Eric Khaw / Bild: Nikko AM
Chinas Herausforderungen sind langfristiger Natur, aber nicht unüberwindbar. Der schwache Immobiliensektor bereitet Sorgen. Aber wenn das Land die aktuelle Situation wendet und die richtigen Reformen ergreift, kann es in den nächsten 10 bis 15 Jahren gut abschneiden.

China heute ist nicht Japan damals

Aufgrund des zuletzt schwachen Wachstums wird China oft mit dem Japan der 1990er Jahre verglichen. Allerdings überwiegen die Unterschiede:
  1. Das Wachstumspotenzial ist in China viel höher.
  2. Die Inflation bei den Vermögenswerten ist weniger extrem als im damaligen Japan, wo der Immobilienwert das 5,6-fache des BIP ausmachte. In China liegt dieser Faktor bei etwa 2,6.
  3. Der chinesische Aktienmarkt befindet sich nicht in einer riesigen Blase, da ausländische Anleger China gegenüber immer eine gesunde Portion Skepsis an den Tag gelegt haben. Dies hielt die Bewertungen auf einem sehr niedrigen Niveau.
  4. Anders als in Japan, wo nach dem Platzen der Vermögenspreisblase Anfang der 1990er Jahre Geld- und Finanzpolitik extrem gestrafft wurden, ist das politische Umfeld in China immer noch sehr locker, mit Spielraum für weitere Lockerungen.
  5. Chinas Währung ist derzeit stabil, anders als der Yen in den 1990er Jahren, als er um über 200 Prozent aufwertete.

China braucht höhere Schulden und späteres Rentenalter

China hat ein großes Sparungleichgewicht, seine Sparquote ist viel höher als die Investitionsquote. Das bedeutet, dass das Land mit seinen überschüssigen Ersparnissen eine höhere Hebelwirkung erzielen muss. Die private Verschuldung ist niedriger als in den USA, Südkorea, Japan und vielen anderen Ländern. Auch die Staatsverschuldung Chinas liegt nach Angaben des Internationalen Währungsfonds nur bei etwa 71 Prozent und damit deutlich niedriger als in Japan und den USA. Die Verschuldungsquote hat also viel Luft nach oben.
 
Mit seiner hohen Sparquote muss China viel mehr Schulden anhäufen. Je mehr gespart wird, desto mehr Kredite müssen für Chinas Finanzintermediation aufgenommen und vergeben werden. Die Ersparnisse müssen entweder in heimische Investitionen umgewandelt oder ins Ausland verliehen werden. In der Vergangenheit konnte China seine überschüssigen Ersparnisse ins Ausland exportieren. Doch jetzt sind diesen Exporten geopolitische Grenzen gesetzt. Mehr Ausgaben sind für die chinesische Regierung möglicherweise der einzige Ausweg.
 
Ein weiteres Problem ist die schrumpfende Bevölkerung. Die Zahl der Erwerbstätigen hat vor einigen Jahren ihren Höhepunkt erreicht. In den nächsten 10 bis 15 Jahren ist das noch unbedenklich, denn das Renteneintrittsalter ist im internationalen Vergleich sehr niedrig; dieses Alter ließe sich noch anheben.

Wachstumsmodell Industrialisierung 2.0

Chinas langfristiger Wachstumsplan unterscheidet sich stark von dem des Westens, der auf mehr Konsum abzielt. China setzt mit „Industrialisierung 2.0“ auf Elektrofahrzeuge, Automatisierung, Robotik und erneuerbare Technologien. Der prozentuale Anteil der Elektroautos an den Fahrzeugverkäufen ist hoch, und China exportiert derzeit seine Elektroautos ins Ausland. Die Exporte von BYD z.B. sind seit Jahresbeginn um das 6,5-fache gestiegen; der Autobauer verkauft inzwischen in 50 Länder.
 
Chinas Plan bietet großes Wachstumspotenzial für das Land und Chancen für Investoren. Allerdings sind Reformen notwendig, um die Wirtschaft von den Sektoren Immobilien und Infrastruktur mehr auf hochwertige Produktion und Konsum umzustellen. Die Finanzierungskanäle der Kommunalverwaltungen müssen reformiert werden, um weniger abhängig vom Grundstücksverkauf zu sein. Wir sind zuversichtlich, dass China seine Reformen erfolgreich durchführen und in den kommenden 10 bis 15 Jahren ein gutes Wachstum erzielen kann.
Eric Khaw ist Senior Portfolio Manager für asiatische Aktien bei Nikko Asset Management,

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