Aktienmarkt: Kommt jetzt die Zeit der Kleinen?
Die US-Politik bleibt ein zentraler Unsicherheitsfaktor für die Kapitalmärkte. In der Folge agieren viele Marktteilnehmer vorsichtig, Unternehmen halten sich mit Investitionen in Sachkapital (CapEx) spürbar zurück. Parallel dazu ziehen sich Anleger zunehmend aus dem US-Markt zurück, was sich in einer allmählichen Reduktion des US-Gewichts in vielen globalen Portfolios zeigt. Nach der jüngsten Kurserholung notieren US-Aktien bereits wieder signifikant über dem langfristigen Durchschnitt. So handelt der S&P 500 aktuell auf einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von circa 23,5x, während der zehnjährige Durchschnitt bei etwa 21x liegt. Dies wirft einmal mehr die Frage auf, wie dauerhaft angemessen der aktuelle Bewertungsaufschlag tatsächlich ist. Angesichts der globalen Technologieführerschaft vieler US-Konzerne sowie der weiterhin bestehenden Perspektiven auf Steuererleichterungen und regulatorische Entlastungen erscheint dieser Aufschlag jedoch zumindest vorerst gerechtfertigt.
KMUs rücken in den Fokus
In den Fokus rücken damit aus strategischer Sicht kleinere und mittlere Unternehmen. Denn US-Small-Caps sind stärker auf den Binnenmarkt ausgerichtet und weniger von globalen Handelsströmen abhängig. Interessant sind sie zudem aus Bewertungssicht: Das erwartete Gewinnwachstum pro Aktie liegt für das Jahr 2026 etwa fünf Prozent über dem der Large Caps, die gleichzeitig höher bewertet sind. Damit erscheinen Nebenwerte als eine sinnvolle Beimischung, um Risiken zu reduzieren und gleichzeitig Wachstumspotenziale besser zu nutzen. Sollte sich die Anlegerstimmung generell wieder heben, dürften davon die vor allem zu Jahresbeginn unter Druck geratenen „Mag7“-Techaktien (Alphabet, Amazon, Apple, Facebook, Microsoft, Nvidia, Tesla) profitieren – nicht zuletzt aufgrund ihrer hohen Indexgewichtung und der damit verbundenen Relevanz für passive Anlagevehikel wie Exchange Traded Funds (ETF).
Optimistische Anleger
Die Unsicherheit in den USA und große staatliche Investitionsprogramme haben in Europa dagegen für deutliche Kapitalzuflüsse gesorgt. Dazu kommen Leitzinssenkungen sowie Hoffnungen auf eine anspringende Konjunktur im kommenden Jahr. Der Optimismus der Anleger zeigt sich in den Bewertungen: Der STOXX Europe 600 handelt wieder auf einem KGV bei 16x, verglichen mit einem zehnjährigen Mittelwert von circa 17x, wobei der Bewertungsabschlag gegenüber US-Aktien bestehen bleibt. Die konjunkturelle Bodenbildung sowie erste Anzeichen einer zyklischen Erholung sprechen vor allem für eine Outperformance von Value- und Nebenwerten. Zur Begrenzung exportseitiger Risiken erscheint uns wie in den USA ein selektiver Fokus auf binnenmarktorientierte Geschäftsmodelle sinnvoll.
Finanzwerte im Aufwind
Aus Branchensicht besonders interessant sind derzeit US-Finanzwerte, denn sie sind die größten Profiteure der Deregulierungspläne der US-Regierung. Aber auch in Europa scheint weiteres Aufwärtspotenzial gegeben, denn europäische Finanzunternehmen warten mit erfreulichen Gewinnentwicklungen auf. Daneben hält im Technologiesegment das starke Gewinnwachstum an, gestützt durch den ungebrochenen Megatrend Künstliche Intelligenz (KI), der das Wachstumspotenzial zusätzlich befeuert. Parallel dazu halten wir eine vorsichtige Positionierung im Healthcare-Sektor für sinnvoll, trotz möglicher Ausgabenkürzungen im US-amerikanischen Medicare-Programm. Und schließlich könnte der Infrastruktur- und Bausektor in Zentraleuropa von staatlichen Infrastrukturprojekten sowie einem möglichen Wiederaufbau der Ukraine profitieren, wobei der Fokus auf Bauaktivitäten liegt und weniger auf Entwicklung oder Betrieb von Projekten.