Das neue Jahr dreht sich um Vertrauen

Hans Stegeman, Maritza Cabezas Ludena und Joeri de Wilde und, Triodos IM
Hans Stegeman, Maritza Cabezas Ludena und Joeri de Wilde / Bild: Triodos IM
Wir haben heute unseren globalen Anlageausblick veröffentlicht. Unsere Anlagestrategen betonen, dass es im neuen Jahr vor allem um Vertrauen gehen wird: Vertrauen in die Politik, Vertrauen in die Märkte und Vertrauen in uns selbst. Während mit der Normalisierung der wirtschaflichen Erholung in den Industrieländern andere Probleme in den Vordergrund rücken, wird sich der wirtschaftliche Aufschwung in den Schwellenländern fortsetzen, allerdings ungleichmäßig.
Zu Beginn des neuen Jahres werden Lieferengpässe und eine weiterhin hohe Inflation die Langlebigkeit der ultralockeren Geldpolitik auf die Probe stellen. Wachsende soziale Unruhen stellen dann die COVID-19-Politik in Frage, während Forderungen nach konkreten Plänen zur Bekämpfung der Ungleichheit und Staatsverschuldung laut werden. Gleichzeitig wird die fortschreitende globale Erwärmung die staatlichen Instanzen unter Druck setzen, ihre Klimazusagen, im Nachgang der COP26, in konkrete politische Maßnahmen umzusetzen.

Für den Anlageausblick 2022 haben wir drei verschiedene Szenarien ausgearbeitet: ein wahrscheinliches, grundlegendes Szenario sowie ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario. Langfristig betrachtet, müssen wir ein nachhaltiges und integratives Wirtschaftssystem aufbauen, das Wohlstand für alle bietet. Dafür ist ein tiefgreifender Wandel unseres derzeitigen Systems erforderlich. Vertrauen stellt hierfür ein wesentliches Element dar.

Wirtschaftliche Erholung in den Industrieländern verlangsamt sich

Während die wirtschaftliche Erholung in den Industrieländern im vergangenen Jahr recht spektakulär verlief, verlangsamt sie sich allmählich auf ein normales Tempo. Das bedeutet auch, dass kurz- und längerfristige Themen, die eine Zeit lang aus dem Blickfeld geraten sind, nun wieder in den Fokus rücken. Im Zuge der fehlenden monetären Anreize, könnte sich der Aufwärtstrend an den Finanzmärkten umkehren, weshalb wir an einer vorsichtigen Allokationsstrategie festhalten.

Das Beenden und der Abbau der Förderprogramme wird sich fortsetzen, so dass die Defizite sinken, und die fiskalischen Impulse nicht mehr zum Wirtschaftswachstum beitragen werden. Dennoch dürfte der Nachholbedarf der Haushalte und Unternehmen dazu führen, dass das Wirtschaftswachstum auch ein weiteres Jahr lang noch über dem Potenzial liegen wird.

In den Schwellenländern ist eine Erholung zu beobachten

Im Zuge der COVID-Krise erlebten die Schwellenländer einen beängstigenden Konjunktureinbruch. Zwar ist aktuell eine Erholung zu beobachten, doch sind die Aussichten nach wie vor unsicher. Wir gehen davon aus, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer (mit Ausnahme Chinas) frühestens im Jahr 2024 ihr BIP-Vorkrisenniveau erreichen. Langfristig gesehen ist das Wachstumspotenzial der Schwellenländer weiter rückläufig. In diesem schwierigen Umfeld sind Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Institutionen, Investoren und Haushalten von entscheidender Bedeutung für den Aufbau widerstandsfähigerer Volkswirtschaften.

Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Pandemie wird sich 2022 fortsetzen. Obwohl unser grundlegendes Szenario zeigt, wie die Schwellenländer langsam wieder das Vorkrisenniveau erreichen, wird sich die Ungleichheit in naher Zukunft wohl kaum verbessern. Auch bleibt die Energiewende hinter dem zurück, was in den Schwellenländern erforderlich wäre.

Langfristiger Ausblick: Tiefgreifender Wandel, Rendite und Vertrauen

Langfristig und über das Jahr 2022 hinaus sehen wir die Notwendigkeit einer nachhaltigeren und deutlicher integrativen Wirtschaft. Dies bedeutet einen tiefgreifenden Wandel und nicht nur eine schrittweise Veränderung oder Erholung nach der Pandemie. Wirtschaftlicher Wandel führt in der Regel zu mehr Turbulenzen und sektoralen Verschiebungen und kann auf makroökonomischer Ebene eine (vorübergehend) geringere Wirtschaftstätigkeit zur Folge haben. Vertrauen ist wichtig, damit der Wandel gelingen kann.

Ein sich wandelndes Umfeld wirkt sich natürlich auch auf die Investoren aus, da die Renditen volatiler – wenn auch nicht unbedingt niedriger – werden. Am wichtigsten ist jedoch, dass Investitionen in den Wandel einen längerfristigen Horizont sowie die Bereitschaft erfordern, die Wirkung in den Vordergrund zu stellen.
Der Anlageausblick 2022 in englischeer Sprache ist auf der Website von Triodos IM unter folgendem Link als Download verfügbar.
Hans Stegeman ist Chefanlagestratege, Joeri de Wilde Anlagestratege und Maritza Cabezas Ludena Anlagestrategin bei Triodos IM.