Die Samurai in München

Marile Glöcklhofer hat sie getroffen
Ausstellungsansicht / Bild: Kunsthalle München
Die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München hat wieder einen Ausstellungs-Hit gelandet. Noch bis zum 30. Juni kann man in den Räumen an der Theatinerstraße die Pracht des japanischen Rittertumsbestaunen – und man sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen!

Marile im Glück

Ich hatte besonderes Glück und konnte mich der Führung eines echten Samurai anschließen – Fachwissen aus erster Hand also. Doch ich habe gut aufgepasst und gelernt, dass es erstens: keine Samurai mehr gibt und zweitens: der korrekte Begriff für die Kämpfer in Japan Bushi ist. Die meisten dürfen schon einmal von dem Rapper Bushido gehört haben, Bushido bezeichnet den Ehrenkodex und die Philosophie der Krieger. So weit, so verwirrend und doch hochinteressant.
 
Otsuka Ryunosuke Masatomo (ein junger Mann mit dem deutschen Namen Markus Lösch) ist sehr beeindruckend, er hat die Kunsthalle bei der Umsetzung der Ausstellung beraten und sämtliche Begriffe der Kleidung, der Rituale und die geschichtlichen Daten kommen mühelos über seine Lippen.

Staunen und Schwelgen

Und dann die Ausstellung selbst, sie lädt zum Staunen und zum Schwelgen ein. Die mit großer Kunstfertigkeit erstellten Gegenstände und die farbenprächtige Kleidung wecken Begeisterung. Unser Führer vergleicht eine europäische Ritterrüstung mit der Ausrüstung eines Samurai und letztere hat ganz klar die Nase vorn, nicht nur optisch. Sie war um ca. 10 Kilo leichter, erheblich bequemer und man konnte sich sehr gut in ihr bewegen. 
 
Fast könnte man über der Exotik und Schönheit den eigentlichen, kriegerischen Hintergrund verdrängen. Der wird bewusst, als ich nach der Rolle der Frau in diesem Kontext frage. Und erst einmal erfahre, dass der japanische Name für Frau „tief im Haus“ übersetzt werden kann. Alles klar.

Wer waren diese Samurai eigentlich?

Unser Wissen über Samurai speist sich wahrscheinlich größtenteils aus mehr oder weniger guten Spielfilmen mit Kampfeinlagen. Als Ritter, die ihre Waffen bestens beherrschten, prägten sie die japanische Geschichte über 700 Jahre. Der Einfluss der Samurai geht zurück ins 12. Jahrhundert, als der Shogun als oberster militärischer Befehlshaber die eigentliche Macht vom japanischen Kaiser übernahm. Regionale Fürsten bekämpften sich, Japan zerfiel in einen Flickenteppich kleiner Reiche.  Die Aera wird die "Zeit der streitenden Reiche" genannt (Sengoku-Zeit), die von 1477 bis 1573 dauerte und die Blütezeit der Samurai bedeutete.
 
Die schönsten und reich verzierten Rüstungen wurden im Übrigen während der langen friedlichen Edo-Zeit (1603 - 1868) gefertigt. Die Rüstungen für Pferd und Reiter wurden mehr und mehr zu Repräsentationsobjekten und weniger zum Schutz für Kämpfer. Sie zeigten aber die einzigartige Qualität der Handwerkskunst. Ja, manchmal wurden sie mit eigener Patina verziert, um Gebrauchsspuren zu zeigen - das erinnert ein wenig an die Spraydosen unterschiedlicher Schmutzqualitäten (Staub, Sand, Schlamm) für Geländewagen. Die hohen Kosten standen aber in keiner Relation mehr zur Bedeutung des Kriegerstandes. Mit dem Ende des Shogunats 1868 war ihre Zeit abgelaufen, der Kaiser hatte nun wieder das Sagen, die allgemein Wehrpflicht löste die Kriegerkaste ab.

Der Kopf des Feindes

Wir kommen vor eine Vitrine, in der ein schöner Hocker, lacküberzogen, ausgestellt ist. Doch halt, es ist kein Hocker, es ist ein Behältnis für einen abgeschlagenen Kopf. Es war Aufgabe der Frauen, den Kopf des Feindes zu präparieren, die Haare schön zu machen, die Wangen auszupolstern und die Schnittwunde zu versorgen. Denn diese Trophäe musste dem Heeresführer präsentiert werden und danach richtete sich die Bezahlung. Der Kopf eines hochrangigen Generals konnte der eigenen Karriere überaus förderlich sein.
Unvermeidlich war auch die Frage nach dem Harakiri, und wir lernen, dass unser Führer auch das sachgemäße Enthaupten gelernt hat. Habe ich eben einen großen Schritt zurück gemacht?
 
Doch man sollte sich vor Augen führen, dass auch in anderen Teilen der Welt Skalps eingesammelt wurden oder dergleichen mehr, japanische Krieger waren also auch nicht blutrünstiger als andere.
 
Dennoch ist die Ausstellung für Kinder geeignet, vom Kopfbehälter einmal abgesehen. Die prächtigen Fiberglas-Pferde mit den berittenen Kriegern, die glänzenden Schwerter und die farbigen Rüstungen üben einfach eine große Faszination auf alt und jung aus. Reingehen!         

Wie kamen die Samurai nach München?

Bleibt die Frage, wie die Samurai nach München kamen? Es war das Ehepaar Ann und Gabriel Barbier-Mueller, das knapp dreißig Jahre lang diese hochkarätige Sammlung vom 7. bis zum 19. Jahrhundert zusammenstellte. Sie werden erstmals in Deutschland gezeigt.
SAMURAI. Pracht des japanischen Rittertums. Die Sammlung Ann und Gabriel Barbier-Mueller, 1. Februar bis 30. Juni 2019 in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung. Die Kunsthalle bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm an. Führungen mit Otsuka Ryunosuke werden noch am 13.4. und 8.6. angeboten, speziell für Kinder von 12 bis 16 Jahren am 14.4. und 9.6.
Buchen können Sie über die Website