Hybridanleihen: attraktive Alternative zu Hochzinsanleihen

Uriel Saragusti, LFDE - La Financière de l’Echiquier
Uriel Saragusti / Bild: LFDE - La Financière de l’Echiquier
Wer in den vergangenen zwei Jahren in Corporate Hybrid Bonds investiert war, musste einiges durchmachen. Wie bei allen festverzinslichen Assetklassen hat die sehr schnelle Anhebung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) auch die Kurse der Anleihen 2022 auf Talfahrt geschickt. Und auch das Volumen der Neuemissionen brach 2022 nach 40 Milliarden Euro 2021 auf etwas mehr als zehn Milliarden Euro ein. Im vergangenen Jahr gab es zwar eine gewisse Erholung. Eine deutliche Verbesserung erwarten wir jedoch in diesem Jahr: Nach zwei Jahren geringer Emissionstätigkeit gehen wir nun von einer wesentlich stärkeren Dynamik aus.
 
Sobald die europäische Geldpolitik klarer wird, sollten auch die Aktivitäten im M&A-Sektor in Europa wieder anziehen. Die Finanzierung von Zukäufen aber auch von Projekten zur grünen Transformation sind wesentliche Bereiche, wo wir mit neuen Emittenten auf dem Markt rechnen. Unternehmen aus verschiedensten Branchen dürften diese Finanzierungsform künftig stärker nutzen. Denn Hybrid Bonds bieten für Investoren wie Emittenten einige Vorteile, die sie sowohl von Senior Bonds, also erstrangig besicherten Anleihen, als auch von Hochzinsanleihen positiv unterscheiden.

Alternatives Rendite-Risikoprofil für Rentenportfolio

Zwar sind Hybridanleihen nachrangig besichert. Im Falle der Insolvenz des Emittenten werden sie also erst nach den Senior Bonds bedient. Allerdings setzen wir nur auf Hybridanleihen von Emittenten mit Investment-Grade-Rating. Ausfälle bei diesen Unternehmen sind statistisch gesehen weniger wahrscheinlich. Zudem bieten die Hybridanleihen eine deutlich höhere Verzinsung als Senior Bonds, die sie sogar in die Nähe von Hochzinsanleihen bringt. Bei Unternehmen mit Investment-Grade-Rating sehen wir bei ihren Hybridanleihen einen Zinsaufschlag von etwa 150 Basispunkten im Vergleich zu Senior Bonds desselben Unternehmens.
 
Allerdings gibt es ein höheres Marktrisiko bei diesen Produkten, da sie empfindlich auf Bewegungen der Credit-Spreads am Markt reagieren. Das liegt in der Ausgestaltung der Hybridanleihe. Neben dem nachrangigen Charakter der Anleihe ist dies im Wesentlichen auf zwei Aspekte zurückzuführen. Der wichtigste ist der unbefristete Charakter der Anleihe, da der Emittent über bestimmte Zeiträume verfügt, in denen er die Anleihe nach eigenem Ermessen im Voraus zurückzahlen kann. Der zweite Aspekt ist die Struktur der Hybridanleihe, insbesondere die Möglichkeit, dass der Emittent die Zinszahlungen aussetzen kann, auch wenn dies äußerst selten vorkommt.
 
Attraktiv sind Corporate Hybrid Bonds von Investment-Grade-Emittenten auch im Vergleich mit Additional Tier 1 Bonds (AT1) von Finanzinstituten. Ein Blick auf 2023 zeigt ein besonderes Risiko der AT1-Anleihen: Diese sogenannten CoCo-Bonds wurden im Zuge der Krise der US-Regionalbanken und der Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS stark in Mitleidenschaft gezogen. Diese Anleihen wurden dem Eigenkapital der Bank zugeschlagen, um eine Insolvenz zu verhindern. Investoren gingen leer aus. Während das Ausfallrisiko bei allen festverzinslichen Anlageklassen inhärent ist, birgt das Segment der hybriden Unternehmensanleihen ein geringeres systemisches Risiko, da es viel stärker auf eine Vielzahl von Sektoren mit geringeren Verflechtungen verteilt ist.
 
Aktives Bond Picking und eine starke Sektormeinung sind jedoch nach wie vor sehr wichtig, da auch Emittenten aus dem Immobilienbereich diese Finanzierungsform nutzen und derzeit mit hohen Zinsen zu kämpfen haben. Hybridanleihen sind zudem ein nahezu rein europäisches Geschäft, was Großbritannien miteinschließt. Mit einem ausstehenden Volumen von mehr als 200 Mrd. Euro in 2023 ist es aber auch ein sehr liquider Markt mit namhaften Emittenten wie Total, Iberdrola, Vodafone, Vattenfall, Enel, Bertelsmann oder Volkswagen.

Ausgewogenes Finanzierungsinstrument für Emittenten

Die Vorteile für Emittenten liegen in einer zusätzlichen Finanzierungsform, die teilweise wie Eigenkapital behandelt wird und sich entsprechend positiv auf das Senior Rating auswirkt. Deshalb kommen Newcomer häufig auf den Markt, um Akquisitionen oder große Investitionsvorhaben über Corporate Hybrids zu finanzieren. In bestimmten Fällen können Unternehmen auch die Emission neuer Aktien vermeiden oder reduzieren, was die Anteile der bestehenden Aktionäre verwässern würde.
 
Die meisten Emittenten in diesem Markt sind Unternehmen mit soliden Bilanzen – außerhalb des Immobiliensektors, wohlgemerkt. Unserer Meinung nach sind die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum des Marktes mit neuen Emittenten sehr gut. Die Renditen in dieser Anlageklasse sind im historischen Vergleich nach wie vor hoch und liegen im Durchschnitt bei 5 Prozent für Emittenten mit Investment-Grade-Rating, die nicht aus dem Immobiliensektor stammen.
Uriel Saragusti ist Fondsmanager des Echiquier Hybrid Bonds bei La Financière de l’Echiquier (LFDE). La Financière de l’Echiquier (LFDE) wurde 1991 gegründet, im Juli 2023 von LBP AM übernommen und ist eine der bedeutendsten und dynamischsten Fondsgesellschaften Frankreichs. LFDE verwaltet ein Vermögen von 12,2 Milliarden Euro (per 30.11.2023) und beschäftigt in ihren Niederlassungen in Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, der Schweiz und den Benelux-Ländern über 140 Mitarbeiter.
Haftungsausschluss
Die ausgedrückten Meinungen entsprechen den Einschätzungen des Autors. LFDE übernimmt dafür keine Haftung. Die genannten Unternehmen und Sektoren dienen als Beispiele. Es ist nicht garantiert, dass sie im Portfolio enthalten bleiben.