Daniel Fellhauer, FEBESOL GmbH

GreenTech 2025: Boom vorbei

Jahrzehntelang sorgten Auto- und Stahlindustrie für Deutschlands Wohlstand – jetzt wird Nachhaltigkeit zum neuen Leitbild der Industrie. Doch die GreenTech-Branche steht unter Druck. Zwar zählt Deutschland rund 3.000 Start-ups aus dem Bereich, doch viele kämpfen mit Kapitalmangel, Fachkräftedefizit und einer überlasteten Infrastruktur.

Der einstige Boom verliert an Dynamik. Damit Nachhaltigkeit zum echten Wirtschaftsfundament wird, bedarf es laut Experten nicht nur stabiler politischer Rahmenbedingungen, besseren Kapitalzugangs und einer gezielten Fachkräfteoffensive, sondern auch des schnellen Ausbaus der Infrastruktur. Nur das Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft könne Deutschlands technologische Stärke in eine nachhaltige Zukunft führen.

Die deutsche Wirtschaft steht vor einer ihrer größten Transformationen seit der Industrialisierung. Jahrzehntelang galten Auto- und Stahlindustrie als Rückgrat des Wohlstands. Nun rückt Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Die GreenTech-Branche ist an einem kritischen Punkt: GreenTech ist kein Hype, sondern Realität mit echten Herausforderungen. Die Frage ist: Wer bleibt übrig, wenn die Subventionen verschwinden? Der Übergang von gefördertem Wachstum zu marktwirtschaftlicher Reife beschäftigt viele Branscheninsider. Jetzt entscheidet sich, welche Unternehmen Innovation und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen können – und wer an überzogenen Erwartungen scheitert.

Der Boom geht zu Ende 

Der Anteil grüner Gründungen ist zuletzt deutlich gesunken. Vor zwei Jahren war noch jedes dritte neue Start-up nachhaltig ausgerichtet. Heute ist es nicht einmal mehr jedes Vierte. Das ist ein deutliches Warnsignal. Der Markt sortiert sich, Kapital wird selektiver, und viele Ideen schaffen es nicht mehr über die Pilotphase hinaus. In den vergangenen fünf Jahren flossen zwar rund 11,7 Milliarden Euro in grüne Start-ups – etwa ein Viertel aller deutschen Risikoinvestitionen –, doch das Geld konzentriert sich zunehmend auf wenige, große Player.  Das zeigt eine Reifung, aber auch eine gefährliche Schieflage. 

Wir brauchen Breite, nicht nur Leuchttürme. Wenn die Finanzierungsströme versiegen, bevor Skalierung einsetzt, kippt der ganze Innovationspfad. Hinzu kommen steigende Zinsen, langwierige Genehmigungen und überlastete Netze.  Viele unterschätzen, wie stark Infrastruktur über Wachstum entscheidet. Eine Solarfirma kann heute Aufträge für 1.000 Anlagen im Jahr haben. Aber wenn der Netzanschluss neun Monate dauert, bleibt sie auf halber Strecke stehen. Deutschland ist längst auf dem Weg zur nachhaltigen Wirtschaft – doch der Anstieg wird steiler. Die entscheidende Frage lautet: Wird GreenTech zum Fundament der nächsten industriellen Ära, oder zur vertanen Chance einer Generation? Laut einer aktuellen Analyse fließt ein erheblicher Teil staatlicher Investitionen und Subventionen in Deutschland weiterhin in fossile Strukturen – über 60 Milliarden Euro jährlich. Dabei hatte sich die Bundesregierung bereits 2009 gemeinsam mit anderen Industrieländern verpflichtet, ineffiziente Förderungen für fossile Energieträger bis 2025 zu beenden. Ein Ziel, das laut Fachleuten von Fraunhofer ISI, ZEW und Umweltbundesamt klar verfehlt wird. Das ist kein ideologisches, sondern ein ökonomisches Problem. Solange Kapital und Fördermittel in alte Industrien gelenkt werden, anstatt in skalierbare GreenTech-Lösungen, bleibt Deutschland in der Vergangenheit verhaftet.

Herausforderungen im deutschen GreenTech-Sektor

Trotz technologischer Fortschritte wird das Wachstum der Branche weiterhin durch strukturelle Probleme gebremst. Zu den größten Hindernissen zählen vor allem die unzureichende Netzinfrastruktur, die hohe Kapitalintensität sowie fragmentierte Märkte. Hochqualifizierte Arbeitskräfte in den Bereichen Energie, Elektronik und Software sind rar, wodurch die Entwicklung und Umsetzung neuer Technologien verlangsamt wird. Gleichzeitig behindert der schleppende Ausbau der Strom- und Wärmenetze eine schnelle Skalierung innovativer Lösungen. Hinzu kommt, dass viele GreenTech-Unternehmen aufgrund langer Entwicklungszeiten und hoher Anfangsinvestitionen auf beträchtliches Kapital angewiesen sind. Schließlich sorgen unterschiedliche Förderprogramme und komplexe regulatorische Vorgaben dafür, dass Innovationen und Markteintritte ausgebremst werden. Diese Faktoren erschweren nicht nur das Wachstum bereits bestehender Firmen, sondern machen auch den Einstieg für neue Gründerinnen und Gründer deutlich schwieriger. 

Zweite Generation der Nachhaltigkeit für mehr wirtschaftliche Tragfähigkeit

Nur wer wirtschaftlich denkt, kann nachhaltig handeln. Die nächste Phase der GreenTech-Bewegung entscheidet sich nicht an Visionen, sondern an Umsetzungsdisziplin. Wir haben die Ideen, die Technologien und den gesellschaftlichen Rückhalt – jetzt geht es um Strukturen, Prozesse und betriebswirtschaftliche Fitness. Das richtet sich vor allem an Gründerinnen und Gründern, die gerade überlegen, in den Markt einzusteigen. Ich sehe viele junge Teams, die voller Energie starten – aber ohne belastbares Geschäftsmodell. Das ist gefährlich, weil GreenTech kapitalintensiv ist und die Anlaufphase oft Jahre dauert. Wer heute gründet, braucht einen klaren Plan für Cashflow, Partnerschaften und Skalierung, nicht nur für Storytelling. Ich plädiere für eine zweite Generation der Nachhaltigkeit: weniger Ideologie, mehr Industriekompetenz. Wir müssen wieder lernen, wie man produziert, automatisiert und skaliert, nicht nur, wie man pitcht. Nachhaltigkeit ist kein Marketingbegriff, sondern eine Frage des industriellen Könnens. Es ist notwendig, früh Kooperationen mit etablierten Mittelständlern oder Industriebetrieben zu suchen, um Skaleneffekte und Erfahrung zu nutzen. Statt auf Subventionen zu bauen, sollten robuste Wertschöpfungsmodelle errichtet werden, die auch ohne politische Förderung bestehen können. Die besten Green-Tech-Firmen der nächsten Jahre werden die sein, die unabhängig funktionieren – weil sie echte Marktprobleme lösen, nicht weil sie im Förderdschungel überleben.

Politik und Wirtschaft in gemeinsamer Verantwortung

Damit Nachhaltigkeit tatsächlich zum tragfähigen Standbein der deutschen Wirtschaft wird, braucht es planbare Rahmenbedingungen – aber auch Eigeninitiative. Gründerinnen und Gründer dürfen nicht auf die perfekte Politik warten. Wir brauchen beides: verlässliche Energie- und Förderpolitik und unternehmerischen Pragmatismus. Politik muss langfristige Investitionen ermöglichen, den Kapitalzugang vereinfachen und Fachkräfte mobilisieren. Staatlich unterstützte Risikokapitalfonds und europäische GreenTech-Programme wären zentrale Hebel, damit Innovationen nicht im Frühstadium scheitern. Zugleich muss Deutschland die Infrastruktur modernisieren: Netze, Standards, Digitalisierung. Solange ein Windpark genehmigt, aber nicht ans Netz angeschlossen werden kann, bleibt das alles Theorie. GreenTech wird die neue industrielle Basis – wenn wir sie als solche behandeln. Gründer müssen rechnen, Politiker müssen liefern, und die Gesellschaft muss akzeptieren, dass Nachhaltigkeit ein Geschäftsmodell braucht, keinen Idealismuspreis.

Daniel Fellhauer

Daniel Fellhauer ist Gründer von FEBESOL GmbH und Chief Transformation Officer (CTO) von thermondo, dem größten Anbieter von Wärmepumpen in Deutschland. 2024 hatte Fellner seine FEBESO GmbH an thermodo verkauft. Fellhauer ist ein deutscher Seriengründer, Investor, Unternehmer und Autor aus Sankt Leon-Rot in Baden-Württemberg. Seine berufliche Laufbahn ist geprägt von unternehmerischem Mut, Innovationskraft und einem konsequenten Gestaltungswillen. Aus bescheidenen Anfängen, als Hauptschüler mit Lese-Rechtschreibschwäche und ohne Startkapital, entwickelte er sich zu einem erfolgreichen Solarpionier, der heute Unternehmen mit hunderten Mitarbeitenden und einem Umsatz von über 40 Millionen Euro führt. Sein neuestes Buch lautet: “Kleine Schritte zum Erfolg”.