Melanie Baker, Royal London Asset Management

US-Geldpolitik - Nicht nur die Zinsen bereiten Sorgen

Die US-Notenbank wird bei der aktuellen Fed-Sitzung voraussichtlich erneut mit Zinssenkungen um 25 Basispunkte beginnen. Wir gehen von zwei Zinssenkungen in diesem Jahr sowie zwei weiteren Senkungen um jeweils 25 Basispunkte bis Ende 2027 aus.

Melanie Baker, Royal London Asset Management

Die revidierten Beschäftigungszahlen deuten darauf hin, dass der US-Arbeitsmarkt deutlich schwächer ist als bei der letzten Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) im Juni ersichtlich. Bereits in seiner Rede in Jackson Hole Ende August betonte Jerome Powell, dass die Abwärtsrisiken für die Beschäftigung zunehmen. Bei einem aktuellen Zielwert für die Fed-Rate von 4,25 bis 4,50 Prozent und einer längerfristigen Prognose von 3,0 Prozent könnten zur Unterschreitung des neutralen Wertes sogar Zinssenkungen von mehr als 100 Basispunkten eindeutig gerechtfertigt sein.

Noch ist eine Reihe von Zinssenkungen jedoch keine beschlossene Sache. Mehrere FOMC-Teilnehmer mahnen zur Vorsicht, da die Inflation weiterhin Anlass zur Sorge gibt. Die Risiken sind zweiseitig: Einerseits könnte sich die Inflation als stärker und hartnäckiger als erwartet erweisen. Besonders im Dienstleistungssektor zeigte sie sich überraschend robust. Andererseits hat sich die Arbeitslosenquote in diesem Jahr bisher nicht eindeutig verändert.

50 oder 300 Basispunkte?

Der politische Druck hat einen weiteren Faktor ins Spiel gebracht. So schlug US-Finanzminister Scott Bessent eine ganze Reihe von Zinssenkungen vor, beginnend mit einer Senkung um 50 Basispunkte im September. Derweil forderte Präsident Trump im Juli bereits eine Senkung um 300 Basispunkte. Auch die vorerst untersagte Entlassung von Fed-Gouverneurin Lisa Cook hat für Aufruhr gesorgt. Seit Monaten kommt es zwischen Trump und der Fed zu Konflikten, und der US-Präsident baut seinen Einfluss weiter aus. Hätte Cook gehen müssen, hätten die Trump-Nominierten (nach Zustimmung des Senats) die Mehrheit im Board der Fed. Diese Entwicklungen verstärken die Besorgnis über die Unabhängigkeit der Geldpolitik der Fed noch weiter. Dabei gilt die Unabhängigkeit der Zentralbanken als Eckpfeiler der Inflationskontrolle.

Insgesamt dürfte die Nachrichtenlage rund um die Fed in den kommenden Monaten weiterhin lebhaft bleiben. Neben weiteren Zinssenkungen der Fed stehen auch ein potenzielles Gerichtsverfahren um Lisa Cook, weitere bevorstehende Vorstandsnominierungen (neben dem bereits bestätigten Stephen Miran) und die mögliche Wahl des nächsten Fed-Vorsitzenden bevor.

Melanie Baker

Melanie Baker ist Senior Economist bei bei Royal London Asset Management (RLAM). Royal London Asset Management zählt zu den führenden aktiven Fondsmanagement-Gesellschaften im Vereinigten Königreich und verwaltet ein Vermögen von 173 Milliarden Pfund (Stand: 31. Dezember 2024) für ein breites Kundenspektrum. Als unabhängiger und engagierter Kapitalverwalter übernimmt Royal London Asset Management Verantwortung im Interesse seiner Anleger, um langfristigen Mehrwert für seine Kunden zu schaffen und positive gesellschaftliche Auswirkungen zu erzielen.