Schutz der Biodiversität bietet neue Chancen für Green Bonds

Holger Mertens, Nikko Asset Management
Holger Mertens /Bild: Nikko Asset Managemen
Die biologische Vielfalt zu bewahren, ist nicht nur eine Notwendigkeit. Sie bietet auch große Chancen für Green Bonds. Aber wie setzt man auf die richtigen Emittenten?

Wirtschaft (ver)braucht Natur

Die schwindenden Ressourcen der Erde werden immer wieder überbeansprucht und nicht wieder auffüllt. Der Earth Overshoot Day zeigt das sehr deutlich. Er bezeichnet den Tag, an dem im jeweiligen Jahr die Nachfrage nach ökologischen Ressourcen und Dienstleistungen das übersteigt, was die Erde in diesem Jahr regenerieren kann. 2023 fiel dieser Tag auf den 2. August – viel früher als noch vor einigen Jahren.
 
Dabei trägt die Natur trägt massiv zum Wachstum bei. Mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung hängt (laut PWC) mäßig oder stark von der Natur ab. Die Notwendigkeit, unseren Umgang mit ihr zu verändern, bietet eine große Chance für Green Bonds.

Neue Stoßrichtung für grüne Anleihen

Bislang fokussieren sich viele Emittenten auf die Finanzierung des Übergangs zur CO2-Neutralität. Weit weniger befassen sich mit regenerativen Biodiversitätsprojekten oder Initiativen, die unsere Ökosysteme vor dem Verlust schützen wollen. In dem Maße, wie das Bewusstsein für die Bedrohung der biologischen Vielfalt wächst, wird die Nachfrage von Anlegern steigen. Anleger werden außerdem zunehmend versuchen, Unternehmen zu meiden, die diese Vielfalt bedrohen. Ähnliches droht Unternehmen, deren Wertschöpfung stark von der Natur abhängt und die keine Strategien zur Erneuerung und Wiederherstellung umsetzen.

Investieren in neue Research-Modelle: Kategorisieren, Messen

Da es sich bei der biologischen Vielfalt um ein noch junges Gebiet des Investmentresearch handelt, müssen professionelle Assetmanager Unternehmen zunächst kategorisieren – in Unternehmen,  
  1. deren Aktivitäten sich direkt auf die biologische Vielfalt auswirken
  2. deren Aktivitäten von der biologischen Vielfalt abhängen
  3. die sich um die Verbesserung der biologischen Vielfalt bemühen.

Als nächstes muss der Ökosystem-Fußabdruck der Auswirkungen und Abhängigkeiten gemessen werden, zum Beispiel anhand des Natur- und Biodiversitätsrisikodatensatzes der Rating- und Research-Agentur S&P. Demnach haben übrigens Basiskonsumgüter und Versorgungsunternehmen den größten Abdruck.

Luft nach oben bei der Transparenz

Alle Methoden zur Bewertung der Auswirkungen/Abhängigkeiten sind jedoch nur so gut wie die ihnen zugrundeliegenden Daten. Mehrere neue Initiativen zielen darauf ab, freiwillige Offenlegungsstandards zu fördern, die sowohl biodiversitätssensible Gebiete als auch alle Bereiche der CO2-Emissionen berücksichtigen. Vielversprechende Bemühungen unternimmt die EU, aber es bleibt noch viel zu tun, um mehr Transparenz zu erreichen.
 
Bei den Unternehmen wird sich erst mit der Zeit zeigen, ob sie freiwillig Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt eingehen oder ob regulatorischer Druck erforderlich sein wird. In der Zwischenzeit können Investoren durch Engagement-Initiativen wie Nature Action 100 (NA100) eine größere Rolle spielen.

Viel zu tun für Assetmanager

Die Asset-Management-Branche hat bereits beim Thema Klimawandel gezeigt, dass sie sowohl Anleger als auch Unternehmen dazu bewegen kann, sich mit diesem Thema zu befassen. In Zukunft müssen die Vermögensverwalter ihre Research-Bemühungen zum Schutz der biologischen Vielfalt verfeinern, zuverlässige Datenbanken aufbauen und Unternehmen mit Kapital unterstützen, indem sie ernsthafte Projekte finanzieren, die auf die Wiederherstellung und Erneuerung unserer natürlichen Welt abzielen.
Holger Mertens ist Head Portfolio Manager Global Credit von Nikko Asset Management und Manager des Global Green Bond Fund.