Mit Karacho in den großen Crash?

Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Was war denn das wieder für eine Woche? Wenn man denkt, schlimmer kann es nicht mehr kommen, setzt irgendjemand noch einen drauf. Diese Mal ist wirklich nicht klar, wer dieser Jemand war: „Wer steckt dahinter“ fragt nicht nur die Süddeutsche Zeitung, wer sprengt da einfach Löcher in unsere Pipelines am Meeresgrund? „Sorge um Pipeline“ titelt das Handelsblatt dazu, während Die Welt orakelt: „Angriff auf Pipelines ging wohl von einem Staat aus“. Als ob das nicht genug des Ungemachs gewesen wäre, fuhren wir auch noch zweistellige Inflationsraten ein: „Inflation knackt 10-Prozent-Marke“ schreibt die Börsen-Zeitung in einem Special, das sie „Energiekrise und Inflation“ nennt. (Wir ahnen, warum sie dafür keine Anzeigenkunden gewinnen konnte). Nicht zweistellig, aber trotzdem einigermaßen heftig verloren die Börsen, der Dax kämpft seitdem um die 12.000 Punkte-Marke, „Banken fürchten einen heißen Börsenherbst“, heißt es im Handelsblatt, wohl nicht nur diese. Einziger, aber furioser Lichtblick: Der Dr. h.c. F. Porsche AG gelang ein fulminanter und gewichtiger Börsengang, den die Börsen-Zeitung einigermaßen nüchtern betextet: „Porsche AG gelingt IPO in schwierigem Umfeld“. Ach ja, und dann gab es noch diesen „Doppel-Wumms“ gegen die oder wegen der hohen Energiepreise. Warum uns die Kita-Sprache der Bundesregierung jetzt beruhigen soll, blieb jedoch im Unklaren: „200-Milliarden-Schirm gegen verteuerte Energie“ so klingt es in Die Welt, während die Abendzeitung des Kanzlers Wortwahl aufnimmt: „Das bringt der Doppel-Wumms“.

Mit Karacho zur Jahresendrally – oder in den Crash

Dem Porsche-Börsengang widmet sich Focus Money prominent: Unter der Zeile „Mit Karacho an die Böse“ flitzen zwei Porsches von oben betrachtet quer übers Titelblatt. Grund für das Magazin, auch noch den „großen Auto-Vergleich“ zu bringen und „Porsche als neuer Star im Luxus-Club“ zu feiern. „Glamour im Depot“ lesen wir dazu im Heft – dabei würde uns schon Rendite reichen. Einen rot gezackten, an Stahl erinnernden Abwärtskursverlauf, der dann selbst Granit durchstößt, zeigt uns  Börsen online und fragt: „Ist das Schlimmste schon vorbei?“ Das wüssten wir auch gerne. Ist der Granit also die vielgesuchte Bodenbildung? „Jahresendrally…oder der große Crash“ gibt uns das Blatt vor, ja was denn nun? Euro am Sonntag packt uns hingegen bei unserem Ego: „Wer Verstand hat, kauft jetzt…“! Und wer nicht kauft? Und was? Dazu gibt es mehr auf dem Titel: „…supergünstige Qualitätsaktien…krisenfeste Dividendenstars…ETFs mit Langfristpower“. Daneben ein kleiner Abreißkalender mit dem lockenden Datum: „März 2023: 50 % GEWINN“! Dann können die Nebenkostenabrechnungen ja kommen! Die Inflation griffig auf den Punkt bringt die aktuelle Ausgabe von TIAM. Trends im Asset Management: Eine 1-Euro-Münze ist mit einem Preisschild beklebt und für 0,89 Euro zu haben!

Kurssturz nach der Börsenglocke

Die Freude am erfolgreichen Börsengang von Porsche mindert uns die Frankfurter Allgemeine Zeitung denn doch ein wenig: „Dem Börsengang folgt oft der Kurssturz“. Nicht immer bedeutet ein rasanter Kursanstieg beim IPO auch nachhaltigen Erfolg, leider gibt es Negativbeispiele zur Genüge – die FAZ zählt einige Unternehmen auf, die mehr als 80 Prozent verloren haben seit ihrem Börsendebut im Jahr 2021. Aber: Porsche sei in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall – ein Trost für alle Neu-Anleger. Das bekräftigt auch die Börsen-Zeitung und schränkt es gleich wieder ein: „Luxusautos werfen mehr Profit ab – aber nicht immer“! Beim Vergleich von Porsche, Ferrari und Aston Martin fährt die Marke von James Bond deutlich hinterher, kein Wunder, 007 fährt seinen Wagen im Auftrag ihrer Majestät ja auch regelmäßig zu Schrott.

Stein auf Stein

Wer Kinder hat, kennt das: Der Wohnzimmerboden um den Christbaum liegt voller kleiner Steinchen, eine telefonbuchdicke Gebrauchsanleitung wird heftig durchblättert und der Nachwuchs baut fieberhaft und ohne Unterbrechung, nur manchmal fehlt genau der Stein, der gebraucht wird, und den nur die Eltern finden können. Es geht um Lego und der Konzern aus Dänemark ist zwar leider (noch?) nicht börsennotiert, sieht sich aber mit inzwischen 770 (!) verschiedenen Baukästen bestens gerüstet auch in widrigen Zeiten Umsatz- und Gewinn zu steigern. „Lego arbeitet an größerem Sortiment“ heißt es dazu in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und in München wurde der „Größte Legshop Deutschlands“ eröffnet, so die Abendzeitung – wenn das nicht auch einmal positive Nachrichten sind. Und zum Trost und aus eigener Erfahrung an alle Eltern: Die Legozeit geht vorbei – aber, damit der Tost nicht zu umfassend ausfällt, die Kids finden ausreichend andere Dinge, die sie gleichmäßig auf dem Zimmerboden verteilen können!

Doppel

Zum letzten Mal greifen wir auf das Thema Oktoberfest zurück: Daran lassen sich deutlich die Irrungen, Wirrungen, um einmal mit Fontane zu sprechen, des Kapitalismus erkennen. Ein Supermarkt in unmittelbarer Wiesnnähe hat den Preis pro Bierflasche verdoppelt. „Nicht nur auf der Wiesn ist das Bier teuer“, textete die Augsburger Allgemeine (etwas lustlos) dazu. Damit ist das „Vorglühen“ immer noch sehr viel günstiger als auf der Wiesn, für normale Anwohner ist das Bierchen am Abend jedoch deutlich teurer als normal. Da es sich ausgerechnet und aus naheliegenden Gründen um den Supermarkt des Vertrauens des Schreibers dieser Zeilen handelt, freuen wir uns doppelt, dass wir zur Zeit des Oktoberfestes auf Wein zurückgreifen. Nur der ist wieder mehr als doppelt so teuer wie das gedoppelte Wiesnbier, was für Zeiten!

Am Ende ein Schlusswort

„Schade um unser aller Zeit“, war eine Rezension in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (über die neue Netflix-Serie „Die Kaiserin“, mit der selbstverständlich Sisi gemeint ist) überschrieben und wir hoffen, dass dies nicht auf diese Zeilen zutrifft, wenn ja, bitten wir um Entschuldigung - und der nächste Freitag kommt bestimmt!