Ultimative Strategien oder Take a Chance on Me

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Der „DAX klettert auf Allzeithoch“ (Börsen-Zeitung) und übersprang -  schneller als von vielen erwartet – die 16.000er Marke. Und nicht nur der DAX legte zu – „Weltbörsen in Rekordlaune“ stimmte Euro am Sonntag mit ein. In Glasgow und Rom wurde der Kampf gegen den Klimawandel mit so überschau- wie erwartbarem Erfolg propagiert, immerhin: „Die Rettung der Welt geht weiter“ so die Frankfurter Allgemeine. Die Fed setzt im Gegensatz zu EZB und Bank of England Zeichen, ihre ultralockere Geldpolitik, wenn nicht zu beenden, so doch einzudämmen – „Fed startet Tapering im November“ (Börsen-Zeitung). Alles wichtig, aber besonders wichtig war, dass uns Abba nach 40 Jahren wieder mit einem neuen Album versorgte: "Abba hoch zehn" (tz München). Weshalb wir unsere Auswahl aus der Presse mit (mehr oder weniger) passenden Abba-Ohrwürmern betiteln!

Money, Money, Money

Focus Money hat eine „ultimative ETF-Strategie“ entdeckt, die „schnell und sicher zur finanziellen Freiheit“ führt, so wirbt das Finanzmagazin zumindest auf dem Titel. Börse Online setzt hingegen auf „Bitcoin + Gold“ und berichtet über „Rendite, Rally, Risiken: So überstehen Sie die Inflation“. Capital hingegen erklärt schlicht „China down“ und zeigt eine traurige Winke-Katze. „Bekommt China die Krise am Immobilienmarkt unter Kontrolle – oder infiziert das Land die Weltwirtschaft“ fragt sich die Redaktion. Mamma Mia, sind wir versucht zu unken. Unseres Wissens war es die Hündin Laika, die zuerst von den Sowjets ins All katapultiert wurde und diesen Ausflug mit dem Leben bezahlte. Die WirtschaftsWoche setzt jedoch einen Bullen in eine Rakete und titelt dazu: „Die Aktien der Börsenprofis“! ETFs, Bitcoin, Gold, Aktien, richtig, jetzt fehlen noch Rohstoffe, denen widmet sich Euro am Sonntag mit dem „Super-Boom der Rohstoffe“. Besonders schmerzlich: Kaffee stieg noch kräftiger als Erdöl – zum Frieren im Winter kommt noch dünner Kaffee dazu.

I Have a Dream

Wenn jemand für die Aktie eintritt, freut uns das naturgegeben immer besonders. Nun sind es sogar zwei „ungleiche Akteure“, die „Im Duett für die Aktie“ eintreten, so die Börsen-Zeitung. Das Deutsche Aktieninstitut und die Verbraucherzentralen setzen sich für eine Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge ein und fordern eine Reform durch die neue Bundesregierung. Der Fokus liegt dabei auf der Aktie, denn langfristig schnitten Aktien rund um den Globus viel rentabler ab als Staatsanleihen. Nun bleibt abzuwarten, was bei den Koalitionsverhandlungen letztlich zum Thema Altersvorsorge beschlossen wird – und wann und wie es umgesetzt wird.

Honey, Honey

Es gibt ja diese Modewörter, gerade auch im Wirtschaftsleben, ohne die man nicht mehr auszukommen scheint. Eines davon ist „agil“, auch wenn es mich persönlich an ein Waschmittel erinnert und ich beim abendlichen Nachhausekommen feststellen muss, dass Pubertät das Gegenteil bedeutet. Nun zitierte die Börsen-Zeitung Berater, die konstatieren, dass auch die „gewählten Benefits“ für Mitarbeiter „agiler“ werden müssen: „Leasing-Fahrrad statt Fitnesscenter“ lautet deshalb die Überschrift. Im Fitnessbüro bewegen sich die Kollegen nach Ansicht dieser Berater zu wenig, wir stellen uns vor, dass sie vielleicht beim Gewichtheben einschlafen oder auf dem Laufband dösen. Besser also, wenn sie aufs Fahrrad umsteigen und Pendler wissen das zu schätzen, denn je weiter weg sie wohnen, desto agiler sind sie schließlich, zumindest, bis sie im Büro sind.

The Winner Takes it All

Capital veröffentlichte wieder den Kunstkompass mit den Top 100 der bedeutendsten lebenden bildenden Künstler – hier führt der Deutsche Gerhard Richter souverän die Liste an. Interessant aber vor allem das Verfolgerfeld mit den „Stars von morgen“. Hier liegt an der Spitze: Yayoi Kusama aus Japan, Jahrgang 1929! Eine rüstige 92-jährige Dame führt die Stars von morgen an, Kunst altert eben nicht!

Waterloo

Zu einem seltsamen Fazit kam Börse Online auf der letzten Seite: Tierplastiken, hier vor allem jene des 1942 verstorbenen Künstlers Fritz Diller, erfreuten sich wieder hoher Wertschätzung, nachdem sie lange in Vitrinen verstaubten. Der von namhaften Porzellanmanufakturen beschäftigte Künstler bildete insbesondere heimisches Wild detailversessen naturalistisch ab. Der Grund für die wachsende Beliebtheit dieser Stücke aus der Jägerei läge in der Sehnsucht der Städter nach Natur und Idylle, der sie vor allem bei der Jagd nachhingen. Für das Wild bedeutet diese Idylle allerdings eher Waterloo und sie sehnen sich im Angesicht des Jägers eher nach „The Day Before You Came“!

I Do, I Do, I Do, I Do, I Do

Quer durch alle Rubriken sprengt die Veröffentlichung des ersten neuen Albums der legendär erfolgreichen schwedischen Rockband Abba nach 40 Jahren die Zeitungsspalten. „Geistermusik“ nennt es Zeit online. Ende 1982 hatte sich, so die Süddeutsche Zeitung, die Gruppe eine „Auszeit“ gegeben – aber wer hätte gedacht, dass sie so lange andauert und dass sie am Ende doch noch ein Ende findet? Tröstlich und letzten Endes bleibt uns zu sagen: „Thank you for the Music“!