OPEC überrascht die Märkte, Ölpreise dürften steigen

Michel Salden, Vontobel Asset Management
Michel Salden / Bild: Vontobel Asset Management
  • OPEC änderte Produktionsquoten für April nicht entgegen der Konsenserwartung von einer Erhöhung um +1.5 mbpd
  • Ölpreise stiegen nach der OPEC-Pressekonferenz um 4 Prozent und erreichten 66,75 US-Dollar für Brent und 64,75 US-Dollar für WTI Crude
  • Russland und Kasachstan konnten ihre Produktion um zusammen 0,15 mbpd steigern
  • Saudi-Arabien hält seine freiwillige Produktionskürzung von 1 mbpd für mindestens 1 Monat aufrecht und signalisiert keine Eile, sie danach aufzuheben
Am vergangenen Donnerstag überraschte die OPEC+ die Märkte erneut, indem sie ihre Produktionsquoten für April unverändert beließ, entgegen den Konsenserwartungen für eine Erhöhung um 1,5 Millionen Barrel pro Tag (mbpd). Saudi-Arabien war einmal mehr erfolgreich bei der Aufrechterhaltung der Produktionsdisziplin unter den OPEC-Mitgliedern. Auch das Nicht-OPEC-Mitglied Russland zeigt volles Engagement für die aktuelle Politik.

Vorräte vermindern sich

Die globalen überschüssigen Öllagerbestände liegen derzeit immer noch bei über 100 Mio. Barrel, aber die gestrige OPEC-Entscheidung dürfte den Abbau der Ölvorräte auf den 5-Jahres-Durchschnitt beschleunigen. Angesichts der aktuellen Unterversorgung schrumpfen die globalen Ölvorräte um 2 Millionen Barrel pro Tag (MBPD) und höchstwahrscheinlich werden alle überschüssigen Vorräte bis Juni dieses Jahres abgebaut sein. Dieser Lagerabbau geht einher mit einem starken Anziehen der Ölnachfrage im 2. Quartal, wenn die Auswirkungen der Impfung auf die Mobilität sichtbar werden. Dies ist der Sweet Spot für OPEC, um eine Verknappung am Markt herzustellen und die Öl-Futureskurve zu steuern. Bis zum Jahresende 2021 werden wir wahrscheinlich eine vollständige Normalisierung zurück auf das Ölnachfrageniveau von 2019 sehen, was einer der schnellsten Nachfragebeschleunigungen für Öl gleichkommen würde. Wenn sich dieses Szenario bewahrheitet, werden sich die Öl-Futureskurven noch weiter in Backwardation bewegen, was die Spotpreise in die Höhe treibt und die längerfristigen Ölpreise drückt. Dies wird einen Wiederanstieg der langfristigen Rohölproduktion der Nicht-OPEC-Produzenten drosseln, da die längerfristigen Ölpreise um etwa 10 bis 12 US-Dollar niedriger gehandelt werden als auf dem Spot-Markt. Das bedeutet, dass es die OPEC durch ihr Kurvenmanagement den Hauptölproduzenten und den Schieferölproduzenten erschwert, sich durch profitable Produktionspreise abzusichern.

Öl-Produktion auf Abwärtspfad

Aus den Aussagen Saudi-Arabiens geht hervor, dass sie die Fördermenge nicht erhöht haben, weil sie zuversichtlich sind, dass sie sich so positioniert haben, dass sie ihren Marktanteil in den kommenden Monaten deutlich steigern können. Ihre Haltung ist also nicht auf Zweifel an einer Nachfrageschwäche oder Ängste vor einem Comeback des Schieferöls zurückzuführen. Das Nicht-OPEC-Produktionswachstum befindet sich auf einem strukturellen Abwärtspfad, da die westlichen Ölkonzerne den Druck ihrer ESG-Politik spüren. Steigende Ölpreise sind normalerweise eine gute Nachricht für die US-Schieferölproduzenten, aber dieses Mal behindern hohe Finanzierungskosten und politische Unsicherheiten jegliches Produktionswachstum in diesem Jahr.

Öl zur Inflationsabsicherung

Insgesamt ist dieses Szenario sehr positiv für Rohöl-Futures. Die Preise dürften im 3. Quartal auf 75 US-Dollar steigen und dort für eine Weile bleiben. Noch wichtiger ist, dass die Backwardation bei Öl auf Jahresbasis fast 10 Prozent beträgt, was Öl zu einer der renditestärksten Inflationsabsicherungen macht. Angesichts der jüngsten Marktturbulenzen bei US-Treasuries aufgrund steigender Inflationserwartungen dürften Inflationsabsicherungen jetzt und in den kommenden Monaten stark gefragt sein.
Michel Salden ist Leiter Commodities bei Vontobel Asset Management

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