Droht stärkere Inflation?

Benjamin Melman, Edmond de Rothschild Asset Management
Benjamin Melman / Bild: Edmond de Rothschild Asset Management
Aktuell werden gern Parallelen zwischen dem aktuellen US-Experiment mit dem 1,9-Billionen-Dollar-Konjunkturprogramm und der Modern Monetary Theory (MMT) gezogen. Vor diesem Hintergrund befassen wir uns mit der Aussage der MMT und was sie genau bedeutet: Wie ein bekannter Witz besagt, ist die MMT, also die Moderne Geldtheorie, weder modern, da sie mit der traditionellen Finanzierung von Staatsdefiziten vergleichbar ist, noch monetär, denn es werden Anpassungen an die Fiskalpolitik vorgenommen. Und noch weniger ist sie eine Theorie.
 
Klar ist: MMT beginnt mit einem “Free lunch“, also einem fast risikolosen Gewinn. Die Reflation wird durch Schulden finanziert, die dank der ultraexpansiven Geldpolitik fast nichts kosten. Sie endet mit Inflation, gefolgt von Steuererhöhungen oder Kürzungen der öffentlichen Ausgaben, wenn die Reflation über das gewünschte Ziel, ein Land wieder zur Vollbeschäftigung zu bringen, hinausgegangen ist. Für den Experten versteht sich von selbst, dass Investoren das Risiko-Rendite-Profil von Anlagen in der ersten Phase attraktiv finden, in der zweiten jedoch deutlich weniger. So stellt sich die Frage: Zurzeit befindet sich der Markt in der ersten Phase. Müssen wir uns Sorgen machen, dass er schneller als erwartet in die zweite Phase kippen könnte?

Volkswirtschaften drohen zu überhitzen

Joe Bidens 1,9-Billionen-Dollar-Konjunkturprogramm hat viel dazu beigetragen, die Inflationsprämien in die Höhe zu treiben. Selbst Demokraten wie Harvard-Professor Larry Summers, ehemaliger Finanzminister unter Bill Clinton, haben vor dem Inflationsrisiko des Konjunkturprogramms gewarnt. Andere Ökonomen wie Paul Klugman dagegen vertreten diese Meinung nicht. Summers' Befürchtungen erinnern uns allerdings daran, dass das aktuelle US-Experiment ungeahnte Summen und einen sicheren Sprung ins Ungewisse beinhaltet.
 
Die Biden-Administration versucht, ihr politisches Kapital zu nutzen, um andere ehrgeizige Pläne durchzusetzen. Das Ziel soll nun bei 3 Billionen Dollar für die Infrastruktur über 10 Jahre liegen. Bidens Konjunkturpläne könnten sich über mehrere Jahre auf etwa 25 Prozent des BIP belaufen, ohne Berücksichtigung der rezessiven Wirkung höherer Steuern. Dies ist schlichtweg beispiellos.

Mögliche inflationäre Spannungen

Auf kürzere Sicht könnte die Inflation stark ansteigen. Denn die Fed verfolgt weiterhin ihre aggressive quantitative Lockerung, für den Experten rechtfertigt der aktuelle Zustand der Märkte und der Wirtschaft dies allerdings nicht mehr. Zudem sind massive und nachhaltige Konjunkturmaßnahmen in der Vorbereitung. Wenn Investoren gute Chancen dafür sehen, dass das Konjunkturprogramm vom Kongress abgesegnet wird, stehen alle Ampeln auf Grün für steigende Inflationserwartungen.
 
Fakt ist: Die Frachtraten sind stark angestiegen, Halbleiter sind knapp und die Preise für Baumaterialien haben sich erhöht. Sowohl Analysen von Einkaufsmanager-Indizes als auch die Aussagen von Unternehmensleitungen verdeutlichen die zunehmende Besorgnis über die Produktionskosten.
 
Jetzt ist aber jeder Anstieg der Inflationserwartungen eine schlechte Nachricht, da dies als Markierung der Leistungsgrenze des derzeitigen Ansatzes der Fed angesehen würde. Die Fed hat eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dass sich die Märkte im letzten Jahr erholen konnten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass es ihr gelingt, ihren extrem abwartenden Ansatz in eigenem Tempo zu beenden und nicht den Anschein zu erwecken, den Entwicklungen nachzueilen.

Wir können eine erneute Volatilitätswelle nicht ausschließen

Eine zu starke Reflation birgt das Risiko, den Markt zu überfordern. Daher hat Edmond de Rothschild Asset Management sein Engagement in Aktien und Staatsanleihen reduziert. Anleger gehen zunehmend von einem perfekten Szenario aus. Die Bewertung der Aktienmärkte ist jetzt auf einem extrem hohen Niveau, so dass jedes unerwartete Risiko zu Instabilität führen könnte. Das Umfeld ist eindeutig günstig für Risikoanlagen, aber Marktschwankungen sind jetzt durchaus vorstellbar. wir ziehen es somit vor, unsere Cash-Bestände zu erhöhen. Wir warten ab, wie Bidens extrem ehrgeiziger Infrastrukturplan in den USA eingeführt wird und welche Auswirkungen er möglicherweise auf die Inflationserwartungen hat. Unsere stark untergewichtete Position in Staatsanleihen bedeutet nicht, dass wir einen signifikanten Anstieg der Renditen langlaufender Anleihen erwarten, sondern spiegelt unser derzeitiges Management des Gesamtportfoliorisikos wider.
 
Auf Grund der Gefahr höherer Inflationserwartungen, die alle Anlageklassen treffen könnte, zieht Edmond de Rothschild Asset Management es vor, das Risiko auf Aktien und bestimmte Unterklassen von Anleihen zu konzentrieren. Wir wollen es vermeiden, in Vermögenswerten investiert zu sein, die zwar weiterhin marginale Renditen bieten, aber Risiken in hohem Maße ausgesetzt sind.
Benjamin Melman ist Global Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Manager (EdRAM)
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