Von künstlichen Blasen
Seit Ende November befassen sich viele Marktteilnehmer intensiv mit der Frage, ob es bei den lange gehypten KI-Werten zu einer Blasenbildung gekommen sei oder kommen könnte. Wer Medien konsultiert, von der Regional- bis zur Börsen-Zeitung, vom Börsenbrief bis zum selbsterklärten Finfluencer, stolpert zwangsläufig über Warnungen vor der KI-Blase. Das beeinflusst unser Denken und Handeln, die Psychologie nennt solche Verhaltensweisen Verfügbarkeitsheuristiken. Die schiere Menge und Bedeutung – Headline, Titelseite, warnende Emojis – überzeugt uns davon, dass etwas tatsächlich passieren wird und wir rasch handeln müssen.
Vorab, die Gabe eines Propheten geht mir leider ab und wenn ich sie hätte, würde mir – typisches Los aller Propheten – niemand glauben. Trotzdem lassen Beobachtung und Erfahrung gewisse Schlüsse zu, ob es sich um eine Blase handelt und ein Platzen kurz bevorsteht.
KI – mehr als ein Boom
Zuerst: Künstliche Intelligenz ist schon lange kein nice-to-have, sondern wird unsere Welt in vielen Bereichen verändern, wie beispielsweise bereits bei der Programmierung und im Kundenservice oder Gesundheitswesen. Notwendig ist Hardware – Hochleistungs-Chips und Rechenzentren und jede Menge Energie. Zu Beginn einer jeden industriellen Revolution werden enorme Investitionen benötigt, während sich Gewinne oftmals erst später einstellen.
Ein großer Teil dieser Investitionen erfolgt derzeit aus dem Cash-Flow der „Magnificent 7“, deren Kassen prall gefüllt sind. Die Summen sind gewaltig, allein die Marktkapitalisierung dieser sieben Tech-giganten bewegt sich auf etwa 22 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Das BIP der EU-27 belief sich 2024 auf knapp 18 Billionen Euro!
Absicherung oder Schneeball?
Hinzu kommen eine ganze Reihe von Überkreuzbeteiligungen, von manchen Skeptikern gar als Schneeballsystem tituliert. Aber im Prinzip stecken die Unternehmen so ihre Interessen ab und investieren in Infrastruktur für ihre Zukunft. Mit den vielen Luftnummern – man denke nur an Cargolifter – der Dotcom-Blase 2000 haben sie wenig gemein. Ihre KGVs sind ebenfalls noch weit entfernt von jenen von vor 25 Jahren. Dennoch lösen diese Art von wirtschaftlichen Suchprozessen auch zerstörerische Prozesse aus. Auch ein prächtiges Unternehmen kann seinen „Nokia-Moment“ erleben. Das allein wird kein Problem sein.
Riskantes Fremdkapital
Aber immer mehr Fremdkapital scheint für die KI-Investitionen notwendig zu werden. Und viele und irgendwann wollen alle daran partizipieren. Wenn dann in großem Maße nicht mehr nur die risikobewussten Investoren und Unternehmer ihr Eigenkapital riskieren, sondern die Banken und andere. Dann werden eher konservative Anlegervehikel Schaden nehmen. Dann haben wir sie doch. Die Krise. Aber im Kern ist sie dann keine KI-Krise, sondern der typische Kredit-Schweinezyklus aus Überschwang. Also wer Angst vor der Krise hat, sollte nicht nur Tekkies meiden, sondern evauch seine Engagements in Banken und allen stark fremdfinanzierten Unternehmen prüfen. Wie gut, dass es solide hidden champions der zweiten Reihe gibt.
Dieser Artikel erschien so ähnlich zuerst im Nebenwerte-Journal 12/2025