Dicke Chancen übergewichten

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Es war die Woche der Zinsentscheide. Im Vorfeld agierten die Anleger vorsichtig, die Kurse trabten auf der Stelle. Doch der Januar insgesamt war ein Supermonat an der Börse. Um die Ecke gedacht lobt das Handelsblatt den veritablen Zugewinn beim Dax so: „Crash für Pessimisten“. Die Notenbanken taten den Investoren den Gefallen und erhöhten die Leitzinsen wie erwartet: „Auf Kurs bleiben, bis die Arbeit getan ist“, zitiert das Handelsblatt den Fed-Chef Powell, der beim Zins 25 Basispunkte draufsattelte. „Lagarde bleibt auf Zinserhöhungskurs“ beschreibt Die Welt das Verhalten der Europäischen Zentralbank. Die Inflation im Europaraum ging im Januar zurück, auf jetzt 8,5 Prozent: „Inflation sinkt stark“ jubelt das Handelsblatt oder „Euro-Inflation überrascht positiv“ meldet die Börsen-Zeitung. Wie auch immer diese berechnet wurde, denn die Inflationsrate in Deutschland konnte nicht gemeldet werden, da gibt es „Softwareprobleme“, heißt es… Ob deshalb die Bundesnetzagentur einen neuen Fax-Dienstleister sucht? Vielleicht ordert das Statistische Bundesamt ja noch ein paar Rechenschieber?

Eine Pille voll Gold

Eine dicke Pille voller Geld präsentiert uns diese Woche Focus Money: „Die 100-Milliarden-Dollar-Medizin“. Das Übergewicht übergewichten lautet der Tenor der Titelseite: „Dicke Renditen im Kampf gegen das Übergewicht. Kurs-Chance 65 Prozent“ lesen wir weiter und gleich noch das Versprechen: „Schlank, gesund, reich“! Wer will schon dick, krank und arm sein? Also fluggs im Heft die Titelstory lesen, die verspricht, dass es erstmals Medikamente gäbe, die dabei helfen, deutlich abzunehmen. Ein Horrorszenario für die gewichtige Diätenindustrie. Weiß auf schwarz hingegen offenbart uns Börse Online „Geheimes Insiderwissen! Die Notenbanken kaufen derzeit so viel Gold wie nie zuvor! Goldminenaktien sind günstig wie nie!“ Die drei Ausrufezeichen münden in der Frage: „Soll ich jetzt Gold(aktien) kaufen?“. Nun, nachdem Börse Online so überzeugend Insiderwissen publik gemacht hat, wäre man ja Outsider, wenn man nicht zugriffe? Oder sollte uns die Überschrift des Editorials von Jens Kastner stutzig machen: „Heiße Luft in Tüten“? Es war die Woche der Zinsentscheide und prompt bietet uns EURO am Sonntag „Die besten Zinsideen“. Von Tagesgeld (mit 2,3 Prozent) bis Südafrika-Bonds (immerhin 11 Prozent) gibt uns die Titelseite einen bunten Mix an Zinsprodukten.

Genial

Die Zeitschrift Impulse überrascht uns immer wieder mit bestechenden Ideen. Das heißt, dieses Mal ging es um Ideen, die wir alle schon einmal hatten, Geistesblitze quasi, und die wir prompt wieder vergessen haben, wenn wir sie abrufen oder gar verwirklichen wollen. Denn leider elektrisieren solche Blitze unsere Synapsen besonders gerne dann, wenn wir keinen Stift oder Block zur Hand haben: beim Überholen im Auto, beim Fahrradfahren, unter der Dusche, im Bett… Impulse nennt nun „3 Techniken, mit denen Sie nie wieder eine geniale Idee vergessen“. Erstens, soll man sich die Frage stellen, ob man sich erinnern kann. Zweitens Selbstgespräche führen, denn kluge Menschen führen Selbstgespräche. Das ist inzwischen auch nicht mehr verhaltensauffällig, denn viele telefonieren beim Gehen oder Radeln laut, da fällt es gar nicht auf, wenn Sie das Telefon einfach weglassen. Als letztes soll man Gedanken visualisieren, an die man sich erinnern will, sich Zeitnehmen dafür. Wenn wir ehrlich sind (mit uns), ist es im wirklichen Leben aber doch so: Die meisten genialen Ideen sind gar nicht so genial – der Mantel des Vergessens lege sich deshalb gnädig über sie.

Unterbuttern

„Butter bei die Fische“ ist ein altes Sprichwort, das eher aus Norddeutschland stammt. Die Butter kommt ganz zuletzt auf den heißen Fisch, solange sie fehlt, ist es nur eine halbe Sache, zumindest geschmacklich. Trotzdem scheinen immer mehr Leute davon Abstand genommen zu haben, in ihre Speisen ausreichend hineinzubuttern, denn die Nachfrage ging stark zurück. Mit der Folge: „Der Butterpreis kollabiert“ wie Die Welt feststellt. Sprachlich näher am Objekt heißt es in der Süddeutschen Zeitung: „Der Butterpreis schmiert ab“. Massiv gesenkt wurden die Preise jetzt im Februar, um etwa 20 Prozent. Grund sind die wieder gesunkenen Milchpreise an die Bauern, die wegen des Ukraine-Krieges stark gestiegen waren. Denn wegen der erhöhten Preise hatten die Bauern mehr Milch erzeugt (nun ja, eher die Kühe wahrscheinlich) – ein typischer Schweinezyklus eben. Für die Verbraucher heißt es nun: „Alles in Butter!“