Überschäumender Optimismus

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Die Schlagzeilen der vergangenen Woche beherrschte das Wahlergebnis in den USA. Gewonnen hat die Wahl der Demokrat Joe Biden, so wenigstens Tenor der Mehrheit. Donald Trump jedoch weigert sich, das zu akzeptieren – man kann ihm nicht unterstellen, dass er es nicht spannend macht! Die Börsenkurse wurden vom Wahlausgang, aber vor allem durch die Ankündigung eines möglichen Serums gegen Corona getrieben. Wir freuen uns, dass es auch einmal gute Nachrichten gibt. Und was verbarg sich sonst noch im Blätterwald der Finanzmagazine?

Sturmerprobt

Focus Money machte auf mit einem Titel, den meine shoppingfreudige Familie missverstehen könnte: „Wer jetzt kauft, macht alles richtig“! Es ist doch noch nicht Weihnachten! „Die Jahresendrally wird kommen“, verspricht uns das Blatt und wir glauben es gerne. Im Magazin werden dann beispielsweise „Corona-Gewinner“, oder „Impfstoffaktien“ näher vorgestellt. Börse Online knöpfte sich „Die besten Nebenwerte“ vor, die auf dem Eigenkapitalforum vorgestellt werden. Uns gefiel besonders die Einschätzung unseres m:access-Wertes Baader Bank: „Ein sturmerprobter Vollblut-Börsianer“! Euro am Sonntag hingegen wirbt mit „10 Aktien mit Impfstoff-Turbo“ und benennt die „Top-Profiteure der neuen Euphorie an den Börsen“.

Prost

Unter der hübschen Überschrift „Überschäumender Optimismus“ befasste sich die Börsen-Zeitung mit Bierkonzernen. Eigentlich dachten wir, dass diese Trübsal blasen statt Schaum spritzen angesichts geschlossener Gaststätten und Bars. Aber die Aktien sind trotzdem in die Höhe geschossen, allerdings erst nach der Ankündigung eines Impfstoffes. Analysten outen sich als Biertrinker und rechnen mit einer Erholung des Bierabsatzes. Der neueste Hit komme aus den USA: Hard Seltzer, alkoholisch angereichertes, kohlensäurehaltiges Wasser, gerne mit Fruchtgeschmack. Nennt man das nicht Berliner Weiße?

Weihnachts- oder Sensenmann

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung brachte einen längeren Artikel über den jungen britischen Schatzkanzler Rishi Sunak unter der Überschrift „Weihnachtsmann mit leerem Sack“. Der Brite mit indischen Wurzeln zählt derzeit zu den beliebtesten Tories auf der Insel lesen wir da, weil er, entgegen der Überschrift, bisher ein 210 Millionen Pfund schweres Hilfspaket geschnürt hart – wahrlich eine schwere Last. Unter anderem hat er Rabattgutscheine für die stark gebeutelte Gastronomiebranche ausgegeben und selbst in einem Restaurant lächelnd bedient und am Ende die Rechnung mit Rabatt übernommen – schließlich bekennt er sich auch zu seinem Reichtum, den er als Investmentbanker erworben hat. Aufgrund der horrenden Schulden des britischen Staates müsse er aber irgendwann die Ausgaben kürzen und würde dann vom „Weihnachtsmann zum Sensenmann“ zitiert die Zeitung einen Tory-Abgeordneten. Womit wir endlich auch die Überschrift verstanden haben.

Verschoben

Wie viele Deadlines für die Brexit-Verhandlungen gab es eigentlich schon, hat das einmal jemand nachgezählt? Jetzt also wurde konstatiert, dass die Gespräche wohl die „Frist von Mitte November“ reißen werden, wie das Handelsblatt offenbarte. Der Online-Artikel datiert pikanterweise auf den 11.11. um 11 Uhr, ist aber kein Beitrag zum nicht verschobenen, sondern mehr oder weniger verbotenen Karneval. Das Corona-Kostüm muss also erstmal im Schrank bleiben.