Zinssenkung bei der Fed - alles beim Alten bei der EZB - Stimmen
Alexandra Wilson-Elizondo: FED-Geldpolitik auf Autopilot
Powell hat in zwölf verschiedenen Reden im Jahr 2025 seine Datenabhängigkeit betont. Doch was soll die Fed tun, wenn während eines anhaltenden, sich kaum abschwächenden Regierungsstillstands die Datenlage versiegt und wichtige Veröffentlichungen verzögert oder verzerrt werden? Die Geldpolitik dürfte dann weitgehend auf Autopilot laufen und dem in der Dot-Plot-Projektion vorgezeichneten Kurs folgen, bis neue, verlässliche Daten ein anderes Bild zeichnen.
Eine einzelne schwache Inflationsveröffentlichung, verankerte Inflationserwartungen und anekdotische Hinweise auf eine abkühlende Arbeitsnachfrage sprechen für eine vorsichtige Lockerungstendenz. Sollten die Rahmenbedingungen stabil bleiben, erscheint eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte bei der Sitzung im Dezember wahrscheinlich. Das Ende der quantitativen Straffung betrifft vor allem die Zusammensetzung der Reserven und die Mechanismen des Geldmarkts – über den künftigen Zinskurs sagt es dagegen wenig aus. Der Zielkorridor für die Fed Funds bleibt das wichtigste Instrument, um die finanziellen Rahmenbedingungen zu steuern.
Alexandra Wilson-Elizondo, Global Co-CIO of Multi-Asset Solutions bei Goldman Sachs Asset Management
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Florian Heider: EZB - Kein Handlungsbedarf
Vor einem insgesamt relativ ausgewogenen Risikoumfeld hat die EZB heute die dritte Zinspause in Folge beschlossen. Zwar bleiben die durch die US-Zölle ausgelösten Handelsspannungen ein Risikofaktor, doch stehen ihnen ambitionierte Fiskalpläne in Deutschland und eine träge, aber stabile europäische Wirtschaft gegenüber. Unter diesen Bedingungen erscheint kein geldpolitischer Eingriff erforderlich. Der Einlagenzins von zwei Prozent wirkt derzeit neutral und erzeugt keinen zusätzlichen Inflationsdruck.
Eine erneute Zinssenkung im Dezember ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Angesichts einer zunehmend weniger regelbasierten, sondern unberechenbaren Wirtschaftsordnung kann jedoch ein makroökonomischer Schock eine Neubewertung der geldpolitischen Lage notwendig machen.
Parallel zur geldpolitischen Pause setzt die EZB ein Signal zur Modernisierung des Zahlungsverkehrs: Die Einleitung der nächsten Phase des digitalen Euro mit angestrebter Einführung 2029 unterstreicht die strategische Ausrichtung auf technologische Innovation und europäische Zahlungssouveränität für den Einzelhandel und Verbraucher.
Prof. Dr. Florian Heider, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE