Sorgen vor einer Bankenkrise und einer daraus resultierenden eskalierenden geldpolitischen Straffung bleiben präsent und schüren Spekulationen, ob und in welcher Höhe die Notenbanken – insbesondere die Fed – weitere Zinsanhebungen vornehmen werden. Die Banken werden im aktuellen Umfeld volatiler Einlagenflüsse immer weniger bereit sein, Kredite zu vergeben. Neben einer schweren Rezession, die zu mehr Kreditausfällen führen und Zweifel an der Kapitalisierung von Banken mit sich bringen würde, sind es aber auch die Notenbanken, die eine Bankenkrise verursachen können. Denn wann immer die Fed oder andere Notenbanken in der Vergangenheit eine drastische geldpolitische Wende vollzogen haben, ergaben sich im Finanzsektor ungewollte Nebeneffekte – vor allem, wenn dieser Wende eine lange Phase einer außerordentlich expansiven Geldpolitik vorausgegangen war; Zuletzt war das Anfang der 1980er Jahre der Fall, als die Fed ihre letzte drastische Zinswende vollzog. Ursache der Verwerfungen auf den Finanzmärkten ist zum einen meist eine zu laxe Geldpolitik, die Spekulationen, Blasen und Erwartungen von anhaltend niedrigen Zinsen verursacht. Zum anderen ist es dann die geldpolitische Korrektur selbst, die Vermögensbewertungen zerstört und die Kosten für Liquidität in die Höhe treibt.
Notenbanken spielen also bei ihrem Versuch, die Wirtschaft zu steuern bzw. anhaltend zu unterstützen, eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von Bankenkrisen. Der Glaube, Notenbanken könnten Volkswirtschaften stabilisieren bzw. steuern, ist deshalb ein bedeutender Auslöser von Bankenkrisen. Denn es wird oft unterschätzt, dass der geldpolitische Transmissionsmechanismus einen langen Zeitraum benötigt und deshalb oftmals intransparent ist, was zu Überreaktionen führen kann, die erst spät sichtbar werden. So war es die zu expansive Geldpolitik der 70er Jahre, welche die Fed zu drastischen Schritten Anfang der 80er Jahre bewegt hatte. Zögern die Notenbanken hingegen zu lange und warten, bis die Folgen ihrer Straffung klar erkennbar sind, führt auch dies zu möglichen Übertreibungen und damit realwirtschaftlichen Turbulenzen. Durch die Dauer und Komplexität des Transmissionsmechanismus ist es einer Notenbank fast unmöglich, ein „soft landing“ zu erreichen.
Einschätzung: Die verschärfte Regulatorik infolge der Finanzkrise hat das Finanzsystem robuster gegen Krisen werden lassen. Dies gilt vor allem für die Euro-Zone. Die Gefahr einer möglichen Schieflage infolge der EZB-Politik hat dennoch zugenommen. In den USA könnten die Bankenprobleme anhalten. Die Abflüsse bei der
First Republic Bank, die sich allein im ersten Quartal 2023 auf 100 Mrd. US-$ und damit fast 50 Prozent der Bilanzsumme von 2022 beliefen, zeigen eindrucksvoll, wie sensitiv Einlagen bzw. Bankkunden auf schlechte Nachrichten reagieren. So kann selbst eine banale Entwicklung oder Nachricht zu einem Bankenproblem führen. Aktuell ist das Thema in den USA noch nicht durch, und auch Banken in der Euro-Zone sind nicht sicher vor abrupten Liquiditätsabflüssen.