Steuern sparen mit Aktienverlusten

Stephanie Schimmer, TOP Vermögen, Starnberg
Stephanie Schimmer /Bild: TOP Vermögen, Starnberg
So viel Volatilität in nur einem Jahr: Anfang Januar 2022 erreichte der DAX 16.285 Punkte. Ende September markierte der deutsche Leitindex das Jahrestief bei 11.863 Zählern. Ein Minus von 27 Prozent. Auch andere Indizes wie Dow Jones, Nasdaq und TecDAX gaben zwischenzeitlich stark nach. Die Ursachen sind unter anderem im Ukraine-Krieg und dessen Folgen, der Energiekrise, den steigenden Preisen der daraus resultierenden Inflation und der Zinswende zu finden.
Doch nachdem sich ein Abflauen der Inflation zumindest in den USA abzeichnete, ging es wieder aufwärts, sodass der Jahresverlust in etwa halbiert wurde. Viele Anleger und Anlegerinnen dürften dennoch im letzten Jahr Verluste realisiert haben, weil Sie nicht mit einer Erholung rechneten, das Kapital brauchten oder anderweitig ihr Kapitalvermögen aufbauen wollten. Auch im professionellen Kapitalmanagement ist es manchmal sinnvoll Verlust zu realisieren. Manchmal ist es besser oder notwendig, Verluste zu realisieren. Das ist immer bitter, aber glücklicherweise gibt es in Deutschland eine Möglichkeit, diese Verluste zu nutzen, um Steuern zu sparen oder bereits gezahlte Steuern sofort wieder aufs Konto zurückzubekommen.
 
Wer jedoch Wertpapiere zu einem geringeren Preis verkauft als gekauft hat, kann diese Verluste beim Finanzamt steuerlich geltend machen und sie mit künftigen Gewinnen verrechnen. Dazu müssen die Verluste aber tatsächlich realisiert worden sein. Buchverluste zählen nicht für die Verlustbescheinigung. Die Verlustverrechnung gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Unternehmen und Gewerbetreibende, die in Wertpapiere investieren.

Verrechnungstöpfe

Es gibt unterschiedliche Verrechnungstöpfe je nach Einkommensart.
  • Der Aktienverrechnungstopf: Hier können Sie Gewinne, die Sie mit dem Handel von Aktien erzielen, auch nur mit Verlusten aus Aktiengeschäften verrechnen.
  • Allgemeiner Verrechnungstopf: In diesem Topf werden die Verluste und Gewinne zusammengeführt, die Sie in allen anderen Anlageklassen wie Derivate (zum Beispiel Knock-Out-Zertifikate und Optionsscheine), ETFs und Fonds erzielt haben. Dazu gehören auch Anleihen, Zinsen und Dividenden. Nicht dazu gehören Mieteinnahmen oder andere Einnahmen.

Kapitalerträge werden mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag versteuert. Es gibt einen Freibetrag (über den Freistellungsauftag) von 1.000 Euro pro Person. Gewinne und Verluste können miteinander verrechnet werden. Es gibt jedoch einen Verlusttopf für Aktiengeschäfte und einen für sonstige Kapitalerträge (allgemeiner Verrechnungstopf).

Die Verlustverrechnung ist auch möglich, wenn Sie Depots bei verschiedenen Depotbanken oder Online Brokern haben. Dann müssen Sie jedoch eine Verlustbescheinigung beantragen. Diese geben Sie in der Anlage KAP in Ihrer Steuererklärung an. Das Finanzamt berücksichtigt dann die bescheinigten Verluste und verrechnet Sie mit etwaigen positiven Kapitalerträgen anderer Kreditinstitute, die Sie sich ebenfalls haben bescheinigen lassen. Wichtige Frist: Die Verlustbescheinigung müssen Sie bis zum 15. Dezember eines Jahres bei Ihrer Depotbank beantragen.

 

Sollten Sie die Frist verpassen, können Sie dennoch von der Verlustverrechnung profitieren. Dann allerdings nur noch, wenn Sie in der Folge bei der gleichen Depotbank künftig Gewinne erzielen. Mit den Gewinnen anderer Depots können Sie die Verluste nach der Frist nicht mehr ausgleichen.

Keine Abgeltungssteuer bei Verlusten

Grundsätzlich müssen alle Wertpapiergewinne versteuert werden. Wie für Dividenden und Zinsen fallen hierauf 25 Prozent Abgeltungsteuer an. Das regeln die Paragrafen 43 bis 45 des Einkommensteuergesetzes (EstG) zur Kapitalertragsteuer. Auf diese Kapitalerträge wird für die oberen Einkommensklassen auch der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent fällig sowie die Kirchensteuer, wenn sie Mitglied einer Religionsgemeinschaft sind.
 
Die Depotbank behält die Abgeltungsteuer automatisch ein, wenn Sie Kapitalgewinne erzielen, und reicht sie an das Finanzamt weiter. Es gibt allerdings einen Freibetrag in Höhe von 1.000 Euro (für zusammenveranlagte Ehepaare: 2.000 Euro). Diesen sogenannten Sparerpauschbetrag kann Ihre depotführende Bank im Rahmen einer Erteilung des Freistellungsauftrages berücksichtigen. Wenn Sie Verluste erzielt haben, brauchen Sie keine Abgeltungsteuer zahlen.

Verluste bleiben im Verrechnungstopf

Das Interessante: Sie brauchen dann auch auf Ihre Gewinne keine Steuer zahlen – zumindest so lange nicht, bis sie Ihre Verluste wieder übersteigen. Erst, wenn Sie wieder in Summe im Plus sind, wird eine Steuer fällig. Es werden also die Verluste von den Gewinnen abgezogen, um die Steuerschuld zu ermitteln. Die Verrechnung ist dabei zeitlich unbegrenzt. Wenn Sie als Anlegerin oder Anleger dieses Jahr ein Minus erzielt haben, können Sie es auch noch in vielen Jahren steuerlich geltend machen.
 
Der Verlust bleibt im Verrechnungstopf notiert, bis er gegen Gewinne komplett aufgerechnet ist. Dabei werden Verluste aus Kapitalanlagen nur mit Gewinnen aus Kapitalanlagen verrechnen. Eine Verrechnung beispielsweise mit Immobilien oder Kryptowährungen oder Ähnlichem ist nicht möglich.

Ein Rechenbeispiel:

Sie haben 1.000 Aktien von Unternehmen A zu 100 Euro je Aktie gekauft - Kaufwert: 100.000 Euro. Einige Monate später sind sie nur noch 80 Euro je Anteil wert. Sie verkaufen das Investment - Verkaufserlös: 80.000 Euro, Verlust 20.000 Euro, Steuerpflicht für die Veräußerung von Aktie A: 0 Euro.
 
Mehr Anlageerfolg haben Sie mit Unternehmen B. - Kaufpreis je Aktie 100 Euro, Anzahl 1.000, Kaufwert: 100.000 Euro. Sie verkaufen etwas später alle Aktien zu 150 Euro je Anteil - Verkaufserlös: 150.000 Euro, Gewinn: 50.000 Euro. Die Steuerpflicht für die Veräußerung von Aktie B ergibt sich wie folgt: (50.000 Euro – 1.000 Euro) x 25/100 = 12.250 Euro – das bedeutet: 50.000 Euro Gewinn minus 1000 Euro Freibetrag, multipliziert mit 25 Prozent. Durch das Verrechnen der Aktienverkäufe, reduziert sich die zu zahlende Steuer: Verlust von A plus Gewinn von B ergibt = minus 20.000 Euro plus 50.000 Euro, bleiben 30.000 Euro. Abzüglich des Freistellungsauftrages ergibt sich 29.000 Euro zu versteuernder Aktiengewinn. Die Abgeltungsteuer von 25 Prozent beträgt demnach 7.250 Euro.
 
Sollten Sie mit Aktie A Verluste realisiert haben, aber nur mit dem Verkauf von Anleihen Gewinne, können Sie diese nicht miteinander verrechnen, da beide Anlageklassen einem unterschiedlichen Verlusttopf angehören. Einbußen aus Anleihegeschäften können hingegen mit positiven Kapitalerträgen aus ETFs oder Fonds verrechnet werden, weil alles zum gleichen Verlusttopf gehört.
Beachten Sie, dass Sie für die richtige Verlustverrechnung noch verschiedene Kosten einbeziehen können: Kosten für Kauf und Verkauf (Transaktionsgebühren) werden vom Bruttogewinn abgezogen und erhöhen gleichermaßen den erzielten Nettoverlust, was die Steuerlast nochmals senkt. Die Depotbank macht dies in der Regel automatisch für Sie und weißt den richtigen Veräußerungsgewinn aus.
 
Die Verlustverrechnung ist auch möglich, wenn Sie Depots bei verschiedenen Depotbanken oder Online Brokern haben. Dann müssen Sie jedoch eine Verlustbescheinigung beantragen. Diese geben Sie in der Anlage KAP in Ihrer Steuererklärung an. Das Finanzamt berücksichtigt dann die bescheinigten Verluste und verrechnet Sie mit etwaigen positiven Kapitalerträgen anderer Kreditinstitute, die Sie sich ebenfalls haben bescheinigen lassen. Wichtige Frist: Die Verlustbescheinigung müssen Sie bis zum 15. Dezember eines Jahres bei Ihrer Depotbank beantragen.
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf der V-Check-Website.
Stephanie Schimmer ist Portfoliomanagerin bei TOP Vermögen in Starnberg

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

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