Gute Vorsätze

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Neue Allzeit-Hochs erfreuten diese Woche Anlegerinnen und Anleger, doch dann das: „Dax strauchelt nach Rekordspurt“ textete die Börsen-Zeitung, vielleicht schon in Voraussicht auf die Olympischen Spiele, die nächste Woche in Japan beginnen. Ein weiteres Thema für Schlagzeilen: Die Nachhaltigkeitsregeln der EU. „Brüssel verlangt Abschied vom Verbrenner bis 2035“, so die Börsen-Zeitung oder „Klimaschutz der EU wird den Verbraucher viel Geld kosten“ in Die Welt und „Verbrenner vor dem Aus“ im Handelsblatt, das dann mit „EU wagt die grüne Revolution“ nachlegt. Frank-B. Werner erinnerte das im Vorwort von Börse Online an „The Road to Hell Is Paved with Good Intentions“ von der Rockband "In Fear and Faith" aus dem Jahr 2009, auf Deutsch: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“. Die EU-Kommissionäre dachten wohl eher an „Mein Freund der Baum“ von Alexandra aus dem Jahr 1968! Nachdem Alexandra im Juli vor 52 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam, kommen uns leider ihre Lieder nicht mehr aus dem Sinn...

Weltklasse

In unseren obligatorischen Fachmagazinen wird einmal mehr die Königsklasse der Kapitalanlage hervorgehoben: Aktien. Bei Börse Online handelt es sich um „Geniale Aktien“, bei Focus Money um „44 Aktien der Zukunft“! „Sechs Weltklasse-Titel für Ihr Depot“ kündigt Börse Online an und hat dabei vor allem auf die Innovationskraft geblickt. Focus Money dachte sich ebenfalls innovative Themen aus, die von Cybersecurity, New Food, Blockchain, Raumfahrt, Wasserstoff bis hin zu KI reichen, um nur einige zu nennen. Capital erinnert daran, dass der deutsche Leitindex vor seiner „größten Veränderung seit seiner Gründung steht“ und titelt schlicht: „Der neue Dax“. Allerdings braucht es gar keine Special Interest Medien für die Aktienkultur, machte doch die Abendzeitung mit „Aktien: Schritt für Schritt zum Erfolg“ auf. Eine „Anleitung (nicht nur) für Börsen-Einsteiger“. Okay, dazu könnten wir als Börse den Song „Hereinspaziert“ von Alexandra summen. Spazieren passt, denn Capital illustriert den neuen Dax mit dem berühmten Cover des Zebrastreifens der Abbey Road und darauf spazieren nicht vier, sondern acht Beatles, begleitet mit der rhetorischen Frage, ob doppelt so viele Beatles auch doppelt so gute Musik gemacht hätten.

Weltraumtourismus

Es ist nicht mehr die Länge der Yacht, die bei Multimilliardären zum Statussymbol zählt und den Neid der Normalverdiener auslöst. Man muss sich auch nicht mehr mit Hilfe von Sherpas und modernstem Equipment einen 8.000er hinaufquälen, um das wahre Abenteuer zu erleben. Jetzt geht es vielmehr darum, wer weiter, höher und länger im Weltall weilt. „Startschuss für kommerziellen Weltraumtourismus“ titelte Die Welt mit Bezug auf den Erstflug von Richard Branson. Schauen wir Normalverdiener also in den Mond? Wir könnten wenigstens vom Trend profitieren, tröstet uns Die Welt und nennt Aktien und Fonds, mit denen wir auf den „Raumfahrt-Boom“ setzen können. Was meint Alexandra dazu? „Der Traum vom Fliegen“ stammt bereits aus dem Jahr 1968, dem Jahr, an dem mit Apollo 7 die ersten Menschen ins Weltall flogen, um bereits ein Jahr später auf dem Mond zu landen.

Werbung

Kommen wir ein letztes Mal auf die Fußball-EM zurück. Gratulation an Italien und ja, Elfmeterschießen hat auch mit Glück zu tun. Aber haben Sie sich auch gewundert über einige der Botschaften, die an den Banden prangten – und von denen man noch nie zuvor gehört hatte? Nun, Tiktok sagt uns selbstverständlich etwas, auch wenn wir uns eher zur Generation Tiktak zählen. Bei „Hisense“ hatten wir kurz an „Hiddensee“ und Urlaub gedacht, aber schnell wieder verworfen. Inzwischen haben wir gelernt, dass das Unternehmen Fernseher und Haushaltsgeräte herstellt, die es hier gar nicht gibt. Auch die Ant Group, die nicht an die Börse durfte, oder Vivo, in meinen Kindertagen ein nahegelegener Lebensmittelmarkt, jetzt aber ein Smartphonehersteller und wie alle genannten vier Marken aus China, waren kaum zu übersehen. Doch mit dieser Werbung waren gar nicht wir Europäer adressiert, sondern der chinesische Heimatmarkt, dessen Bewohner deswegen stolz auf ihre international werbenden Marken sein sollen. Das haben aber nicht wir herausgefunden, denn das Nennen von Quellen ist derzeit besonders wichtig, sondern Norbert Hellmann in seinem Kommentar in der Börsen-Zeitung: „Werbung macht den Meister“. Wir danken für die nachträgliche Aufklärung und der passende Alexandra-Titel lautet zweifelsfrei „Illusionen“.

Weil…

…uns keine weitere Überschrift mit „W“ eingefallen ist, kommen wir zum Schluss. Zuvor stolperten wir jedoch noch über eine Headline aus der Börsen-Zeitung „Netflix heuert Manager für Videospiele an“. Ein Traumjob, bei dem wir eher an unseren Sohn gedacht hätten. Aber es geht um eine neue Sparte mit Videospielen, in die der Streaming-Dienstleister vorrücken möchte, wie wir dem Text entnehmen konnten. Was mein Alexandra dazu? „Aus!“