Fed klopft leise an die Exit-Tür

Dr. Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz
Dr. Johannes Mayr/ Bild: Eyb & Wallwitz
Die Fed hat auf ihrer Juli-Sitzung noch keinen konkreten Zeitpunkt zur Reduzierung ihrer QE-Käufe genannt und schiebt die Tapering-Frage damit weiter vor sich her. Und das, obwohl die Inflationsrate mit über 5 Prozent deutlich über dem Ziel liegt, die Konjunktur auch im zweiten Quartal stark gewachsen ist und die nach wie vor niedrigen US-Renditen ein äußerst günstiges Umfeld für den Beginn des Exits bieten. Für Investoren kommt der Rückenwird durch die Geldpolitik zu rechten Zeit. Das zeigen auch die Ergebnisse der Berichtssaison.
Die Fed hat auf ihrer Sitzung vor allem die Entwicklung am Arbeitsmarkt in den Fokus gestellt. Eine „substanzielle“ Erholung wird weiter als Voraussetzung für eine Reduktion der monatlichen QE-Käufe gesetzt. Diese sieht die Fed – trotz Fortschritten – aber noch nicht erreicht. Die aktuell hohen Inflationsraten (Juni: 5,4 Prozent) werden nach wie vor als temporäres Phänomen gesehen. Die Fed dürfte erst im vierten Quartal den Ausstieg aus dem QE-Programm verkünden. Denn Fed-Chef Powell hat betont zuvor weitere „Warnsignale“ geben zu wollen und hat die September-Sitzung für die Ankündigung implizit ausgeschlossen. Am Finanzmarkt wurden die Verlautbarungen positiv aufgenommen. Die längerfristigen US-Renditen sind sogar weiter gesunken, obwohl die Inflationserwartungen etwas gestiegen sind. Es dominiert weiter die Interpretation, dass die Fed trotz ihres zögerlichen Vorgehens in der Tapering-Frage nicht „hinter die Kurve“ fallen und keine unkontrollierte Überhitzung von Konjunktur und Inflation zulassen wird. Das sehen wir auch so. Eine erste Zinsanhebung ab 2023 bleibt damit unser Basisszenario.

Rückenwind für den Finanzmarkt

Für Investoren sind das gute Nachrichten. Denn die Konjunkturerholung setzt sich zwar fort. Der Gipfel ist in den USA aber wohl bereits überschritten und die Bedeutung des Rückenwinds durch die Geldpolitik für den Finanzmarkt steigt. Die Q2-Berichtssaison unterstreicht dies. Viele Unternehmen weisen hohe Umsatz- und Gewinnsteigerungen aus, die Ausblicke für das zweite Halbjahr sind aber vorsichtiger. Auch die Euphorie zu den Fiskalprogrammen der Biden-Regierung ebbt etwas ab. Denn der Kongress wird den Infrastrukturplan wohl in einer deutlich abgespeckten Version verabschieden. Am Aktienmarkt verspricht diese Gemengelage in der Tendenz anhaltende Unterstützung für wachstumsstarke und zinssensitive Sektoren. Diese profitieren besonders von der sehr vorsichtigen Gangart der Fed. Unternehmen aus dem Konsumsektor dürften zunächst noch von einer anziehenden Nachfrage im Zuge der Wiedereröffnung profitieren.

Das Korrekturrisiko bei Immobilien steigt

Weniger überzeugt uns der Blick der Fed auf den US-Immobilienmarkt. Laut Powell hat eine Reduktion der Käufe von Hypothekenanleihen (MBS) im Rahmen des Tapering keine Priorität. Diese seien wie US-Staatsanleihen zu behandeln. Aktuell kauft die Fed monatlich 80 Mrd. US-Dollar an Staatsanleihen und 40 Mrd. US-Dollar an MBS-Papieren. Gleichzeitig steigen die Immobilienpreise weiter stark an, liegen bereits deutlich über dem Vorkrisenniveau und entfernen sich, wie vor der Großen Finanzkrise, zunehmend von der Entwicklung der Verbraucherpreise sowie der Einkommen und des BIP. Das Korrekturrisiko steigt, auch wenn die Kreditaufnahme wenig auffällig ist. Fed, Haushalte und Investoren sollten gewarnt sein.
Dr. Johannes Mayr ist Chefvolkswirt von Eyb & Wallwitz