Die Bankenlandschaft sieht völlig anders aus als 2008

Mark Dowding, BlueBay, RBC BlueBay Asset Management
Mark Dowding, BlueBay, RBC BlueBay Asset Management
Nach dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) kam es zu wilden Kursbewegungen an den Finanzmärkten. Die Befürchtung eines Ansturms auf die Einlagen anderer regionaler Banken löste die Sorge aus, dass wir Zeugen eines systemischen Ereignisses mit weitreichenden Folgen für die Wirtschaft werden könnten.

Die von der US-Notenbank Federal Reserve und dem Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation ergriffenen Maßnahmen zum Schutz nicht versicherter Einlagen trugen jedoch dazu bei, einige dieser Bedenken zu zerstreuen.

Die Wurzeln des Zusammenbruchs der SVB scheinen in chronischen Versäumnissen im Risikomanagement zu liegen. Es handelt sich wohl um ein isoliertes Ereignis: Zwar haben wir in den vergangenen Tagen eine gewisse Einlagenflucht aus kleineren Instituten beobachtet. Es ist aber beruhigend, dass weitere Bankenpleiten vermieden wurden.

Auf der anderen Seite des Atlantiks geriet die Credit Suisse erheblich unter Druck. Das angeschlagene Institut leidet schon seit einiger Zeit unter Negativmeldungen und Vertrauensverlust. Nun sah sich die Schweizerische Nationalbank zur Ankündigung von Liquiditätshilfen gezwungen, um eine Todesspirale bei der Bank abzuwenden.

Erinnerungen an 2008

Die Krisen bei der SVB und der Credit Suisse haben Erinnerungen an 2008 geweckt. In Wahrheit aber sind die heutigen Probleme ganz anderer Natur. Damals waren die Banken deutlich weniger stark reguliert, übermäßig verschuldet und schlecht kapitalisiert. Darüber hinaus waren es die Wertminderungen bei US-Hypotheken, die als Katalysator wirkten und den Zusammenbruch auslösten. Im Jahr 2023 sieht die Bankenlandschaft völlig anders aus.  

Allgemein herrscht das Gefühl vor: Wenn die SVB ein Einzelfall ist, wird er innerhalb der nächsten Wochen weitgehend vergessen sein. Aus unserer Sicht liegen daher alle falsch, die behaupten, der Zusammenbruch der Bank sei ein Zeichen für eine bevorstehende Rezession und erfordere einen geldpolitischen Kurswechsel der Fed.

Auch wenn die Kreditvergabestandards strenger werden und dies auf eine weitere Verschärfung der finanziellen Bedingungen schließen lässt: In der Realwirtschaft selbst hat sich wohl nicht allzu viel verändert. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell hat erst vor einer Woche vor dem US-Kongress gesagt, dass die Zinssätze im Laufe der kommenden Monate möglicherweise weiterhin deutlich höher liegen müssen als heute.

Fed und EZB werden die Zinsen weiter erhöhen

Wir sind ziemlich sicher, dass der Offenmarktausschuss der US-Notenbank nächste Woche eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte vornehmen wird. Unserer Meinung nach werden die Zinssätze in den kommenden Monaten einen Höchststand von fast 5,5 Prozent erreichen und dann mindestens einige Quartale lang auf diesem Niveau bleiben.

In der Eurozone hat die Europäische Zentralbank wie allgemein erwartet die Zinsen um 50 Basispunkte angehoben und damit den Einlagensatz auf 3 Prozent erhöht. Da die Kerninflation weiterhin problematisch ist, rechnen wir mit weiteren Schritten. Im Sommer dürfte dann bei 3,75 Prozent der Höhepunkt erreichen sein. Entscheidungsträger weisen immer wieder auf die überraschende Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft der Eurozone und die damit einhergehende robuste Inflation hin.

Es besteht die Sorge, dass die Geldpolitik hinterherhinkt. Wir sind aber der Meinung, dass sich das Tempo der Zinserhöhungen nun verlangsamen sollte. Die Zinssätze liegen aktuell deutlich über dem Wert, den der EZB-Rat als erwarteten langfristigen neutralen Zins ansieht. Natürlich könnte jede Bedrohung für die europäischen Banken diesen Kurs gefährden. Abgesehen von den Geschehnissen bei der Credit Suisse sehen wir jedoch nicht viele Gründe zur Besorgnis.
Mark Dowding ist Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management
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