Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Es war die Woche der Notenbanken und den Anfang machte die Fed, die die Zinsen mit 75 Basispunkten moderater erhöhte als von vielen erwartet, die auf die glatte 100 gesetzt hatten. „US-Notenbank hebt erneut um 75 Basispunkte an“, so die Börsen-Zeitung und wie aus dem Western Euro am Sonntag: „Powell lädt durch“! Die Bank of England, die Schweizer Nationalbank, die Bank of Japan – insgesamt 16 Zentralbanken meldeten sich zu Wort (aber nicht alle wurden gehört). Die Ursache für die Zinserhöhungen ist auch ausgemacht: „Erzeugerpreise mit Rekordanstieg: Das verheißt nichts Gutes für die Inflation“ lesen wir in der WirtschaftsWoche. Die Märkte reagierten nervös, wie wir gerne schreiben, gemeint sind aber eher die Investoren und Anleger. So ging es im DAX diese Woche stetig bergab, 300 Punkte büßte er ein. Thema war außerdem die Rezession: „Private Banken: Deutsche Wirtschaft rutscht im Winter in Rezession“ so das Handelsblatt. Da geben wir den Textern doch gerne Schützenhilfe für die restlichen Jahreszeiten: „… blüht im Frühling in Rezession…schwimmt im Sommer in Rezession…stürmt im Herbst in Rezession“. Und dann ist sie ja vielleicht vorbei?

Verrückt

Wurden uns vergangene Woche noch „gute Nachrichten“ offeriert, fragt sich Focus Money jetzt „Krieg, Inflation, Rezession - Was tun?“ Und gibt selbst gleich die Antwort: „Die Tipps für bedrohliche Zeiten“. Wenn wir richtig liegen, sind das „Dividenden ohne Ende mit ETFs“, „Anleihen“ sowie „Gold, Uran und Lithium“. „Top-Aktien zu Crash-Preisen“ empfiehlt hingegen Börsen Online und verspricht: „35 Prozent bis Jahresende“ samt unverkennbaren „Buy“-Zeichen. Crash und Top erinnert und ein wenig an einen schwarzen Schimmel, ein Oxymoron für Rhetorik-Fans. Und fast schon philosophisch heißt es obendrein: „Vorsicht ist gut! Aber wer zu vorsichtig ist, verpasst die besten Chancen“. Das Positive macht auch Euro am Sonntag aus: „Verrückte Märkte – verrückte Chancen“. Wobei wir über die „verrückten Chancen“ länger nachdachten, aber wie so oft, zu keinem rechten (und auch nicht verrückten) Ergebnis kamen. Zur Optik der Titelblätter gibt es nichts zu berichten, außer: textlastig! Und angesichts all dieser Merkwürdigkeiten stimmen wir einigermaßen desillusioniert mit dem Focus überein: „Sind wir noch zu retten?“

Wirbel

Eher am Rande mit Finanzen aber im Zentrum von Münchens derzeitiger Befindlichkeit liegt das Oktoberfest. Obwohl, mit über 6 Millionen erwarteten Besuchern innerhalb von zwei Wochen (zur Einordnung: Berlin hatte 2021 im gesamten Jahr 5,13 Millionen Touristen) und einem Milliardengeschäft wäre die Wiesn als AG vom Umsatz her durchaus börsenfähig. Und entspricht sie nicht geradezu dem Ideal unseres Wirtschaftsministers, weil sie Gewinne einfährt, obwohl sie monatelang geschlossen ist? Aber zurück zum Aufschrei: „Beben in der Bräurosl“, zitieren wir einmal die tz München zu diesem Beben, das selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung als Ortsfremde behandelte: „Wiesn-Besucher verärgert über zu viel Blasmusik in der Bräurosl“. Die aufspielende Blasmusik in dem Zeltneubau habe nicht für genug Stimmung gesorgt, weil zu bajuwarisch traditionell. Merke: Die Wiesn steckt voll Tradition und der Wiesnbesucher steckt in der Tracht – aber zu viel Tradition macht auch keine Stimmung!

Folgen

Und zum Schluss noch ein Bild von unserem Zeitungsboard: Man könnte fast meinen, wir lebten noch in einer Monarchie, so beherrschte das Begräbnis der Queen die Titelseiten von Boulevard und Seriös. Fast hätten wir erwartet, die Bild-Zeitung titelt mit „Wir sind Queen“ oder gar „Wir waren Queen“. Hat sie dann doch nicht. Nicht ganz verstanden haben wir die Überschrift der Frankfurter Allgmeinen Zeitung: „Alle können dem Beispiel der Queen folgen“!? Nun ja, aber bitte noch nicht so bald! Und in Die Welt lasen wir den ebenfalls interpretationswürdigen Satz: „Beinahe zwei Drittel der Briten befürworten nach dem Tod Queen Elizabeths II. ein Königshaus mit weniger aktiven Mitgliedern“! Ist das ein Aufruf zur Faulheit?