Argentinische Aktien stehen vor einer deutlichen Neubewertung
Mileis Ton nach dem Wahlsieg war auffallend versöhnlich: Er betonte den Dialog mit oppositionellen Abgeordneten und Provinzgouverneuren, um überfällige Reformen voranzutreiben. Die Botschaft war eindeutig: Die Argentinier haben sich entschieden von Jahrzehnten des Populismus abgewandt und der Weg ist frei für ein reformorientiertes Parlament – das, wie Milei es ausdrückte, ‚reformfreudigste in der Geschichte‘, das Argentiniens Wirtschaftsmodell neu gestalten soll.
Kräftige Marktreaktion
Die Konsequenzen für die argentinischen Finanzmärkte sind erheblich. Anleger hatten mit einem fragmentierteren Ergebnis gerechnet; das Ausmaß von Mileis Sieg – insbesondere die Zugewinne im Parlament – dürfte eine kräftige Marktreaktion auslösen. Da LLA nun fast ein Drittel der Sitze im Unterhaus hält und ihre Präsenz im Senat deutlich ausgebaut hat, haben sich die Aussichten für fiskalische und strukturelle Reformen signifikant verbessert. Darüber hinaus hat die neue Regierung ihre Beziehungen zu Washington intensiviert, insbesondere zu US-Präsident Donald Trump. Dessen Team arbeitet an einem Finanzhilfepaket, das Währungstauschgeschäfte, Peso-Liquiditätsmaßnahmen und potenzielle US-geführte Investitionen in Rechenzentren und Infrastruktur umfassen soll. Die politische und wirtschaftliche Annäherung an Trumps marktwirtschaftliche Agenda stärkt das Anlegervertrauen zusätzlich und positioniert Argentinien als potenziellen regionalen Partner einer neuen wirtschaftsliberalen Welle in Lateinamerika.
Neubewertung argentinischer Aktien
Aus Marktsicht stehen argentinische Aktien vor einer deutlichen Neubewertung. Der MSCI Argentina Index, der seit Jahresbeginn rund 33 Prozent verloren und damit hinter anderen Schwellenländern zurückgeblieben ist, könnte diese Lücke rasch schließen. Eine Kombination aus Short-Eindeckungen – insbesondere bei stark leerverkauften Finanzwerten – und einer Ausweitung der Bewertungsmultiplikatoren dürfte zu einem Anstieg von 20 bis 35 Prozent an den lokalen Märkten und bei ADRs führen. Banken dürften die Erholung anführen, während auch der Energiesektor von der verbesserten Stimmung und den Reformhoffnungen profitieren sollte. Darüber hinaus könnten Sektoren wie E-Commerce zusätzliche Aufwärtspotenziale sehen – getragen von einer breiteren argentinischen und regionalen Erholung.
Linke Dominanz in Südamerika nimmt ab
Über Argentinien hinaus verändert sich die politische Landschaft in Lateinamerika spürbar. Der jüngste Wahlsieg der Rechten in Bolivien markiert das Ende jahrzehntelanger linker Dominanz, während Venezuela weiterhin von Unsicherheit geprägt bleibt. In Kolumbien unterstreicht Trumps erneute Kritik an Präsident Petro Washingtons Rückkehr in die Region – diesmal mit einer stärker ideologisch gefärbten Perspektive. Gleichzeitig deutet die pragmatische Annäherung zwischen Trump und Brasiliens Präsident Lula auf eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen hin. Für Argentinien ist dieses geopolitische Umfeld günstig: Es unterstützt die regionale Bewegung hin zu marktwirtschaftlichen Politiken und fällt in eine globale Phase, die Risikoanlagen begünstigt – mit einer erwarteten Lockerung der US-Geldpolitik, einem möglichen Ende der quantitativen Straffung und einem schwächeren US-Dollar. All diese Faktoren spielen wachstumsorientierten Schwellenländern wie Argentinien in die Karten.
Ein echter Wendepunkt
Für argentinische Anleger war es eine turbulente Zeit, doch die jüngsten Wahlergebnisse markieren einen echten Wendepunkt. Für Investoren mit Engagements in Argentinien – sei es über Aktien oder Multi-Asset-Strategien – verbessert sich der Ausblick spürbar. Das Land bleibt zwar ein Hochrisiko-, aber auch ein Hochchancenmarkt; die Entwicklung zeigt nun jedoch klar in Richtung Reform, Normalisierung und Wachstum. Nach Jahren vergeblicher Hoffnungen entsteht der Eindruck, dass es diesmal tatsächlich anders sein könnte – und allein dieser Glaube könnte ausreichen, um eine neue, dynamische Phase in der argentinischen Marktgeschichte einzuleiten.