Künstliche Intelligenz – ein globaler Megatrend

Theodor Niehues, Net Digital
Theodor Niehues / Bild: Net Digital
Künstliche Intelligenz (KI) ist weltweit und auch in Deutschland schwer gefragt und inzwischen ein globaler Megatrend. Gleichzeitig kristallisieren sich immer mehr Anwendungsfelder heraus, in denen gerade Computersysteme auf der Basis maschinellen Lernens in der Lage sind, rational zu handeln und eigenständig Entscheidungen zu treffen, die wiederum Menschen unterstützen können.
 
Mit der Integration erster konkreter Anwendungen im Alltag steigt offensichtlich auch die Akzeptanz. Mittlerweile unterstützen uns KI-Systeme im Alltag bei der Onlineübersetzung von Texten oder als Sprachassistenten, die auf die Namen Alexa oder Siri hören. Parallel zu dem Einzug dieser konkreten Anwendungen, die das Leben einfacher und angenehmer gestalten, steigt auch die positive Einstellung der BürgerInnen dazu. In einer aktuellen repräsentativen Umfrage des TÜV-Verbandes geben 51 Prozent der Befragten an, etwas Positives zu empfinden, wenn sie an KI denken. Das sind 5 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Auf der anderen Seite empfinden nur noch 14 Prozent etwas Negatives. Vor zwei Jahren war dieser Wert mit 28 Prozent noch doppelt so hoch.
 
Natürlich sind diese Anwendungen zusammen mit anderen „Prestigeprojekten“ wie dem autonomen Fahren so etwas wie das Aushängeschild der KI-Industrie. Doch gerade im Hintergrund passiert einiges, was sich auch am Marktwachstum zeigt. Lag laut Statista 2021 der weltweite Umsatz mit KI-Lösungen bei 383,3 Milliarden US-Dollar, sollen es 2024 bereits über 554 Milliarden US-Dollar sein. Der KI-Markt boomt also gewaltig.

Intelligente Software als Service

Künstliche Intelligenz sehen viele Unternehmen bereits als wesentlichen Faktor für nachhaltigen Geschäftserfolg. Laut einer Studie von Deloitte sehen 79 Prozent der befragten Unternehmer KI als sehr bedeutend oder erfolgskritisch an. Das verteilt sich aber nicht auf alle Branchen gleich. Die Branchen, in denen KI weltweit am stärksten zum Einsatz kommt, sind IT, Produktion, Produktentwicklung und Cybersecurity. Dahinter folgt bereits der Finanzbereich. Vergleicht man die Nutzung in Deutschland mit dem Rest der Welt, stellt man fest, dass bei uns deutlich häufiger (15 Prozent gegenüber 8 Prozent) entsprechende Projekte bei Unternehmen anzutreffen sind.
 
Standardisierte Dienstleistungen machen es Unternehmen einfach, entsprechende Lösungen einzukaufen, anstatt diese teuer und zeitintensiv selbst zu entwickeln. So hat die Deloitte-Studie ermittelt, dass deutsche Unternehmen gerne auf externe Kompetenzen zugreifen: 55 Prozent der Unternehmen kaufen KI vollständig oder überwiegend hinzu. Mit KI-Lösungen können ganz neue Geschäftsfelder für Dienstleister erschlossen und Kunden zusätzlicher Mehrwert geboten werden.

Bilderkennung im Zahlungsverkehr

Beispiel gefällig? Die net digital AG ist ein klassischer Payment-Dienstleister im Bereich Mobile- und Online-Payment für digitale Inhalte. Abgerechnet werden unter anderem Online-Tickets des ÖPNV oder Mitgliedschaften in Communities und der Kauf anderer digitaler Inhalte. Das klingt erst mal gar nicht nach KI. Doch die Konzern-Tochter irisnet entwickelte eine eigene künstliche Intelligenz. Diese kann für die Kunden der net digital AG im Communitybereich über die Online-Abrechnung von Abo-Modellen hinaus Mehrwert generieren. Stellen beispielsweise NutzerInnen einer Dating-Plattform Bilder ein, kann die KI entsprechende Inhalte in Echtzeit erkennen und zuordnen. Bei den immensen Datenmengen, die täglich hochgeladen werden, sind Schnelligkeit und ein kostengünstiges Verfahren mit einer hohen Treffersicherheit entscheidende Faktoren. Die Software kann beispielsweise das Alter und Geschlecht von Menschen verifizieren, Symbole im Hintergrund checken und ausfiltern, unerwünschte Nacktheit erkennen oder auch einzelne Objekte und Merkmale wie Bärte oder die Haarfarbe auf Bildern zuordnen und entsprechend kategorisieren. Eine aufwendige und zeitintensive „händische“ Überprüfung des Contents entfällt. Dabei ist die KI universell in der Bilderkennung einsetzbar. In einigen Wochen kann Kollege Computer die Erkennung jeder Art von Objekten entsprechend der Kundenwünsche lernen und dann große Datenmengen effizient bearbeiten. So sind Checks von mehreren Millionen Bildern in wenigen Stunden keine große Herausforderung. Das geht sogar mittlerweile in Echtzeit bei Videosequenzen oder im Livebetrieb.

Ampeln werden schlauer

Das führt dazu, dass die net digital AG ganz neue Geschäftsmodelle jenseits des Kerngeschäftes Payment adressieren kann. Gemeinsam mit dem Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen und der auf Ingenieurdienstleistungen spezialisierten BERNARD Gruppe wurde die Entwicklung einer neuartigen Lichtsignalanlage, so heißen Ampeln im Fachjargon, begonnen. Ziel ist, eine marktreife Steuerung für Fußgängerampeln zu entwickeln, die auf Basis von KI die Grünphasen selbstlernend an die Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen anpasst. Die Ampel soll in der Lage sein, in Echtzeit zu erkennen, ob beispielsweise ältere Personen, Kinder oder in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Fußgänger die Straßenseite wechseln wollen und entsprechend eine verlängerte Grünphase initiiert werden soll. Genauso soll das System auf unerwartete Ereignisse bei der Querung der Fahrbahn durch Fußgänger spontan reagieren und so Verkehrsteilnehmer schützen können. Durch flexibilisierte Schaltungen können der Verkehrsfluss verbessert, die Wartezeiten an Lichtsignalanlagen verringert und vor allem die Sicherheit von körperlich eingeschränkten Fußgängern, Älteren und Kindern im Straßenverkehr erhöht werden. Allein in Deutschland ergibt sich in Groß- und Mittelstädten ein Bedarf von mehr als 11.000 Lichtsignalanlagen, die mit einer entsprechenden Steuerung ausgestattet werden könnten. Hier kann der Einsatz von KI ohne größeren Aufwand einen vernünftigen Beitrag zum Ausbau von Smart Cities beisteuern.
Bilderkennung und intelligente Ampel sind zwei Beispiele, die veranschaulichen, wie eine neue Technologie im Hintergrund durch Automatisierung die Effizienz steigern kann, aber auch gewohnte Dinge des Alltags deutlich verbessert.
Theodor Niehhues ist CEO und Gründer der net digital AG aus Düsseldorf