Darius Moukhtarzade, 21Shares

Krypto unter Druck: Wie steht es um den Bitcoin?

Welche Entwicklungen prägen den Krypto-Markt und haben langfristige Relevanz? Worauf sollten Krypto-Enthusiasten, -Anleger und -Besitzer aktuell achten? Das erläutern wir in unserem kompakten, wöchentlich erscheinenden Überblick. Dieses Mal mit Schwerpunkt Bitcoin.

Darius Moukhtarzade, 21Shares

Bitcoin hat in den vergangenen 30 Tagen rund 14,9 Prozent an Wert verloren und ist klar unter die Marke von 100.000 US-Dollar gefallen. Damit befindet sich der Krypto-Markt eindeutig in einem Bärenszenario und viele stellen sich vor allem die Frage, wie lang und schwer dieses ausfallen wird. Dafür hilft vielleicht ein Blick auf das typische Verhalten von Bitcoin in solchen Szenarien in der Vergangenheit: So waren große Kursrutsche bis jetzt entweder sehr hartnäckig – also unter Umständen bis zu 2,5 Jahre lang – oder überraschend kurzlebig. Angesichts des Ausmaßes der aktuellen Liquidationen und weiterhin intakter Fundamentaldaten spricht einiges dafür, dass aktuell eher eine zyklische Neubewertung als eine strukturelle Trendwende stattfindet. Was die Gründe dafür sind, erläutern wir in diesem Artikel. 

Eine Korrektur zieht Kreise

Der Prognosemarkt Polymarket preist mittlerweile eine Chance von über 30 Prozent ein, dass der Bitcoin bis Jahresende die Marke von 85.000 Dollar berührt – ein Wert, der vor wenigen Wochen kaum denkbar erschien. Doch der aktuelle Rückgang betrifft nicht nur Bitcoin, sondern hat Krypto allgemein erfasst. Die globale Krypto-Marktkapitalisierung verlor seit letzter Woche rund 200 Milliarden US-Dollar, Altcoins gaben im Wochenvergleich meist zwischen 10–15 Prozent nach und liegen damit über 50 Prozent unter ihren Allzeithochs. Mehrere Faktoren sind dafür ursächlich:

  1. Liquidationen in einem dünnen Markt
    Der Markt verfügte zuletzt über ungewöhnlich geringe Spot-Liquidität – also wenig tatsächliches Kauf- und Verkaufsvolumen, das sofort verfügbar ist. In einem solchen Umfeld kann schon vergleichsweise geringer Verkaufsdruck den Preis deutlich bewegen. Genau in dieser Phase setzte eine Deleveraging-Welle ein: Viele gehebelte Positionen mussten gleichzeitig aufgelöst werden, was automatische Verkäufe auslöste und den Abwärtsdruck weiter verstärkte.
  2. Verkäufe großer Bitcoin-Besitzer und ETF-Abflüsse
    Langfristige Investoren reduzierten ihre Bestände im Monatsverlauf um rund 42.000 BTC, Bitcoin-ETFs verzeichneten drei Wochen in Folge Netto-Abflüsse. Allein am letzten Donnerstag wurden 866 Millionen Dollar abgezogen – der zweithöchste Tageswert seit Auflage der ETFs in den USA.
  3. Ein „Liquiditätsloch“ in den USA
    Aufgrund des großen Stellenwerts der USA für die Weltwirtschaft und Krypto haben sich auch die Entwicklungen dort spürbar ausgewirkt: So entzogen der längere government shutdown und das Ausbleiben staatlicher Ausgaben dem Markt schätzungsweise 150 Milliarden Dollar an Liquidität. Da Krypto zu den liquiditätssensibelsten Anlageklassen zählt, kam der Schlag dort besonders stark an.
  4. Stimmungsumschwung im Tech-Sektor
    Die aktuell geführte und wachsende Debatte über eine mögliche Überbewertung von KI-Unternehmen führte zu Kapitalabflüssen aus dem gesamten Tech-Komplex. Bitcoin ist in den letzten Wochen mit Tech-Aktien auf eine Korrelation von über 80 Prozent gestiegen – entsprechend tief wurde davon auch Krypto getroffen.
  5. Neue Unsicherheit bei US-Zinserwartungen
    Jüngste Kommentare der Fed – konkret gaben diese Hinweise, dass die nächsten Zinssenkungen möglicherweise verschoben werden, weil die Inflation noch nicht ausreichend unter Kontrolle ist – haben die erwartete Wahrscheinlichkeit einer Lockerung im Dezember von 95 auf 46 Prozent halbiert. Das führt zu einem spürbar niedrigerem Risikoappetit, denn teurere Liquidität macht sichere Anlagen attraktiver und trifft spekulativere Sektoren wie Krypto besonders hart. 

Lichtblicke trotz schwieriger Bedingungen

Trotz der scharfen Korrektur gibt es mehrere Entwicklungen, die auf eine gewisse Bodenbildung hindeuten. Der Verkaufsdruck, der maßgeblich für die jüngsten Bewegungen verantwortlich war, scheint inzwischen nachzulassen. Vieles deutet darauf hin, dass ein Teil des Angebots nun in die Hände langfristig orientierter Investoren wandert – ein Muster, das in früheren Zyklen zuverlässig die Endphase einer Abverkaufsperiode markiert hat.

Auch die makroökonomische Liquiditätssituation dürfte sich mittelfristig wieder entspannen. Mit dem Ende des government shutdown kann staatliche Ausgabentätigkeit wieder anlaufen, und mehrere Signale sprechen dafür, dass das Quantitative Tightening seinem Ende entgegengeht. Da die globale Geldmenge wächst, entsteht ein Umfeld, in dem Bitcoin historisch häufig mit Verzögerung wieder an Dynamik gewonnen hat.

Parallel dazu spielt der regulatorische Rahmen eine zunehmend positivere Rolle. Weltweit warten mehr als 100 Krypto-ETF-Anträge auf Entscheidung, und in den USA könnte der Clarity Act ab 2026 für lang ersehnte Rechtssicherheit sorgen. Für einen Sektor, der stark von institutioneller Beteiligung lebt, wäre dies ein struktureller Rückenwind.

Makrotrend-getrieben bleibt zudem der sogenannte „Debasement Trade“. Themen wie Staatsverschuldung, Handelskonflikte und Währungsverwässerung haben in diesem Jahr enorme Kapitalzuflüsse in knappe Güter ausgelöst. Gold legte um rund 50 Prozent zu und verzeichnete historische Zuflüsse – Bitcoin nimmt zunehmend dieselbe Rolle im digitalen Raum ein.

Der Vergleich von heute mit dem großen Krypto-Winter

Obwohl es keinen fundamentalen Krisenmoment gibt, ist die Stimmung im Markt auf ein Niveau abgesackt, wie wir es zuletzt im Krypto-Winter des Jahres 2022 gesehen haben. Gleichzeitig ist die strukturelle Basis heute eine völlig andere: Der Markt ist heute institutionell verankert – Regierungen, Unternehmen und ETFs halten zusammen etwa 16 Prozent der verfügbaren Bitcoin-Menge. Damit befindet sich der Bitcoin in einer völlig anderen Situation als während des Krypto-Winters. Das allein wird für Stabilität sorgen, selbst wenn aktuell Nervosität die Stimmung am Krypto-Markt beherrscht. 

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in den aktuellen Research Insights von 21shares.

Darius Moukhtarzadeh

Darius Moukhtarzadeh ist bei 21Shares Teil des globalen Research-Teams. In dieser Rolle analysiert er die neuesten Entwicklungen und Projekte im Kryptomarkt mit einem besonderen Fokus auf Bitcoin, Smart Contract Plattformen wie Ethereum und Solana und Web3 Applikationen. Er absolvierte sein Masterstudium an der Universität St.Gallen (HSG) und der UC Berkeley in Business Innovation. Er ist seit 2016 im Blockchain-Sektor tätig als Investor, Gründer, Autor und Berater. Vor 21Shares arbeitete er bei der Sygnum Bank, der ersten Krypto-Bank der Welt, Ernst & Young Blockchain und bei mehreren Startups im Schweizer Crypto Valley. 

Disclaimer

Die zur Verfügung gestellten Informationen stellen keinen Prospekt oder sonstiges Angebotsmaterial dar und enthalten weder ein Angebot zum Verkauf, noch eine Aufforderung zum Kauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten in irgendeiner Jurisdiktion, einschließlich den USA. Einige der hier veröffentlichten Informationen können zukunftsgerichtete Aussagen enthalten und die Leser werden darauf hingewiesen, dass solche zukunftsgerichteten Aussagen keine Garantie für zukünftige Leistungen sind, Risiken und Unsicherheiten beinhalten und die tatsächlichen Ergebnisse davon abweichen können. Darüber hinaus gibt es keine Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität oder Verfügbarkeit der bereitgestellten Informationen, und 21shares und die verbundenen Unternehmen sind nicht für etwaige Fehler oder Auslassungen verantwortlich. Die hierin enthaltenen Informationen dürfen nicht als wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche oder sonstige Beratung angesehen werden, und die Betrachter werden davor gewarnt, Investitions- oder sonstige Entscheidungen auf der Grundlage des hierin enthaltenen Inhalts zu treffen. Weitere Produktinformationen, Haftungsausschlüsse und Nutzungsbedingungen sind auf der Website von 21shares zu finden.