Börsenfallen, in die nicht nur Einsteiger geraten

Norbert Betz, Psychofallen an der Börse (8)
Bild: BBAG/KursPlus
Mit Psychofallen an der Börse (Börsenfallen) ist das so eine Sache. Aus Fehlern lernt man, heißt es so schön. Wesentlich besser und im Falle der Geldanlage auch bedeutend günstiger ist es, aus den Fehlern anderer zu lernen. Im konkreten Fall lernen Sie aus den Fehlern eines leidenschaftlichen Börsianers, der seit mehr als dreißig Jahren an der Börse handelt und seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Aber eines möchte ich in der achten Folge unseres Exkurses zur Börsenpsychologie klarstellen: Die Börse lebt von den Fehlern der Anleger – anders kann sie gar nicht funktionieren. Die Gewinne des einen sind die Verluste des anderen. Insofern ist niemand dagegen gefeit, welche zu machen, man sollte sie sich nur möglichst früh eingestehen, ich denke, das ist aus meinen bisherigen Ausführungen deutlich geworden.

Vermögensaufbau gelingt nur mit Wertpapieren

Der größte Fehler wäre allerdings, wenn uns die Sorge vor möglichen Fehlern davon abhielte, überhaupt an der Börse zu handeln. Tatsächlich ist es aber so, dass die einen der Börse frustriert den Rücken kehren, weil sie Verluste verbuchen mussten, und die andern trauen sich erst gar nicht an die Börse, weil sie Verluste befürchten. In den letzten Jahren ist zwar etwas Bewegung in die Börsenlandschaft gekommen, neue, günstige Online- und Neobroker sorgten dafür, dass gerade auch jüngere Menschen ihren Weg an die Börse fanden, insgesamt ist Deutschland aber immer noch kein Land der Aktionäre. Aus Furcht, nicht an die Börse zu gehen, ist ein wenig so, als würde uns die Endlichkeit unseres Lebens, vom Leben und Erleben abhalten. Langfristig Vermögen aufbauen gelingt nur mit Wertpapieren – Aktien, Fonds, ETFs. Führen Sie sich gerne einmal auf der Webseite des Deutschen Aktieninstituts das Dax- oder MSCI-World- Rendite-Dreieck zu Gemüte, dann erkennen Sie, dass im Laufe der Jahre bis auf ganz wenige Ausnahmen immer eine positive Rendite erzielt werden konnte.

Langweiler oder Kursraketen

Die Schere zwischen arm und reich spreizt sich auch deshalb immer mehr, weil „Reiche“ ihr Vermögen intelligenter anlegen – in sogenannten Risikopapieren. Wenn Sie langfristig denken und die schlimmsten Fehler meiden oder zumindest kennen, bleibt der Erfolg nicht aus. Das ist auch eine einfache, volkswirtschaftliche Regel: Langfristig muss sich das höhere Risiko, das Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren haben, auch auf der Renditeseite auszahlen – sonst läuft etwas grundsätzlich falsch in einer Volkswirtschaft. Vielleicht zünden nicht die höchsten Kursraketen, aber dafür entwickelt sich die Mehrzahl der „Langweiler“ kontinuierlich bergauf.

Die häufigsten Fehler

Die Börsenfallen, die ich Ihnen nun vorstelle, sind alle einfach, nachvollziehbar und trotzdem tappen auch so manche Profis regelmäßig hinein. Es sind selbstverständlich auch nicht alle möglichen Fehler, die an der Börse gemacht werden können, aber die meiner Erfahrung nach häufigsten. Ich konzentriere mich - in den nächsten Wochen können Sie es nachlesen - auf die "Fallen" Heimatliebe, Branchenfokus, Nachkaufen, Chancenfixierung, die Macht der Charttechnik und Spekulieren ohne System.
Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung an der Börse München, setzt sich seit Jahren mit den Psychofallen an der Börse auseinander: als leidenschaftlicher Trader wie als distanzierter Marktbeobachter, als Referent (online und offline) und Autor.
Gemeinsam mit Ulrich Kirstein hat er Börsenpsychologie simplified, 2. Auflage 2015, erschienen im FinanzBuchVerlag, geschrieben. Für die Börse München außderdem das Booklet Psychofallen an der Börse. Wie wir sie erkennen und vermeiden. (2. Auflage 2021)