Thematisches Investieren: Neun Themen für die Zukunft
Warum sollte der 1. Januar 2025 den Beginn einer Investmentwende markieren? Die Antwort geben die Märkte, die sich in Extremen bewegen und endlich zu einem Mittelwert zurückkehren dürften. In diesem Jahr erwarten wir eine breiter angelegte Kursentwicklung oder zumindest eine breitere Aufmerksamkeit. Der seit Jahren anhaltende Trend zur „Passivierung“ – bei dem Investitionen in eine zunehmend konzentrierte Auswahl an KI-bezogenen Aktien fließen – wird sich wahrscheinlich fortsetzen. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Wachstumsdynamik dieses Mal auf die Derivate des KI-Erfolgs – die praktischen KI-Anwendungsfälle – ausweiten wird, die bisher an den Märkten weitgehend übersehen wurden.
Das Jahr 2025 dürfte auch einige wichtige Triebkräfte für strukturellen Wandel mit sich bringen – von der Umsetzung von Trumps Versprechen nach der Wahl bis hin zu wichtigen regulatorischen
Entscheidungen auf den globalen Märkten. Als Reaktion darauf ist mit einer Vielzahl neuer Geschäftspläne und Budgets auf Unternehmensebene zu rechnen. Diese werden durch die Lieferkettendynamik, potenziell höhere Finanzierungskosten sowie verstärkte Fusionen und Übernahmen beeinflusst werden. Im Folgenden fassen wir die Analysen und Erkenntnisse zusammen, welche die Themen bestimmen, von denen wir im vor uns liegenden Jahr besonders überzeugt sind.
1. Fintech-Aktien und Finanzwerte sind angesichts der starken digitalen Expansion wieder im Aufwind
Fintech erlebte 2024 ein starkes Comeback, unterstützt durch starke operative Ergebnisse, attraktive Bewertungen und Optimismus was Trump 2.0 betrifft. Der traditionelle Finanzsektor, der von den
längerfristig höheren Zinssätzen begünstigt wurden, entwickelte sich ebenfalls positiv und steigerte die Zinsüberschüsse auf breiter Front. Mit Blick auf die Zukunft dürften Wirtschaftswachstum,
Deregulierung und Börsengänge von Fintechs die Entwicklung im Jahr 2025 weiter beflügeln. Auch wenn sich der Zinszyklus seinem Höhepunkt nähert, rechnen wir nicht mit einer deutlichen Minderung der Gewinne im Bankgeschäft. Der Grund: viele Banken profitieren weiterhin von starken gebührenbasierten Einkommensströmen, die weniger empfindlich auf Zinsänderungen reagieren. Niedrigere Zinssätze könnten aber auch zu mehr Fusionen und Übernahmen führen und Größe, Innovation und Gewinne bei Fintechs und Finanzwerten freisetzen.
Bei den Verbrauchern steigt die Nachfrage nach immersiven, personalisierten Erlebnissen in den Bereichen Reisen, Unterhaltung und digitale Plattformen, wovon Anbieter digitaler Zahlungslösungen für Verbraucher und Händler profitieren, zum Beispiel digitale Geldbörsen, kontaktlose Zahlungssysteme und Anbieter der Finanzierungslösung „Jetzt kaufen, später bezahlen“. Mehr Digitalisierung sorgt für eine höhere Nachfrage nach Lösungen im Credit-Bereich und grenzüberschreitenden Transaktionen, vor allem in Märkten mit unzureichender Abdeckung, was auch traditionellen Zahlungsunternehmen wie Visa zugute kommt. Breitere Märkte und die geringere Konzentration auf die Magnificent 7 dürften auch dem Finanzsektor helfen; besonders Fintech-Unternehmen, die voller übersehener und unterschätzter KI- und Big-Tech-Innovationen stecken.
2. Digitale Innovationen – KI muss echte Vorteile bieten, statt Potenzial zu propagieren
Im Jahr 2024 hat sich das Thema KI erneut als treibende Kraft für technologische Innovationen und Gewinnwachstum erwiesen. Während Investitionen in Hochleistungs-Halbleiter und unterstützende Infrastruktur anhalten sollten, werden Investoren und Unternehmen zunehmend greifbare Produktivitätsgewinne verlangen statt lediglich spekulatives Potenzial. Gartner prognostiziert, dass sich das Umsatzwachstum im Softwaresektor 2025 auf 14 Prozent beschleunigen könnte, während die Umsätze in Cloud-Computing und Software-as-a-Service fast doppelt so schnell wachsen sollen. Dies unterstreicht den wachsenden Einfluss von KI-gestützten Plattformen, die den digitalen Wandel in der gesamten Wirtschaft vorantreiben.
Die KI dringt auch in die physische Welt ein: Vernetzte Robotersysteme nutzen Echtzeitdaten aus Fabriken und Lieferketten über die Cloud. Diese Technologie kommt zu einer Zeit, in der
Produktionsengpässe und geopolitische Sicherheit das Interesse an der Rückverlagerung der Produktion wieder anheizen. KI, Robotik und Automatisierung dürften dabei helfen, die Hindernisse der Rückverlagerung zu überwinden, beispielweise hohe Arbeitskosten, Arbeitskräftemangel und schnelle operative Skalierung. Daher erwarten wir schnellere Investitionen in neue und nachgerüstete Fertigungsanlagen, die KI integrieren.
3. Gesundheitswesen – vielfältige Trends und Innovationen sorgen für positive Prognose
Ärztemangel und steigende Gesundheitskosten bedeuten, dass KI eine gute Unterstützung für das Gesundheitswesen sein wird. KI-gestützte Fortschritte in der medizinischen Bildgebung und
biowissenschaftliche Tools verbessern bereits die Früherkennung, die Behandlungsergebnisse und die Entwicklung personalisierter Therapien. In Sachen Ernährung stehen die Verbraucher nach wie vor unter Druck und suchen nach Mehrwert beim Einkauf. Lebensmittelhersteller mit gesünderen und innovativen Produkten sollten nicht nur vor der Kosteninflation besser geschützt sein, sondern auch vor einer Reihe anderer Herausforderungen wie dem zunehmenden Einsatz von appetithemmenden GLP-1-Medikamenten und der Ernährungspolitik der Trump-Regierung („Make America Healthy Again“). Der Wandel hin zu gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln kommt den Herstellern von Zutaten zugute, die im Vergleich zu Anbietern verbrauchernaher Grundnahrungsmitteln ein höheres Wachstum erzielen.
Donald Trumps Pläne für das Gesundheitswesen dürften in der ersten Jahreshälfte 2025 auch die Wertentwicklung von Pharmacy Benefit Managern (PBMs), Managed-Care-Netzwerken, Medicaid-Profiteuren und Impfstoffherstellern beeinflussen. Bei den Biopharmazeutika werden Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, RNA-Arzneimittel, Radioligand-Krebstherapien und Lipoprotein A für Herz-Kreislauf-Erkrankungen die wichtigsten Innovationen sein. Längerfristig werden das Bevölkerungswachstum, die höhere Lebenserwartung, der demografische Wandel, die zunehmende Belastung durch Zivilisationskrankheiten und der Aufstieg der Mittelschicht die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen weiter anheizen.
4. Kreislaufwirtschaft – schärfere Gesetze unterstützen kreislauforientierte Hersteller
Ein zentrales Prinzip der Kreislaufwirtschaft besteht darin, gefährliche Stoffe durch unschädliche Alternativen zu ersetzen und ihre Freisetzung in die Umwelt zu verhindern. Ein aktuelles Beispiel ist das Verbot von Erythrosin, einem krebserregenden Lebens- und Arzneimittelfarbstoff auf Erdölbasis, durch die US FDA. Ein weiteres Beispiel ist der jüngste Vorstoß der FDA zur Vereinfachung der Nährwertkennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen. Beide Maßnahmen werden entscheidend dazu beitragen, das Wachstum von Unternehmen voranzutreiben, die sich auf natürliche, ungiftige Inhaltstoffe für Lebensmittel, Pharmazeutika und Körperpflegeprodukte spezialisiert haben. Wir erwarten auch, dass sich eine wachsende Gruppe von Lebensmittelketten für Bio-Labels und gesunde Lebensmittelalternativen einsetzt. Darüber hinaus sollten die neuesten EU-Verpackungsvorschriften auch den Betrieben zugute kommen, die sich mit Recycling und biologisch abbaubaren Verpackungen beschäftigen.
5. Intelligente Netze – die doppelte Lösung für den zunehmenden Sicherheits- und Energiebedarf
Die weltweite Stromnachfrage nimmt zu und unterstreicht, wie dringend die Infrastruktur ausgebaut werden muss. Die IEA geht davon aus, dass sich der Stromverbrauch im Zusammenhang mit
Rechenzentren, KI und Kryptowährungen bis 2026 verdoppeln könnte. In naher Zukunft sind erneuerbare Energien, Gas und Speicherlösungen die besten Technologien, um diese erhöhte Nachfrage zu bewältigen.
Die Energiesicherheit genießt einen hohen politischen Stellenwert und die staatlichen Anreize für die Entwicklung einer sauberen Energieinfrastruktur führen zu zahlreichen neuen Bauprojekten, um die Energiesysteme zu verbessern und das Netz zu modernisieren. Zu den globalen politischen Zielen gehören die Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030. Der Inflation Reduction Act unterstützt die Bemühungen der USA, während der REPowerEU-Plan und der Grüne Deal die europäische Energiewende unterstreichen. Obwohl politische Risiken die Offshore-Windkraft und kostspieligere Technologien infrage stellen könnten, könnten US-Solarmodulhersteller vom zunehmenden Protektionismus in den USA profitieren. Zudem begünstigt die wachsende Stromnachfrage, die durch den Ausbau von Rechenzentren angetrieben wird, CO2-arme, kostengünstige Stromentwickler und -versorger.
6. Mobilität – Innovationen und Politik beleben den Elektrofahrzeugmarkt
Der Anteil der Elektrofahrzeuge erreichte 2024 in China fast 50 Prozent.2 Sofern das Niveau der Batterieproduktion ein Anhaltspunkt ist, könnten die Raten nach Ansicht einiger Branchenexperten im Jahr 2025 bis zu 75 Prozent erreichen.3 In Europa werden die neuen CO2-Emissionsnormen für Fahrzeugflotten noch strenger werden, was die Markteinführung neuer Elektroauto-Modelle und die Akzeptanz bei den Verbrauchern fördern sollte. Die Akzeptanz bei den Konsumenten und die Rentabilität der Hersteller werden auch durch den zunehmenden Einsatz von billigeren Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LFP) begünstigt. Im Jahr 2025 dürften die Lithiumpreise weiter sinken, sodass sich bei einem Wiederanstieg der Nachfrage erhebliche Chancen für Beteiligungen an Unternehmen im Bereich Intelligente Mobilität ergeben.
Assistiertes und autonomes Fahren (ADAS) wird wahrscheinlich eine revolutionäre KI-Anwendung sein. 2025 dürfte das Jahr des Durchbruchs sein, da die Vorschriften der UNECE4 den Weg für in schnelles globales Wachstum von Robotaxi-Diensten ebnen könnten. In der Zwischenzeit könnte die Trump-Regierung der Faktor sein, der das Thema ADAS in den USA vorantreibt.
7. Wasser – durch vielfältige Nachfrage wird die blaue Flüssigkeit zu einer Evergreen-Anlage
Die Herausforderungen im Wassersektor werden sich 2025 noch verschärfen, da strenge Vorschriften auf Schadstoffe wie PFAS und biologische Bedrohungen wie Algenblüten, Bakterien und Viren abzielen. Sauberes Trinkwasser und die Kontrolle von Mikroverunreinigungen bleiben in den USA 2025 parteiübergreifende Prioritäten, was bei Anbietern von fortgeschrittener Wasseraufbereitung und Infrastruktur ein langfristiges Wachstum verspricht.
Darüber hinaus steigt die Nachfrage nach aufbereitetem Wasser von Seiten der Industrie und der Kommunen in den USA. Das Gleiche gilt für den Trend zur Rückverlagerung in den Bereichen Halbleiter, Elektrofahrzeuge und anderen Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes. Darüber hinaus beflügelt der steigende Wasserbedarf in einer Reihe von Branchen – von Chipfabriken über Rechenzentren bis hin zu Pharma und Gesundheitswesen – das Wachstum in den Bereichen moderne Wassertests und -analytik, Recycling und Abwassermanagement. Auch neue Technologien nehmen eine entscheidende Rolle ein. KI-Anwendungen in Rechenzentren steigern die Nachfrage nach effizienten Kühlsystemen, die oft erhebliche Wasserressourcen erfordern, da es der Luftkühlung immer mehr an Effektivität mangelt.
8. Biodiversität – neue Gesetze und Praktiken fördern Investitionen
Ressourcenknappheit und die Verschlechterung der Ökosysteme sorgen dafür, dass die Förderung der Biodiversität weiterhin auf der Tagesordnung von Unternehmen und Politik steht. Das Nature
Restoration Law der EU, das 2024 in Kraft getreten ist, setzt verbindliche Ziele für die Wiederherstellung von Ökosystemen in der EU, wovon Branchen wie Ingenieurbüros, Baugewerbe und Forstwirtschaft profitieren. Nachhaltige Praktiken wie ökologischer Landbau, Agroforstwirtschaft und fortgeschrittene Landbewirtschaftung sollten Investitionen in die biologische Vielfalt fördern, mit denen die Gesundheit des Bodens, die Wasserqualität und die Bindung von Kohlendioxid verbessert wird. Die Behandlung von gefährlichen Abfällen wie PFAS ist ein weiterer wichtiger Aspekt des Umweltschutzes, welcher der biologischen Vielfalt zugute kommen sollte.
9. Intelligente Materialien und Fertigung – konvergierender Rückenwind unterstützt zweistelliges Wachstum
Die Investitionen im verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe nehmen dank Trumps Industriepolitik („America first“) zu. Zölle und Handelsspannungen sind zwar kurzfristig schmerzhaft, dürften aber als Reaktion auf den Trend zur Rückverlagerung der Produktion die Investitionen in Automatisierung und Robotik beschleunigen. Die erwarteten fiskalpolitischen Anreize dürften auch die Investitionen in die Automatisierung in China wieder ankurbeln. Die Segmente Elektrifizierung und Automatisierung erwarten robuste Wachstumsraten von etwa 25 Prozent, die durch niedrigere Zinssätze und wieder stärkere Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen weiter unterstützt werden. Der Inflationsdruck dürfte 2025 nachlassen und bei Rohstoffen und wichtigen Mineralien Chancen eröffnen, da sich die Nachfrage stabilisiert. Strukturelle Trends wie die Einführung erneuerbarer Energien und Energieunabhängigkeit dürften die Nachfrage nach Lithium, Kupfer und Seltenen Erden erhöhen, während die Dekarbonisierungspolitik und die Finanzierung durch den europäischen Grünen Deal für Rückenwind bei energieeffizienten Materialien sorgen werden.
Innovation findet nicht isoliert statt
Die Medien und die Märkte erinnern uns ständig daran, dass KI die Zukunft ist, und Investoren fordern vehement ihren Anteil an der Entwicklung. Vom Gesundheitswesen über den E-Commerce bis hin zu Fertigung und Mobilität erkennen wir das transformative Potenzial der KI für die gesamte Wirtschaft. Wenn uns die jahrzehntelange Erfahrung mit thematischen Investments jedoch etwas gelehrt hat, dann dieses: Innovation findet nicht isoliert statt – Regulierung, Makroumfeld und Ressourcenknappheit sind entscheidend für ihre Einführung, Akzeptanz und Skalierung. Deshalb analysieren wir komplexe technologische, politische und marktwirtschaftliche Strömungen, um unsere Themen so auszurichten, dass sie von dem kurz- und langfristigen Wachstum profitieren können, das diese Veränderungen mit sich bringen. Indem wir Themen und Auswirkungen eng steuern, können wir die Portfoliorenditen optimieren und unseren Kunden die Möglichkeit geben, die Zukunft mitzugestalten.