Graham Stock / Bild: RBC BlueBay AM
Wir sehen im Bereich festverzinslicher Wertpapiere in Mexiko zahlreiche Chancen. Die US-Dollar- und Peso-Staatsanleihen des Landes haben das größte Gewicht in den jeweiligen JPMorgan-Benchmark-Indizes für Hart- und Lokalwährungspapiere. Mexikanische Unternehmensanleihen sind ein bedeutender Teil der CEMBI-Benchmark. Dazu kommt: Der mexikanische Peso ist eine der drei liquidesten Schwellenländerwährungen und wird rund um die Uhr gehandelt.
Innerhalb dieses Segments gibt es eine Reihe von Themen, die wir für besonders attraktiv halten. Erstens sind die Spreads der Anleihen der staatlichen Ölgesellschaft Petróleos Mexicanos (PEMEX) im Vergleich zu mexikanischen Staatsanleihen zu hoch. Wir glauben, dass die Regierung PEMEX weiterhin durch eine Kombination aus Finanzierungen und Steuererleichterungen unterstützen wird. Diese implizite Garantie für die Anleihen des Unternehmens könnte sogar explizit werden, wenn der Staat einen Teil der Schulden in seine eigene Bilanz aufnimmt.
Die Unterstützung beruht auf der strategischen und symbolischen Rolle, die das führende mexikanische Energieunternehmen für das Land spielt. Durch den Sieg der Partei Movimiento Regeneración Nacional (MORENA) bei den Präsidentschafts-, Parlaments- und Gouverneurswahlen im Juni ist sie unserer Meinung nach sogar noch größer geworden. Ungeachtet des ungerechtfertigten Aufschlags von PEMEX-Anleihen gegenüber Staatspapieren haben wir ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Leistung des Unternehmens in Bezug auf Umwelt- und Governance-Kriterien. Die Veröffentlichung eines Entwurfs für eine ESG-Strategie Anfang des Jahres ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wir werden uns aber weiterhin für tiefgreifendere Reformen einsetzen.
Potenzial für weitere Zinssenkungen
Die zweite große Chance ergibt sich aus den hohen mexikanischen Inlandszinsen. Die Inflation hat sich von einem Höchststand von 8,7 Prozent Ende 2022 auf 4,7 Prozent im April dieses Jahres abgeschwächt. Umfragen unter den Marktteilnehmern zufolge wird sie in etwa einem Jahr wieder auf das Ziel der Zentralbank von 3 Prozent fallen. Dennoch hat die Banco de México (Banxico) ihren Leitzins bisher nur einmal gesenkt, und zwar im März von 11,25 auf 11,00 Prozent. Wir sehen daher Spielraum für weitere Zinssenkungen in den kommenden Monaten. Diese würden bei Staatsanleihen in Landeswährung zu sinkenden Renditen und steigenden Kursen führen.
Ein weiteres überzeugendes Makrothema für Mexiko ist die Aussicht auf verstärkte Nearshoring-Aktivitäten: Unternehmen verlagern ihre Produktion näher an die Vereinigten Staaten, um die Lieferketten in den US-Markt zu verkürzen. Damit wollen sie das Risiko verringern, in geopolitische Spannungen zwischen den USA und China zu geraten. Wenn Mexiko die Infrastruktur verbessern und dadurch das volle Nearshoring-Potenzial nutzen kann, würde sich dies positiv auf das Gesamtwachstum und die Kreditwürdigkeit auswirken. Es gibt aber keine offensichtliche Möglichkeit, mit Anleihen direkt in diesen Bereich zu investieren.
Politische Seite gilt es zu beobachten
Auf der Risikoseite beobachten wir aufmerksam die politische Agenda. Das starke Abschneiden von MORENA bei den Wahlen im Juni verschafft der Regierung die für die Verabschiedung von Verfassungsänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit sowie eine sehr komfortable Mehrheit für einfache Gesetze. Dieses beträchtliche politische Kapital dürfte der neuen Präsidentin Claudia Sheinbaum dabei helfen, eine nachhaltigere finanzielle Lösung für die Schuldenprobleme von PEMEX zu finden. Das erklärt die relative Outperformance der Anleihen des Unternehmens.
Problematisch an dieser Super-Mehrheit könnte jedoch sein, dass MORENA seine geplanten Strukturreformen verwirklichen kann – darunter Maßnahmen, die die Kontrolle der Exekutive seitens der Wahlbehörden, des Obersten Gerichtshofs und unabhängiger Regulierungsbehörden untergraben. Darüber hinaus gehören zu den erklärten Zielen von MORENA auch Maßnahmen zur Verankerung der steigenden Sozialleistungen und anderer öffentlicher Ausgaben in der Verfassung. Wir erkennen zwar an, dass staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichheit und Armut notwendig sind. Allerdings befürchten wir, dass eine geringere Flexibilität im Haushalt zu steigenden Defiziten und zusätzlicher Verschuldung führt – wenn nicht zugleich ein entsprechender Fokus auf die Einnahmen gelegt wird.
Graham Stock ist Senior-Stratege für Schwellenländerstaatsanleihen bei
RBC BlueBay AM
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