Kent Hargis, Alliance Bernstein

KI-Blase: Zwischen Goldrausch und Kater

Seit Monaten kennt der KI-Sektor nur eine Richtung – nach oben. Doch könnte sich die Branche bereits in der frühen Phase einer Blase befinden. Die zunehmende Finanzierung des Wachstums aus weniger stabilen Quellen birgt Risiken und nährt spekulative Exzesse. Warum dürfte ein verlangsamter Fortschritt unweigerlich eine Korrektur an den Märkten zur Folge haben?

Wann kommt die Korrektur bei KI(Künstliche Intelligenz)-Werten? Aktuell dürfte sich der KI-Sektor erst in der Anfangsphase einer Blase befinden, doch die zunehmende Finanzierung der Expansion aus weniger stabilen Quellen liefert Zündstoff für spekulative Exzesse. Inwiefern die Kosten einer Unterinvestition aktuell noch die Kosten einer Überinvestition in der Branche überwiegen – und warum bei Investitionen zunehmend der Qualitätsfaktor zählt, erklären wir hier

Derzeit lässt sich an den Märkten eine enorme Rallye der KI-Nutznießer beobachten. Diese wird sowohl von Mega-Caps als auch von spekulativeren Titeln angetrieben. Eine Entwicklung, die den Schluss nahelegt, dass sich der KI-Sektor erst in der Anfangsphase einer Blase befindet. Aktuell fließt enorm viel Kapital in private Unternehmen wie etwa OpenAI mit einem Wert von 500 Milliarden US-Dollar oder xAI und Anthropic mit jeweils 150 bis 200 Milliarden US-Dollar. Diese erste Investitionsphase des AI-Infrastrukturbooms wurde größtenteils von Hyperscalern mit starken Cashflows und Bilanzen finanziert, die in der Lage sind, massive Kapitalausgaben zu unterstützen. Die nächste Phase wird jedoch zunehmend von weniger stabilen Quellen angetrieben. Schuldenfinanzierte Expansion wird zunehmen, ebenso wie überhöhte Bewertungen privater Unternehmen, zirkuläre Finanzierungsvereinbarungen und riskante private Kreditstrukturen. Diese Dynamik dürfte weiteren Zündstoff für spekulative Exzesse liefern und das systemische Risiko deutlich erhöhen.

Auf die Implementation breiter KI-Anwendungen kommt es an

Um die steigende Intensität der Investitionen zu rechtfertigen, muss sich die zugrunde liegende Technologie weiterentwickeln. Große Sprachmodelle haben sich in bemerkenswertem Tempo verbessert, bisher insbesondere durch die Skalierung der Rechenleistung während des Trainings. In jüngster Zeit sind es vor allem die Technologien, die nach dem Training zum Einsatz kommen, die vielversprechendes Potenzial zeigen. Eine wichtige Voraussetzung, um mit KI nachhaltige Renditen zu erwirtschaften, ist die Einführung breiterer Anwendungsfälle, um die menschliche Arbeitskraft sinnvoll zu ersetzen. Hier gibt es bereits Erfolge – etwa bei der Programmierung, bei der Erstellung von Inhalten und im Kundenservice. Es sind genau diese Schritte, die Investoren als Frühindikatoren für den potenziellen ROI genau im Blick behalten sollten. Sollte sich das Tempo des Fortschritts verlangsamen, wird es unweigerlich zu einer Korrektur kommen.

Derzeit befindet sich der Markt noch in einem Wettrüsten, das von der Angst getrieben ist, wichtige Trends zu verpassen. Jüngste Kommentare von Mark Zuckerberg und anderen prominenten Tech-Bossen zeigen, dass die Kosten einer Unterinvestition aktuell noch die Kosten einer Überinvestition überwiegen. Um sich in diesem Umfeld zurechtzufinden, sollten sich Anleger genau anschauen, wie Unternehmen entlang des Spektrums „KI-Gewinner vs. KI-Verlierer” positioniert sind. Obwohl die zeitliche Abstimmung von Zyklen nach wie vor schwierig ist, dürfte ein Bottom-up-Ansatz, der sich auf die Identifizierung echter KI-Gewinner konzentriert, erhebliches Alpha-Potenzial bieten.

Technologie-Investitionen bis zum Niveau der Dotcom-Blase

In jeder Blase schneiden spekulative und minderwertige Unternehmen kurzfristig oft besser ab. Da sich jedoch in Teilen des KI-Ökosystems weiterhin spekulative Exzesse aufbauen, wird es immer wichtiger, diszipliniert zu bleiben und sich auf Qualität zu konzentrieren. Der effektivste langfristige Ansatz besteht darin, Unternehmen zu identifizieren, die sowohl ein bedeutendes Aufwärtspotenzial durch KI-Engagement als auch eine Risikominderung aufgrund starker Fundamentaldaten in ihrem Kerngeschäft bieten. Das bedeutet, in nachhaltige, hochwertige Unternehmen zu investieren, die im Laufe der Zeit Wertsteigerungen erzielen können, anstatt den vorübergehenden Gewinnen spekulativer KI-Geschichten hinterherzujagen.

KI ist und bleibt eine transformative Technologie. Dennoch gehen unsere Prognosen davon aus, dass Technologieinvestitionen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Niveau erreichen, das bisher nur während des Dotcom-Booms zu beobachten war. Dies ist nur eines der Warnsignale, die darauf hindeuten, dass eine Korrektur irgendwann wahrscheinlich ist – auch wenn der Zeitpunkt aktuell noch nicht absehbar ist.

Kent Hargis

Kent Hargis ist Chief Investment Officer für Strategic Core Equities bei AllianceBernstein. Von 2019 bis 2022 war Rhouma bei der Europäischen Zentralbank als Analystin für die Bankenaufsicht tätig, bevor sie eine Stelle als Wirtschafts-Wissenschaftlerin in den USA antrat. AllianceBernstein ist eine weltweit führende Investment-Management-Gesellschaft, die institutionellen Anlegern, Privatpersonen und vermögenden Privatkunden in den wichtigsten Märkten der Welt diversifizierte Anlagedienstleistungen anbietet. Zum 31. August verwaltete AB Assets under Management in Höhe von 844 Mrd. US-Dollar.