Ein Plädoyer für Qualitätsjournalismus - Die Journalistenpreise der bayerischen Volksbanken Raiffeisenbanken

Ulrich Kirstein
Bild: GVB - Genossenschaftsverband Bayern 
Im Zeitalter von Fake News und ungefilterten Social Media Ausbrüchen gewinnt Qualitätsjournalismus als neutrales Gegengewicht immer größere Bedeutung für das Funktionieren unserer Demokratie. Doch der Journalismus sieht sich nicht nur sinkenden Auflagenzahlen im Printbereich und verminderten Anzeigenbudgets der Wirtschaft gegenüber, sondern auch einer wachsenden Skepsis gegenüber dem Berufsstand insgesamt. Vorgefertigte Meinung und schludriger Umgang mit Fakten in immer kleiner gehaltenen Redaktionsteams wird ihm gerne vorgeworfen. Und Journalistenpreise werden inzwischen durchaus kritisch hinterfragt, keimt einem seit der Spiegel-Relotius-Affäre doch die Frage auf, ob nicht gerade hochgelobte Preisträger jenseits des Faktischen der Jury nach dem Munde schrieben und den Redakteur mit dem Schriftsteller verwechselten. Daran erinnerte auch Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB), bei der von seinem Verband ausgerichteten Abendveranstaltung im Literaturhaus München. Doch bei den Journalistenpreisen für herausragende publizistische Arbeiten durch den GVB bürgten sowohl die qualitativ hochrangig besetzte Jury als auch die gezeigten Werke der Preisträger dafür, dass es hier um Fakten, wenn auch größtenteils ziemlich missliche, ging.

Am Puls der Zeit

Die drei Preise über insgesamt 20.000 Euro wurden in drei Kategorien vergeben und aus über 60 eingereichten Arbeiten von der Jury ausgewählt. "Die prämierten Beiträge sind am Puls der Zeit. Emotional, relevant, informativ, faktensicher – so wie ich Medien mag“, sprach Gros bei der Abendveranstaltung im Literaturhaus München über die Preisträger. Der Landesbüroleiter Bayern der Deutschen Presseagentur, Roland Freund, hob in seiner eloquenten Festrede einmal mehr die Bedeutung von journalistischer Sorgfalt und Qualitätskontrolle hervor. "Das professionelle Überprüfen von Informationen ist schon immer journalistisches Grundhandwerk. Es wird aber wichtiger denn je angesichts nahezu perfekter digitaler Fälschungen durch sogenannte Künstliche Intelligenz – und dieses Verifizieren muss selbst auch immer technischer werden", so Freund. Es brauche also mehr und nicht weniger Journalismus und wir als Gesellschaft und Wirtschaft haben den Journalismus, den wir verdienen, respektive, den wir uns leisten (wollen). Schon zu Beginn seiner Rede stellte Freund dem nachdenklichen Auditorium die (rhetorische) Frage, ob er denn wirklich dieser Freund von der dpa sei oder vielleicht einfach nur ein Fake, jemand der sich für ihn ausgebe? Ein Fake war er aber genauso wenig wie das anschließende Buffet!

Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Preis für ein Reporterteam des BR

Die Preisträger Vanessa Lünenschloß und Jan Zimmermann vom Bayerischen Rundfunk haben in ihrer TV-Reportage "Europas dreckige Ernte" die unmenschlichen Bedingungen, unter denen mitten in Europa - in Süditalien und Südspanien - Erntehelfer arbeiten und vegetieren müssen, dargestellt. Ein Jahr Recherche und riskante Berichte vor Ort - schließlich ist auch die Mafia in diese Geschäfte involviert - überzeugten nicht nur die Jury. Laudator Ivo Knahn von der Main-Post erinnerten die Zustände an moderne Sklaverei, unwürdig für Europa. Besonders ärgerlich, obwohl die beiden Reporter über ihre Recherche-Ergebnisse auch dem Europäischen Parlament in Straßburg berichteten, erhalten die Drangsalierer - Arbeitgeber wäre zu hoch gegriffen - auch weiterhin Millionen EU-Fördergelder.

Hermann-Schulze-Delitzsch-Preis für Main-Post-Redakteurin

Wir alle brauchen es zum Leben und sind auf seine hohe Qualität angewiesen: Wasser. Angelika Kleinhenz von der Main-Post berichtete in einer Serie von Artikeln über verunreinigtes Trinkwasser, das 50.000 Menschen in Unterfranken mehrere Wochen lang dazu zwang, ihr Wasser abzukochen. Auf Ursachenforschung begab sie sich vor Ort auf die Suche nach einem versteckten Hochbehälter, bewaffnet mit Google-Maps und Gummistiefeln. Weshalb ihre Jurorin, Brand eins Redakteurin Susanne Schäfer und selbst einst Preisträgerin dieser Kategorie, in ihrer Rede erklärte, dass sich die Artikel wie ein Krimi lesen lassen - nun sind Krimis aus der Provinz zwar in Mode, aber auch darauf wies Susanne Schäfer hin, Wasser sieht man als Normalbürger in vielen Fällen nicht an, ob es verschmutzt ist, weshalb Vertrauen in den lokalen Versorger dringend notwendig ist. Erfreulich waren die Erkenntnisse von Angelika Kleinhenz so wenig wie diejenigen ihrer BR-Kollegen und tatsächlich ausgeräumt ist das Problem bis heute nicht. Aber auch darüber wird Angelika Kleinhenz mit der ihr innewohnenden Beharrlichkeit weiter berichten.

Förderpreis für Krautreporterin

Dass sich junge Leute mit einem so spröden Thema wie der Altersvorsorge befassen, ist ziemlich selten, schon allein, weil darin zwei unangenehme Wörter stecken: "Alter" und "Sorge". Katharina Mau nahm sich des Themas trotzdem und, wie sie betonte, freiwillig an und schuf eine fulminante Serie aus Texten und Videos für die Plattform krautreporter.de unter dem Titel "Deine Altersvorsorge". Ihr Laudator, Finanz-Szene.de-Herausgeber Heinz-Roger Dohms, fühlte sich von diesen Berichten gepackt wie von einer Netflix-Serie. Da bleibt ihr nur zu wünschen, dass möglichst viele Junge Leute sich davon gepackt fühlen und handeln, denn für sie ist die Altersvorsorge besonders wichtig!
 
Mehr Informationen und Berichte über und von den Preisträgern sind auf der Webseite des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) hier versammelt!