Kapitalmarktprognosen für die kommenden sechs Monate
In den USA ist die Beurteilung der tatsächlichen konjunkturellen Dynamik aufgrund der starken Vorzieheffekte schwierig. Arbeitsmarktdaten, die weniger anfällig für Verzerrungen sind, suggerieren derzeit recht klar eine Abkühlung der US-Wirtschaft. Trumps Politik beeinflusst Investitions- und Einstellungsentscheidungen negativ, sodass alles andere als eine weitere wirtschaftliche Verlangsamung für uns eine große Überraschung wäre.
Nicht nur die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sorgt sich vor der Rückkehr der Inflation in den USA. Die Preise könnten im zweiten Halbjahr zollbedingt einen Satz nach oben machen. Bis zuletzt verkauften viele Unternehmen noch Güter aus ihren Lagern ab, die keinem Zoll unterlagen. Dies wird sich sehr zeitnah ändern.
Europäische Wirtschaft tritt auf der Stelle
In Europa tritt die Wirtschaft auf der Stelle. Der weniger zollsensitive Dienstleistungssektor gibt besonderen Anlass zur Sorge. Der durchschnittliche Einkaufsmanagerindex für das Quartal ist der schwächste seit Ende 2023. Mit dem Konflikt im Mittleren Osten droht zudem weiteres Ungemach für Europas Wirtschaft. Bleibt also bis auf weiteres nur die Hoffnung auf die Effekte der steigenden Fiskalausgaben – vor allem in Deutschland.
Der starke Euro bereitet derweil nicht nur der Exportindustrie Kopfschmerzen. Er reduziert auch den Inflationsdruck in der Eurozone, der aktuell ohnehin kaum mehr zu spüren ist. Allerdings könnte dies ähnlich wie in den USA eine trügerische Ruhe sein. Verhängt die Eurozone Gegenzölle gegen die USA, steigen auch bei uns die Preise. Zudem könnte der Konflikt im Mittleren Osten den Ölpreis rasch wieder in höhere Sphären katapultieren und die Preissteigerungen anfachen.
US-Notenbank rechnet mit stagflationären Schock
Die US-Notenbank Fed geht trotz der bestehenden Unsicherheit offenbar davon aus, dass die Zollpolitik Trumps einen stärkeren stagflationären Schock für die US-Wirtschaft darstellt. Auf der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses wurden die Inflations- und Wachstumsprognosen entsprechend nach oben beziehungsweise unten korrigiert. Aus unserer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in diesem Jahr keine weitere Zinssenkung in den USA mehr geben wird.
Im Vergleich zur Fed hat die Europäische Zentralbank (EZB) eher überschaubare Herausforderungen. Auf der letzten Sitzung hat Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde signalisiert, dass man durch die Zinssenkung im Juni dem Ende des Senkungszyklus recht nahe gekommen ist. Auf der Sitzung im Juli dürfte die EZB die Zinsen unverändert lassen, um dann gegebenenfalls im Herbst noch einmal nachzujustieren.
Steigende Zinsen – in den USA wie in der Eurozone
Im Euroraum treten Zinsen und Spreads seit geraumer Zeit auf der Stelle – und das auf Niveaus, bei denen sowohl deutsche Bundesanleihen als auch Spreadprodukte als relativ teuer anzusehen sind. In der zweiten Jahreshälfte dürfte nun zumindest bei den deutschen Zinsen Bewegung in die Sache kommen. Der deutsche Staat beginnt aufgrund der Ausgabenprogramme mehr Anleihen zu emittieren, sodass sich das Angebots-Nachfrage-Verhältnis spürbar ändern sollte. Wir rechnen mit einem Anstieg der zehnjährigen Bundrendite in Richtung 2,75 Prozent über die nächsten Monate.
Was die Credit-Märkte in Europa angeht, hat sich unsere Sicht auf die Dinge im Vergleich zum letzten Quartal nicht geändert. Ja, es stimmt: Die Spreads sind eng. Allerdings trügt der Vergleich mit der Vergangenheit aufgrund soliderer Bilanzen von Banken und Unternehmen einerseits und einer verbesserten Rating-Struktur sowie geringer Duration in den Indizes andererseits. Kurzum: Wir ziehen Kreditrisiken den Durationsrisiken weiterhin vor.
In den USA stehen die Zeichen ebenfalls auf steigende Zinsen. Auch aufgrund des US-Steuergesetzes „Big Beautiful Bill“ werden die US-Schulden bereits kurzfristig stärker steigen, sodass die Diskussion über deren Tragfähigkeit ein treuer Begleiter in der zweiten Jahreshälfte sein dürfte.
Nicht mehr als ein Zwischenhoch für europäische Aktien
Auf der Aktienseite war die Eu(ropa)phorie im ersten Quartal groß: Die Outperformance von europäischen gegenüber US-Aktien war nicht nur atemberaubend, sie kam für die allermeisten Anleger auch komplett unerwartet. Bereits im zweiten Quartal trat allerdings schon wieder Ernüchterung ein. Mit Blick nach vorne werden Aktien aus Europa für eine überschaubare Zeit nur dann mit Titeln aus den USA Schritt halten können, wenn die geopolitischen Risiken abebben, die Politik hierzulande ihre Hausaufgaben macht und die Unternehmensgewinne sprudeln.
Aber machen wir uns nichts vor: Für mehr als ein temporäres Zwischenhoch wird es für europäische Aktien wohl nicht reichen. Die USA sind und bleiben auch unter Trump nun einmal das Land, in dem die wichtigen Megatrends unserer Zeit ihr Zuhause haben. Anleger waren zu seinem Amtsantritt nicht ohne Grund in den USA übergewichtet. Nicht umsonst war noch vor einem halben Jahr nahezu jeder Anleger der Meinung, dass an US-Aktien kein Weg vorbeiführt. In den USA werden nicht nur die größten Gewinne erwirtschaftet – auch das Gewinnwachstum dürfte in Zukunft das von europäischen Unternehmen nach wie vor in den Schatten stellen. Kurzum: Das große Geld wird in den USA verdient.
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