Finanzierung 2020 - Familienunternehmen unterschätzen Digitalisierung

Volker Riedel und Christian Groschupp, Dr. Wieselhuber & Partner
Volker Riedel / Bild: Dr. Wieselhuber & Partner
Die Digitalisierung und eine zunehmende Regulierung der Banken verändern derzeit das Finanzierungsumfeld.  Die größten Auswirkungen werden sich auf Gesellschafterebene zeigen: Vor allem in Familienunternehmen wird die „richtige“ Finanzierung künftig die Basis für strategische Freiheitsgrade sein. Immer im Fokus: Der Aufbau von liquidem Eigenkapital.  Zu diesem Schluss kommt unsere aktuelle Studie „Finanzentscheidungen von Familienunternehmen: Zwischen Wachstumschancen, Digitalisierung und Kapitalausbau“. Über 130 Entscheider in Familienunternehmen sowie 190 Finanzierer aus Banken und Sparkassen gaben dafür schriftlich und in persönlichen Gesprächen Einschätzungen zu Besonderheiten der Finanzierung von Familienunternehmen ab. 

Digitalisierung mit signifikanten Auswirkungen auf den Finanzierungsbedarf

Für 51 Prozent der teilnehmenden Familienunternehmen stellt die digitale Transformation den größten Veränderungstreiber im Hinblick auf die zukünftige Finanzierung dar. Sie gehen davon aus, dass die Digitalisierung signifikante Auswirkungen auf die Cashflow-Ströme und somit auf den Finanzierungsbedarf haben wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang: Die verbleibende Hälfte der Unternehmen unterschätzt offensichtlich die Folgen der Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell und damit auch auf die Finanzierungserfordernisse.
Grafik: Relevante Veränderungen im Finanzierungsumfeld aus der Sicht von Familienunternehmen in Prozent - (aus der Studie von Dr. Wieselhuber & Partner)

Bilanzielles Eigenkapital ist noch keine Liquiditätsgarantie

Aufgrund der zunehmenden Regulierung der Banken und der damit einhergehenden Verschärfung der Bonitätsanforderungen, erwarten 42 Prozent der Familienunternehmen einen erschwerten Zugang zu klassischem Fremdkapital. Aus Gesellschaftersicht steigt für 37 Prozent der Studienteilnehmer somit die Bedeutung der Liquiditätsallokation außerhalb des operativen Geschäfts als Instrument der gesellschafterseitigen Risikovorsorge, z. B. auf Holding- oder Privatebene. Es setzt sich zunehmend die Meinung durch: Gute bilanzielle Eigenkapitalquoten, die in den letzten Jahren auf über 30 Prozent gestiegen sind, bedeuten noch lange nicht, dass die Gesellschafter über liquides Kapital verfügen!“ 

Die Bedeutung des Kapitalmarktes steigt

Weitere Erwartung von fast 40 Prozent aller befragten Entscheider: Der Anteil klassischer Fremdkapitalfinanzierung durch Banken und Sparkassen wird in ihrer Bilanz sinken und die externe Finanzierungslücke durch Fintechs (47 Prozent) und den Kapitalmarkt (44 Prozent) geschlossen werden. Aus der Sicht der teilnehmenden Bankenvertreter unterschätzen die Familienunternehmen damit jedoch insbesondere die Rolle der Fintechs (+28 Prozent) und die Auswirkungen der Digitalisierung (+9 Prozent). Aus ihrer Sicht besteht für Familienunternehmen zukünftig eine höhere Erfordernis zur externen Stärkung des Eigenkapitals über mezzanine Instrumente (+ 12 Prozent) oder Private Equity (+ 9 Prozent). 

Ausgewogener Finanzierungsmix ist gefragt

Fazit unserer Studie: Ein ausgewogener Finanzierungsmix, der in den familiären und gesellschaftsrechtlichen Rahmen, zum Geschäftsmodell und in die Entwicklungsphase des Unternehmens (Wachstum, Nachfolge, Krise, etc.) passt, wird zum Erhalt strategischer Freiheitsgrade immer wichtiger. Gesellschafter sollten sich zunehmend wie externe Investoren verhalten. Der Aufbau von liquidem Eigenkapital außerhalb des operativen Geschäftes ist für uns der Dreh- und Angelpunkt einer „Finanzierung 2020“. 
 
Die ausführliche Studie von Wieselhuber & Partner kann hier bestellt werden.
 
Volker Riedel ist Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Abschluss als Diplom-Ökonom war er in der Beratung als Projektleiter und Partner von inhabergeführten Unternehmen, als Vorstand und Geschäftsführer namhafter mittelständischer Unternehmen sowie als Generalbevollmächtigter (CFO) in Produktion und Handel tätig. Seit 2002 ist er bei Dr. Wieselhuber & Partner und leitet das Münchner Büro für Restructuring & Finance. Volker Riedel sitzt zahlreichen externen Arbeitskreisen mit Schwerpunkt Finanzen vor und hält regelmäßig Vorträge zum Thema Restrukturierung.
Christian Groschupp ist Studienleiter und Leiter des Competence Center Finance bei Dr. Wieselhuber & Partner GmbH.