Carsten Mumm / Bild: Privatbank Donner & Reuschel
Anfang Juli präsentierte die EZB ihre adjustierte geldpolitische Strategie. Kernelement dieser ist eine neues Inflationsziel von genau zwei Prozent – anstatt wie bisher nahe aber unter zwei Prozent. Der Zusatz „symmetrisch“ bedeutet, dass Abweichungen nach unten genauso stringent begegnet wird, wie Abweichungen nach oben.
Auf den ersten Blick ist hier ein deutlicher Unterschied zum ebenfalls kürzlich angepassten Inflationsziel der US-Notenbank Fed mit durchschnittlich zwei Prozent. In den USA müsste nach einer längeren Phase der Zielunterschreitung eine längere Phase mit Inflationsraten von mehr als zwei Prozent folgen, um das Ziel im Durchschnitt zu erreichen. Auch schreibt die EZB, dass aufgrund der Gefahr des Erreichens der Zinsuntergrenze im Fall zu niedriger Inflation längere Phasen einer Zielüberschreitung zugelassen werden. De facto ähneln sich damit beide Strategien sehr.
Das Ziel ist noch nicht erreicht
Ende Juli verwies die EZB dann noch einmal auf einen nachhaltig und
längerfristig in ihren wirtschaftlichen Projektionen erkennbaren
Inflationspfad in Höhe von zwei Prozent, der erreicht werden muss, um
die aktuell ultra-expansive Geldpolitik einzuschränken. Das ist zurzeit
noch nicht der Fall. Im Gegenteil, denn trotz zuletzt vermeldeter Raten
von 2,2 Prozent für die Eurozone und sogar 3,8 Prozent für Deutschland
geht die Notenbank weiterhin nur von temporär erhöhten
Preissteigerungsraten aus. Anleger können sich damit weiterhin auf eine
noch längere Zeit niedrigster Verzinsungen bei Staats- und wohl auch
Unternehmensanleihen einstellen, allerdings mindestens bis zum
Jahresende gepaart mit deutlich höheren Inflationsraten. Die Chance auf
den Erhalt der Kaufkraft des angelegten Kapitals besteht also vorerst
weiterhin nur, wenn andere Anlageklassen ausreichend berücksichtigt
werden. Das untermauert strukturell die Nachfrage nach Aktien,
Edelmetallen, Immobilien und Krypto-Assets.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt der Privatbank
DONNER & REUSCHEL.
Er ist verantwortlich für die Erstellung der Konjunktur- und
Kapitalmarktprognosen sowie der kapitalmarktrelevanten Publikationen.
Zuvor verantwortete er die Vermögensverwaltung für private und
institutionelle Kunden, das Management von Spezial- und Publikumsfonds
sowie die hauseigenen Research-Tätigkeiten. Der gelernte Bankkaufmann
und studierte Diplom-Volkswirt ist seit 1998 im Bereich Kapitalanlage
beschäftigt. 2006 qualifizierte er sich zum Chartered Financial
Analyst.