Japanische Aktien: Reflation - Chancen durch Strukturwandel
Nachdem Japan jahrzehntelang unter Deflation und schwachen Wachstumsraten gelitten hat, verzeichnet das Land nun endlich eine Beschleunigung des nominalen Wachstums. Die Inflation hat sich ausgeweitet, die Löhne steigen und sowohl Unternehmen als auch Haushalte lösen sich von ihrer bislang eher deflationären Mentalität. Fiskalpolitische Konjunkturmaßnahmen, eine lockere Geldpolitik und demografische Veränderungen unterstützen diese Trends, die insgesamt auf ein Umfeld mit nachhaltigerem nominalem Wachstum hindeuten.
Das nominale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Japan hat sich seit 2022 beschleunigt und damit einer jahrzehntelangen Stagnation ein Ende gesetzt. Dieser Aufschwung ist auf ein seltenes Zusammenspiel von vier Faktoren zurückzuführen:
- Inflation: Nach Jahrzehnten mit schwachem Preiswachstum und einer damit einhergehenden deflationären Belastung hat die Inflation Fahrt aufgenommen. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens hat sich die Nachfrage nach dem pandemiebedingten Rückgang des Konsums wieder erholt. Zweitens haben sich die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise auf die inländischen Kosten ausgewirkt. Und drittens, was am wichtigsten ist: Japanische Unternehmen haben nach langem Zögern damit begonnen, die Kosten an die Verbraucher weiterzugeben. Dies stellt eine bedeutende Veränderung im Preisverhalten der Unternehmen dar.
- Währungsabwertung: In den Jahren 2022 und 2023 verlor der japanische Yen an Wert, da sich die Zinsdifferenzen zu den USA und Europa vergrößerten. Dies führte zu einem Anstieg des nominalen BIP, da der schwächere Yen den Wert der Exporte und der Auslandseinkünfte steigerte. Dies verstärkte wiederum die Weitergabe der globalen Preissteigerungen.
- Politik: Die fiskalpolitische Unterstützung für private Haushalte (zum Beispiel in Form von Energiesubventionen) hat Japan dabei geholfen, die Kaufkraft trotz sinkender Realeinkommen aufrechtzuerhalten. Die Bank of Japan hat die Zinsstrukturkurve erfolgreich unter Kontrolle gehalten und eine Negativzinspolitik eingeführt, um die Kreditkosten niedrig und die Kreditbedingungen locker zu halten. Wir rechnen in Zukunft mit weiteren fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen.
- Rentabilität der Unternehmen: Rekordgewinne haben die Unternehmen ermutigt, die Grundgehälter so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr zu erhöhen. Diese Lohnzuwächse fließen über das Einkommen und den Konsum der privaten Haushalte direkt in das nominale BIP ein.
Diese Reflation lässt auf eine vielversprechende Entwicklung der Unternehmensgewinne in Japan und der langfristigen Tragfähigkeit der Verschuldung schließen.
Warum ist dies für Aktienanleger wichtig?
Die Reflation, die eine mehrjährige Neubewertung japanischer Aktien unterstützen könnte, hat zu einem höheren nominalen BIP-Wachstum geführt. Dies ist aus zwei wesentlichen Gründen nicht nur für die Rentenmärkte, sondern auch für Aktienanleger von Bedeutung:
Das nominale Wachstum bestimmt die Aktienrenditen.
Japanische Unternehmen profitieren direkt von einem stärkeren nominalen BIP-Wachstum. Unternehmen in Japan sind gut positioniert, um mithilfe von Wachstum Gewinnsteigerungen und besseren Margen zu erzielen, wovon japanische Aktienanleger profitieren würden.
Außerdem sorgt eine Deflation bzw. eine niedrige Inflation tendenziell für niedrigere Aktienbewertungen. Da wir uns in Japan derzeit inmitten einer Reflation befinden, verbessert sich die Aussicht auf höhere Bewertungen, da Gewinne nun besser vorhersehbar sind. Dies könnte zu strukturellen Neubewertungen führen, von denen japanische Aktien profitieren würden.
Ein höheres nominelles BIP-Wachstum begünstigt auch eine Umschichtung in den Portfolios privater Haushalte. Traditionell halten japanische Haushalte die Hälfte ihres Vermögens in Form von liquiden Mitteln und Einlagen, lediglich etwa 13 Prozent sind in Aktien angelegt. Ein stärkeres Wachstum und eine moderate Inflation, wie wir sie derzeit erleben, mindern den realen Wert von liquiden Anlagen. Dadurch verlieren Einlagen an Attraktivität, während Aktien gleichzeitig attraktiver werden.
Hinzu kommen unterstützende politische Maßnahmen, darunter ein erweitertes, staatlich gefördertes Programm für steuerfreie Anlagekonten. Dadurch könnten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass liquide Mittel aktiv am Aktienmarkt eingesetzt werden.
Die Corporate-Governance-Reform verbessert die Qualität
Die von Premierminister Shinzo Abe eingeleiteten Reformen der Corporate Governance befassen sich mit seit Langem bestehenden Ineffizienzen bei der Kapitalallokation, der Unternehmensführung und den Aktionärsrenditen. All dies sind positive Faktoren für japanische Aktien.
In der Vergangenheit haben japanische Unternehmen liquide Mittel gehortet und Kreuzbeteiligungen gehalten, was die Renditen belastet hat. Reformmaßnahmen fördern Aktienrückkäufe, Dividendenzahlungen und disziplinierte Investitionsentscheidungen.
Gleichzeitig haben strengere Standards für die Unabhängigkeit von Lenkungs- und Kontrollgremien sowie eine verstärkte Offenlegungspflicht dazu beigetragen, dass Entscheidungen in Unternehmen nicht mehr so isoliert getroffen werden, was die Rechenschaftspflicht und die Transparenz stärkt. Infolgedessen wird dem Shareholder Value eine höhere Priorität eingeräumt. Dadurch stimmen die Interessen der Lenkungs- und Kontrollgremien stärker mit denen der Anleger überein, was wiederum die Aktienmärkte stützt.
Diese Reformen sind Teil einer umfassenderen, von der Regierung geleiteten Initiative zur Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft, indem der Aktienmarkt für internationale Investoren attraktiver gemacht wird – eine Strategie, die offenbar Wirkung zeigt. Ausländische Investitionen, die von 2016 bis 2023 rückläufig waren, haben wieder zugenommen, was zu einer strukturellen Neubewertung führen könnte.
Welche Maßnahmen sollten Aktienanleger in Erwägung ziehen?
Die Kombination aus fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen und einer lockeren Geldpolitik stützt inländische zyklische Werte. In diesem Bereich stechen zwei Sektoren besonders hervor: Banken, die eine starke Gewinndynamik aufweisen und von weiteren Zinserhöhungen profitieren dürften, sowie Dienstleister, die von der bereits erwähnten Tendenz zu einem geringeren Vorhalten liquider Mittel profitieren sollten.
Abgesehen von inländischen zyklischen Unternehmen bin ich der Meinung, dass diejenigen Unternehmen, die sich am stärksten für eine Verbesserung der Offenlegung und Unternehmensführung sowie für den Abbau überschüssiger liquider Mittel einsetzen, für Aktienanleger bedeutsame Zusatzerträge generieren könnten.
Aktive Manager mit umfangreichen Researchkapazitäten und Präsenz vor Ort sind möglicherweise besser als ihre passiven Pendants in der Lage, Unternehmen zu identifizieren, die sich dieser Mission verschrieben haben und finanziell flexibel genug sind, um ein Aktienrückkauf- oder Dividendenprogramm aufzusetzen oder fortzuführen und die Anleger an der erzielten Wertschöpfung teilhaben zu lassen.
Unter dem Strich lassen die Reflation in Japan und das damit einhergehende nominale BIP-Wachstum für die japanischen Aktienmärkte Gutes erwarten – ein Aspekt, den Anleger nicht außer Acht lassen sollten.