Globale Liquidität stützt die Finanzmärkte – Unternehmensanleihen profitieren
Das globale konjunkturelle Umfeld ist aktuell ausgesprochen positiv – ein „Goldilocks-Szenario“: moderates Wachstum, beherrschbare Inflation und eine steigende Liquidität. Aber schon ab August könnte sich das deutlich ändern.
Die globale Liquidität ist der Haupttreiber für die Konjunktur und riskantere Vermögenswerte. Derzeit ist die Lage positiv: Nach einem Einbruch der globalen M2-Geldmenge im vierten Quartal 2024 – mit anschließender Korrektur an den Aktienmärkten – geht es wieder stetig bergauf. Entsprechend sind auch Aktien und andere risikoreichere Papiere wie Unternehmensanleihen im Aufwind.
Obwohl sich die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in einer Phase des Quantitative Tightenings befindet und dem Markt Liquidität entzieht, halten Geschäftsbanken gleichzeitig steigende Reserven bei der Fed, da die Geldschöpfung noch anhält – was zu einer wachsenden Geldmenge führt.
Nun besteht bei zunehmender globaler Liquidität das Risiko einer steigenden Inflation. Tatsächlich sind die Inflationserwartungen durch die von der US-Regierung unter Donald Trump eingeführten Zölle temporär gestiegen, haben sich aber wieder abgeschwächt. Die Lage bleibt vorerst unter Kontrolle. Das gilt auch vor dem Hintergrund einer sich in den USA und Europa abkühlenden Konjunktur – ohne, dass ein Abschwung in Sicht wäre –, die den Einfluss der steigenden Liquidität kompensiert.
Das aufziehende Risiko durch US-Staatsschulden
Diese aktuell positive Gemengelage könnte jedoch bald ins Wanken geraten. Denn voraussichtlich im August könnte die Schuldenobergrenze in den USA angehoben werden – und das um rund eine Billion US-Dollar. In der Folge könnte das US-Finanzministerium große Mengen an zusätzlichen Staatsanleihen emittieren. Dies würde einen deutlichen Rückgang der Liquidität nach sich ziehen, da das gebundene Kapital dem Markt nicht mehr zur Verfügung steht.
Außerdem würden die Investoren angesichts der steigenden Staatsverschuldung bei US-Staatsanleihen höhere Prämien fordern. Immer neue Schulden müssten durch weitere Schulden finanziert werden – bei gleichzeitig steigenden Zinsen. Das ist eine tickende Zeitbombe, aber im Notfall würde die US-Notenbank eingreifen, um extreme Verwerfungen zu verhindern.
Anleger sollten vor diesem Hintergrund den US-Dollar-Kurs genau im Blick behalten. Verliert der Greenback insbesondere gegenüber dem japanischen Yen, aber auch gegenüber dem Euro an Wert, ist das ein klares Warnsignal.
Geopolitische Spannungen spielen aus Sicht von Thoma hingegen eine untergeordnete Rolle: „Dass politische Börsen kurze Beine haben, zeigte sich zuletzt wieder im Israel-Iran-Konflikt: Die Märkte schüttelten die Ereignisse binnen weniger Tage ab.
Unternehmen solide aufgestellt wie lange nicht
Während die Staatsverschuldung und die Zinslast immer weiter steigen, zeigen sich die Unternehmen so solide aufgestellt wie schon lang nicht mehr: Die Kreditqualität hat sich in den vergangenen Jahren signifikant verbessert. Dies gelte insbesondere für Papiere mit Investment-Grade-Rating. Laut Global Fund Manager Survey der Bank of America bewerten Investoren die Unternehmensbilanzen so gut wie seit 2016 nicht mehr. Umsätze und Gewinne steigen, während sich das Schuldenwachstum und die Ausschüttungen an die Aktionäre verlangsamen. Daraus ergibt sich ein günstiges Umfeld für Kreditinvestoren.
Die verbesserten Fundamentaldaten spiegeln sich auch in den Ratings wider – und zwar sowohl im Investment-Grade- als auch im High-Yield-Bereich. Bei bonitätsstarken US-Dollar-Papieren ist der Anteil von Anleihen mit dem Rating BBB seit dem Höchststand im Jahr 2018 zurückgegangen, während der Anteil mit dem schwächsten Investment-Grade-Rating BBB- mit 8,6 Prozent ein Rekordtief erreicht hat.
Hohe Nachfrage, begrenztes Angebot
Neben den fundamentalen Daten stützen auch technische Faktoren die Anlageklasse. Die Nachfrage nach Unternehmensanleihen ist derzeit hoch, während das Emissionsvolumen begrenzt ist: Das Angebot an Netto-Neuemissionen für US-Dollar-Investment-Grade-Anleihen – Neuemissionen abzüglich Rückzahlungen – dürfte dieses Jahr im Vergleich zu 2024 deutlich geringer werden. Gleichzeitig steigen die Zinszahlungen, die Investoren aus Investment-Grade-Anleihen erhalten. Für 2025 erwarten Investmentbanken Kuponzahlungen von 461 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 38 Milliarden US-Dollar pro Monat. Das entspricht einem Anstieg von 9 Prozent gegenüber dem Niveau von 2024 und einem Plus von 32 Prozent im Vergleich zu 2023.
In der Vergangenheit waren die Renditen von Unternehmensanleihen ein starker Indikator für die in den Folgejahren erzielten Gesamterträge. Reinhard: „Aktuell bieten zum Beispiel US-Dollar-Investment-Grade-Bonds eine Rendite von 5,1 Prozent – und damit attraktive Aussichten.“ Auf Sektorebene hat der Investmentexperte insbesondere Finanz- und Telekommunikationswerte sowie das Gesundheitswesen im Fokus.