Die Jagd nach Rendite

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Die Börsenwoche verlief seitwärts mit Verlusten, könnte man sagen, auch wenn’s zum Wochenende wieder leicht bergauf ging. Und nach dem Gaspreisdeckel und dem Strompreisdeckel gibt es jetzt den „Preisdeckel für russisches Öl“ (Süddeutsche Zeitung) - nur noch immer keine Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Das Event war der „Auftakt zum Megaprozess“ (Handelsblatt), der Beginn des Mammutprozesses gegen den Ex-CEO von Wirecard in München: „Strafprozess gegen frühere Wirecard-Manager beginnt“ – so nüchtern hallt das in der Börsen-Zeitung nach. Und zuletzt zum Fußball (noch ist ja WM): Nein, Schadenfreude kam nicht auf, nachdem Japan und Spanien im Achtelfinale ausgeschieden sind. Nein. Wirklich. Nicht. Außerdem, wer im Endspiel verliert, dessen Kurse fallen in den nächsten drei Monaten, so zumindest Focus Money. Das kann uns und dem Dax schon einmal nicht passieren! Und, damit tröstet uns die Frankfurter Allgemeine Zeitung, in einer allerdings nicht sehr hüftschonenden Disziplin sind wir zumindest Vizeweltmeister: Wir essen nach den Schweizern am meisten Schokolade!

Verträumter Bulle

Nicht der Originalbulle von Focus Money, aber wohl ein Artgenosse, ebenfalls etwas verträumt! /Bild: UK
Ganz ehrlich, liebes Focus Money, der Bulle, den ihr dieses Mal auf die Titelseite gestellt habt, schaut so verträumt unter seiner langen Mähne hervor (vielleicht ein schottisches Hochlandrind, aber so genau kennen wir uns da nicht aus), der überholt nie und nimmer einen Bären, geschweige denn steht er für: „Jetzt kaufen! Tipps für die Jagd nach Rendite“! Weiter wird uns „bis 50 Prozent Gewinnchance“ versprochen – bedeutet das etwa, dass nur die Hälfte der Investments einen Treffer landen? Mit goldglänzenden Bulle und Bär-Pärchen macht Börse Online auf (da kann das schottische Hochlandrind in schwarz-weiß nicht mithalten) und bietet den „großen Dax-Check“ mit „Kauf-Kursen“ und bestätigt damit immerhin die Tendenz von Focus Money. „Denn die deutschen Aktien sind die günstigsten der Welt“ heißt es weiter, das kann man allerdings so oder so sehen. „Wie wird 2023?“ fragt wahrscheinlich nicht nur EURO am Sonntag. Während wir zugeben, es nicht zu wissen, wartet die Wochenzeitschrift jedoch mit „Prognosen für Dax, Dow, NASDAQ…“ auf. Das auf Anlegerinnen spezialisierte Magazin Courage ist bereits mit der Ausgabe Januar und Februar 2023 am Kiosk und zeigt uns die irgendwie alterslose Veronika Ferres auf dem Cover. Zitat: „Vertraue deinem weiblichen Instinkt“. Da müssen wir leider passen.

Fluch im Stadion

Keiner Geisterbeschwörung aber einem ganz besonderen Fluch ging Alex Wehnert in der Börsen-Zeitung nach, dem „Stadionfluch“. Nie gehört? Es geht nicht darum, dass bestimmte Mannschaften auswärts in bestimmten Stadien stets verlieren, sondern um Unternehmen, die die Namensrechte an einem Stadion erwerben, und diese seien stets dem Untergang geweiht. Tatsächlich führt Wehnert anhand des jüngsten Beispiels, der Kryptobörse FTX, noch einige andere Firmen aus den USA auf, denn dort scheint dieser Fluch zuhause zu sein: Die Airline TWA, der Kleidungshersteller Fruit of the Loom und ganz zu schweigen von Enron. Nun denn, wir sind froh, dass die Arena in München nicht zur Wirecard-Arena mutierte oder das Olympiastadion zu Air Berlin Stadion. In Deutschland bleibt es dabei, der Stadionfluch wird immer von den Anhängern der Mannschaft ausgestoßen, die verloren hat.

Aktien Angst

Es ist ein seltsames aber immer gleiches Spiel hierzulande: Nur 18 Prozent der Deutschen, so eine im Handelsblatt veröffentlichte Umfrage der HDI Lebensversicherung, vertrauen auf die gesetzliche Rente zur Altersvorsorge, aber nur ein Viertel ordert Aktien. Was machen die anderen? Sie bauen auf Steine, nämlich ein Eigenheim. Ein weiteres knappes Viertel setzt auf eine vermietete Immobilie, ein kleineres Viertel auf eine Lebensversicherung. „Die Angst der Deutschen vor Aktien“ hat das Handelsblatt diesen Artikel passend überschrieben, nicht umsonst hat sich German Angst im englischsprachigen Raum als Begriff durchgesetzt. Da wird einerseits geklagt, dass die Reichen immer Reicher werden (weil sie Aktien halten), andererseits davor gewarnt, für die Altersvorsorge auf Aktien zu setzen.

Bellende Hunde

Eine lustige Zusammenstellung zu einem nicht ganz so lustigen Thema machten die Fuchsbriefe: Behandelt wurde im Aufmacher-Artikel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe, das laut Fuchsbriefe nicht nur das Tor, sondern gleich das „Scheunentor für Europas Politiker“ Richtung Fiskalunion aufgestoßen habe. Es gebe nun einen bequemen Ausweg für mehr Schulden, nachdem Karlsruhe zwei Anfechtungen gegen die deutsche Beteiligung am Wiederaufbauprogramm der EU nach der Pandemie abgeschmettert habe. Ach ja, jetzt zum amüsanten Teil: Überschrieben war dies mit „Ein Hund, der bellt, aber nicht beißt. Die Salamitaktiker in Karlsruhe öffnen das Tor zur Fiskalunion noch weiter“. Also, der Hund beißt in die Salami, bellt aber nicht. Da hielt es Die Welt kulinarischer: „Karlsruhe ebnet Weg für neue Schuldentöpfe“.

Senior und/ Student

„Senioren müssen draußen bleiben“ hieß es in der Abendzeitung, und das bei diesem Wetter, schließlich schneit es gerade in München. Tatsächlich ging es darum, dass die Stadtsparkasse München ihre erste Filiale nur für Studenten Anfang kommenden Jahres eröffnen will. Eine tolle Sache, für die Studenten. Einziges Problem: Die Filiale gibt es schon, wurde auch bereits mehrfach umgebaut, aber noch nie umgewidmet, das heißt, es gibt viele Kunden, die seit längerer Zeit dem Studentenstatus entwachsen sind, und trotzdem hier ihr Depot und Konto haben. Die müssen sich jetzt eine neue Filiale suchen, nicht unbedingt fußläufig um die Ecke. Deshalb unser Rat: Zum Studieren ist es nie zu spät, vielleicht hilft ein Seniorenstudium dazu, wieder in die bekannte Filiale gehen zu dürfen - und vielleicht gibts ja auch Sonderkonditionen beim Studentenkonto?