Anlagechancen“ und des FUCHS-Broker-Ratings.