Profis behalten die Nerven

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
„Leg mal eine Pause ein, schau bei der FED herein“, könnte das Motto dieser Woche lauten, hat die US-Zentralbank auf ihrer Sitzung doch auf einen weiteren Zinsschritt verzichtet. Dem Dax tat es gut und er sprang flugs und einigermaßen leichtfüßig (wie Dachse halt so springen) über die 15.000er Marke. Die Fuchs-Briefe rufen prompt den „Startschuss für die Jahresendrallye“ aus, wobei sich Füchse und Dachse nicht besonders mögen. Geopolitisch bleibt die Lage fragil, die „Eskalationsgefahr wächst“, titelt das Handelsblatt. Weil in der Euro-Zone die Inflation auf 2,9 Prozent gefallen ist, schallt nun ein „Ruf nach Zinssenkung“ Christine Lagarde um die Ohren, so ebenfalls im Handelsblatt zu lesen, während die Frankfurter Allgemeine Zeitung schlicht fragt: „Wann senkt die EZB die Zinsen?“ Und zuletzt, die KI macht es möglich, posthum erscheint mit Now and Then ein neuer Beatles-Song, ob es auch ein Hit wird, muss sich noch zeigen. "Es ist ein Abgesang", so Die Welt dazu. Grund für uns, an ein paar wenige wirkliche Beatles-Hits zu erinnern, quasi als Paperback Writer.

Rote Achterbahn

Angesichts der schwierigen Gemengelage sieht Focus Money rot (so das Titelbild) und fragt in großen Lettern: „Was tun?“ Konkret geht dies an die sechs (warum nicht sieben, dazu später mehr) „Star-Investoren“ Jens Ehrhardt, Ken Fisher, Sonja Laud, Carsten Mumm, Anja Hochberg und Michael Bourke. Nicht ganz so rot sieht Börse Online und mahnt angesichts der „Achterbahn-Börse“ zu „Nerven behalten“. Das Blatt stiftet Trost: „Profis sind sich sicher: Die Kurse erholen sich wieder!“ Untermauert wird dies mit einem stark ansteigenden, grünen Pfeil, beschriftet mit „Dax steigt auf 17.500“! Da sind wir gespannt, auch dieses Magazin setzt auf Experten und nimmt Robert Halver, Sven Streibel und Frank Fischer auf den Titel. Setzt sich das Name Dropping bei Der Aktionär fort? Nicht ganz, hier kommt nur einer, dafür aber ein „Trading-Guru“ zu Wort: Jack Schwager. „Hopp oder Top?“ lautet der mit aufrecht stehenden Geldbündeln geschmückte Titel. „Gewinnturbo für Mutige: Bis zu 50 Prozent mit Fallen Angels“ lautet die Unterzeile, die uns zu dem Beatles-Song Lucy in the Sky with Diamonds inspiriert.

Falsche Pyramide

Es gibt bekanntlich sieben Todsünden, aber ob die heute noch zum Allgemeinwissen gehören, ist fraglich. Ob sie für das menschliche Sündenregister inzwischen noch ausreichen, ebenfalls. Sam Bankman-Fried, kurz SBF, der Gründer der abstrus-kryptischen Kryptobörse FTX, wurde jetzt in sieben Anklagepunkten für schuldig gesprochen, die von Betrug über Verschwörung bis zu Geldwäsche reichen. Gier ist eine der Todsünden und wird nicht immer mit Gefängnis bestraft – und da stehen für „SBF“ immerhin 110 Jahre im Raum, die wohl auch nicht durch Abbitte zu verkürzen sind! „Bankman-Fried in Betrugsprozess schuldig gesprochen“ titelt die Süddeutsche Zeitung und ja, nicht immer ist der Name auch Programm. Das Blatt zitiert außerdem aus dem Schlussplädoyer des Anklägers, der offensichtlich mit einer (heutzutage seltenen) rhetorischen Gabe gesegnet ist: „Dies war eine Pyramide des Betrugs, die der Angeklagte auf einem Fundament aus Lügen und falschen Versprechungen aufgebaut hat, nur um an Geld zu kommen“. A Hard Day’s Night, könnte SBF wohl noch ziemlich oft summen, multiplizieren wir 365 mit 110, vielleicht abwechselnd mit I‘m a Loser?

Kleine Sieben

Walt Disney plant seit längerem eine Neuauflage seines immerhin 88 Jahre alten Zeichenfilmklassikers Schneewittchen und die sieben Zwerge als Realversion. Weshalb die Zwerge auch keine Zwerge sein sollten, sondern „magische Wesen“ oder schlicht „Räuber“. Bis dato wussten wir nicht, dass Räuber magische Wesen sind, aber gut. Das hat Disney nun wohl geändert und heraus kamen animierte, dickbäuchige und bärtige Zwerge, die so in jedem besseren Vorgarten stehen könnten. Auch wir wurden animiert, nämlich zu dieser Vorrede, durch einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Immer mehr Zwerge im Dax“. Als der Dax auf 40 Unternehmen aufgestockt wurde, lag keine der alten oder neuen Gesellschaften bei einer Marktkapitalisierung von unter 10 Mrd. Euro. Heute sind es jedoch – womit wir bei unserer Einleitung wären – sieben! Ob der Beatles-Song Long, Long, Long etwa eine Empfehlung für Anleger sein sollte, möchten wir hier nicht vertiefen, halten vielmehr Money (That’s What I Want) für hilfreicher.