Mehrzahl der Zuflüsse in Emerging-Markets-Rentenfonds stecken in ESG-Produkten

Stefan Hollidt, Santander Asset Management Deutschland
Stefan Hollidt / Bild: Santander Asset Management Deutschland.
Investments in Schwellenländer sind, aufgrund der Zinswüsten in der westlichen Welt und den weiterhin unabsehbaren Folgen der Corona-Krise, aber andererseits auch wegen dem hohen Wachstumspotential bei Investoren beliebte Anlagen zur Beimischung. Durch ESG-Standards, die immer mehr Manager von Schwellenländerfonds erfüllen, bekommen diese Investmentprodukte zurzeit einen neuen Stellenwert. Neben Aktien rücken vermehrt auch zunehmend Anleihen mit einem „grünen“ Anstrich in das Anlageuniversum von Schwellenländerfonds.
 
2020 haben ESG-Aktienfonds zwar größere Zuflüsse in Höhe von 20,7 Milliarden US-Dollar verzeichnet, doch die wachsende Nachfrage an ESG-Rentenfonds ist rasanter: Die Gesamtzuflüsse in ESG-EM-Rentenfonds erreichten im gleichen Zeitraum 5,1 Milliarden US-Dollar, bei Gesamtzuflüssen von 7,2 Milliarden US-Dollar für alle EM-Rentenfonds. Mit der aktuellen Neuerung auf EU-Ebene, der Offenlegungsverordnung, werden reine ESG-konforme Fondsprodukte nochmals an Relevanz gewinnen.

Lateinamerika hat weltweit die größte Nachfrage nach ESG-Investitionen

Viele lateinamerikanische Investoren glauben, dass Unternehmen, die bei ihrem Handeln mehr Integrität an den Tag legen, besser abschneiden als ihre Konkurrenten. Das Entscheidende ist, jedes Unternehmen hinsichtlich seiner ESG-Konformität korrekt zu beurteilen. Insgesamt berücksichtigen wir rund 100 Indikatoren je Unternehmen. Allerdings reichen diese Kennzahlen allein nicht immer aus für eine valide Einschätzung. Unser Vorteil ist, dass wir seit über 10 Jahren in lateinamerikanische Anleihen investieren und viele der Unternehmen sehr gut kennen.

Primärmarkt wächst rasant

Charakteristisch für den großen „ESG-Appetit“ von LatAM-Investoren sind Überzeichnungen bei den jüngsten Emissionen von nachhaltigen Anleihen und Green Bonds. So war die neue Anleihe des brasilianischen Papier- und Recyclingunternehmen Klabin Brazil bei ihrer Auflegung bereits um das 10-fache überzeichnet. Ein weiteres Beispiel ist die Anleihe von „MercardoLibre“, ein internationales Unternehmen aus dem E-Commerce-Bereich mit Sitz in Argentinien, die um das 11-fache überzeichnet wurde. Erstemittenten wie der brasilianische Getreideverarbeiter und Logistikkonzern Amaggi debütierte jüngst im Januar mit einer 7-jährigen Nachhaltigkeitsanleihe über 750 Millionen US-Dollar zu 5,25 Prozent.
 
Trotz des immer noch herausfordernden Erholungspfades und des erhöhten Drucks auf die höhere Verschuldung der Staaten bewerten wir LatAm-Unternehmensanleihen mit guten Aussichten für 2021, da die Impfprogramme beginnen an Zugkraft zu gewinnen, was sich auf das Vertrauen auswirkt und sich in einer Erholung des Wachstums niederschlagen kann. Zudem bestärken die reichlich vorhandene globale Liquidität und die anhaltenden Zuflüsse in die Schwellenländer, die auch durch die Dynamik am Primärmarkt belegt werden, unsere Ansicht eines vielversprechenden Jahres für lateinamerikanische Unternehmenskredite.

Erhöhte Mobilität in Lateinamerika

Neben dem großen Potential für nachhaltige Anleihen, weist Lateinamerika zurzeit ein noch weiteres ausschlaggebendes Kriterium für sein gutes Investmentpotential auf: die hohe Mobilität. Im Gegensatz zu den entwickelten Märkten in Europa und den USA zeigte die Mobilität in Lateinamerika und Asien laut dem Google Mobility Report im vierten Quartal 2020 weiterhin einen moderaten Aufwärtstrend. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts spiegelt sich auf Quartalssicht auch in den Daten zur Mobilität wider: Wenn die Menschen - auch im Umfeld von Corona - wieder vermehrt unterwegs sind und Geschäfte aussuchen können, profitiert hiervon die gesamte Wirtschaft der entsprechenden Region. Für Lateinamerika rechnet Santander Asset Management daher für 2021 mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 3,3 Prozent. Spitzenreiter wird darunter, laut Prognose, Peru mit einem Wachstum von 5,5 Prozent sein.
Stefan Hollidt ist Investmentchef bei Santander Asset Management Deutschland.