Rüstungsaktien auf dem Vormarsch
Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sicherheit und Rüstung ziehen Milliarden nach sich. Was jüngst beim NATO-Gipfel versprochen wurde, erfreut Anleger von Rheinmetall bis Hensoldt. Die UBS sieht für Rheinmetall bereits ein Kursziel von 2.200 Euro, das von der italienischen Investmentbank Mediobanca mit 2.250 Euro unmittelbar nach dem Gipfel direkt getoppt wurde. Bei UBS wäre es vermutlich noch etwas mehr, würde man nicht einen Risikoaspekt anführen. Die EU denkt Gerüchten zufolge darüber nach, hohe Gewinne der Rüstungskonzerne im Zuge des massiven Anstiegs der Rüstungsausgaben zu verhindern. „Solche Steuern könnten aber kontraproduktiv mit Blick auf einen deutlichen Ausbau der europäischen Rüstungsproduktion sein“, so die UBS. Zudem würden solche Steuerpläne im Moment auch kaum auf breite politische Unterstützung treffen.
Der Weg des Geldes
Kompliziert ist es dennoch mit Rüstungsaktien, denn die Charts zeigen, dass Steuergeld quasi auf direktem Weg zu Investoren gelangt. Nahezu linear verhalten sich die Zusammenhänge zwischen Rüstungsausgaben und ebensolchen Plänen mit den Kursverläufen bei Rheinmetall und seinen Mitbewerbern. Dies erinnert an die Corona-Zeit, als jede Wasserstandsmeldung zu Impfstoffen die Kurse bei BioNTech steigen ließ. Rüstung schlägt dabei sogar die zwei Buchstaben, welche die Börsen international 2025 beflügeln wie einst das Internet in den Neunzigern: KI. Wer dies im Analysten-Call gegenwärtig nicht wenigstens erwähnt, gilt als gestrig. Wer in einem Fonds aber Rüstungstitel vermissen lässt, der wirkt, als hätte er den Zug verpasst.
Die zweite Reihe geht mit
Selbst Konzerne mit überschaubarem Militärbezug wie Deutz oder ThyssenKrupp haben sich kursseitig vervielfacht, während Rheinmetall mittlerweile schwerer wiegt als Commerzbank und Mercedes-Benz zusammen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs legte die Aktie um rund 2.000 Prozent zu – allerdings mit schmerzhaften Zwischenstopps von bis zu 40 Prozent Korrektur. Volatilität bleibt Trumpf. Rüstung vereint derzeit alles, was Anleger lieben: viel Geld, politische Rückendeckung und eine fast makellose Wachstumsstory. Die jüngste massive Erhöhung der Ausgaben auf fünf Prozent des BIP war eine geopolitische Charmeoffensive in Richtung Trump, verbunden mit der Hoffnung, bei den US-Zollplänen glimpflich davonzukommen. Fraglich ist nur, wie viele EU-Länder solche Pläne mit Blick auf ihre Haushaltslage stemmen können. Dieses Problem taucht dann bei den Verschuldungsquoten wieder auf.
Planungssicherheit ist alles
Dennoch: Staatsaufträge bedeuten Planungssicherheit, Konjunkturunabhängigkeit und – an der Börse besonders geschätzt – gute Visibilität. Die Rüstungsanteile bei Firmen sind dagegen unterschiedlich. So macht die Rüstungs- und Raumfahrtsparte bei Airbus im vergangenen Jahr rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Beim Triebwerkhersteller MTU liegt die Quote unter zehn Prozent. Leonardo und BAE Systems sind stark auf Nordamerika fokussiert – wenig überraschend, dass die Kursrally hier deutlich zahmer verlief. Vor diesem Hintergrund sind auch die wesentlich niedrigeren Bewertungen der beiden Konzerne nicht so überraschend.
Die Platzhirsche
Zu den beliebtesten Aktien gehören zwei Titel aus dem MDAX: Renk und Hensoldt. Die eine Aktie liegt bei plus 350 Prozent, die andere fast 200 Prozent seit Jahresbeginn. Doch wie stabil ist das Fundament? Bei Renk stammt nur rund zwei Drittel des Umsatzes aus Rüstung, der Europa-Anteil ist kaum höher als 50 Prozent. Hensoldt dagegen ist ein fast lupenreiner Militärwert mit europäischem Fokus – ein klarer Pluspunkt. Aber: Die Aktie notiert auf Rekordniveau, gut doppelt so hoch wie ihr 200-Tage-Durchschnitt. Historisch gesehen waren solche Phasen stets Vorboten schmerzhafter Rücksetzer. Mehrfach fiel der Titel in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent. Der Sommer könnte bei Rüstung vielversprechend, aber auch zwischendurch richtig volatil werden.