Die Chancen für ein positives Aktienjahr 2021 stehen gut – der attraktivste Markt ist Asien

Adrian Roestel, Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung
Adrian Roestel / Bild: Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung
Die Chancen stehen gut, dass 2021 ein positives Jahr für Aktienanleger wird. Die Coronapandemie wird aufgrund der Impfungen und einsetzender Herdenimmunität an Schrecken verlieren. Dies sollte in eine kräftige Erholung der Weltkonjunktur münden. Eine anhaltend lockere Geldpolitik sowie staatliche Konjunkturhilfen werden den Aufschwung zusätzlich unterstützen. Doch welche Region ist am attraktivsten?

Wir haben Glück gehabt

Wirft man einen Blick zurück auf 2020, kann man sagen: Wir haben Glück gehabt. Das Coronavirus hat die globale Wirtschaft in einem recht gesunden Stadium ohne signifikante Preisblasen und Ungleichgewichte getroffen. Der tiefe ökonomische Schock resultierte aus kollabierenden Umsätzen, die zu heftigen Gewinneinbrüchen führten. Die Gewinnmargen blieben aber im Gegensatz zur Finanzkrise 2008/2009 erstaunlich stabil. Dank des schnellen Eingreifens der Notenbanken erholten sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen im Rekordtempo. Großflächige Liquiditätsengpässe, Belastungen durch höhere Kreditkosten oder ausufernde Insolvenzen blieben bislang aus. Somit kam auch das Bankensystem relativ stressfrei durch die Krise.

Unterschiedliche Wachstumsphasen je nach Region

Steigen nun die Umsätze wieder in Richtung Vor-Corona-Niveau, werden sich auch die Unternehmensgewinne rasch erholen. Teilweise ist dies durch staatliche Entschädigungen während bzw. nach den ersten Lockdowns schon sichtbar geworden. Allerdings werden die Wachstumsphasen je nach Region unterschiedlich stark ausfallen. Als Erstes werden die Schwellenländer, allen voran die meisten Staaten Asiens, deutlich steigende Gewinne zeigen, die sogar die Niveaus vor dem Ausbruch der Pandemie übersteigen. Umsätze und Gewinne waren in diesen Ländern in 2020 nur moderat zurückgegangen, beide Kennziffern dürften dieses Jahr stark wachsen. Dagegen werden US-Unternehmen den coronabedingten Einbruch bei den Gewinnen erst zum Jahresende ausgewetzt haben. Als letzte große Wirtschaftsregion wird die Eurozone wohl erst spät in 2022 die alten Gewinnniveaus wiedersehen. Verantwortlich für die große zeitliche Lücke sind mehrere Faktoren: Das erneute Herunterfahren des Wirtschaftslebens im Winter, Extrakosten durch den Austritt Großbritanniens aus dem gemeinsamen Binnenmarkt, die höhere Zahl zyklischer Unternehmen (deren Umsatz- und Gewinneinbruch heftiger ausfiel) sowie die geringere Gewichtung der Covid-19-Gewinnersektoren.

Globale Aktien haben sich verteuert

Nun sind die Aktienmärkte der Industrienationen im historischen Vergleich selbst unter Berücksichtigung des starken Realzinsverfalls nicht günstig. Im vergangenen Jahr, in dem die globalen Gewinne um mehr als 15 Prozent eingebrochen sind, stieg der Weltaktienindex zweistellig. Globale Aktien haben sich gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im Schnitt um fast 40 Prozent verteuert.
 
Für den Anlageerfolg wird es daher entscheidend darauf ankommen, jene Regionen, Sektoren und Unternehmen zu identifizieren, die trotz guter Ertragsaussichten günstig bewertet sind. Legt man die relative Expansion der KGVs seit Ende 2019 zugrunde, sind China und die asiatischen Schwellenländer attraktiv, gefolgt von den USA. Japans Aktienmarkt hat zwar einen deutlicheren Bewertungsaufschlag erfahren, weist allerdings auch ein hohes Gewinnwachstum auf und profitiert als zyklisch geprägter Markt in besonderem Maße vom anziehenden Wachstum des Welthandels. Europa fällt dagegen zurück. Zwar liegen hier die Bewertungsniveaus im globalen Durchschnitt. Relativ haben sich Europas Aktienmärkte aber bereits stark verteuert und mit dem schärfsten Ertragsrückgang der drei großen Weltregionen zu kämpfen gehabt.

Asien vor den USA und Europa

In der regionalen Allokation ist daher Asien zu bevorzugen, gefolgt von den USA und der Eurozone. Die leichte Präferenz von US-Aktien gegenüber europäischen Titeln hängt auch mit deutlich steigenden Aktienrückkäufen zusammen, die an der Wall Street zu erwarten sind. US-Firmen haben 2020 Rekordsummen an Fremd- und Eigenkapital aufgenommen. Mit ca. 2,5 Billionen US-Dollar liegen die Bargeldbestände aller S&P-500-Mitglieder um 35 Prozent über jenen Ende 2019. Die Investmentbank Wells Fargo schätzt, dass davon mehr als 1.000 Milliarden Überschussliquidität sind. Da die freien Cashflows sogar noch stärker als die Gewinne anziehen sollten, steht also ausreichend Geld für Aktienrückkäufe zur Verfügung.
 
Doch in den USA lauern auch Risiken. Signifikante Belastungen könnten sich daraus ergeben, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat erobert haben. Dadurch kann Präsident Joe Biden auch wirtschaftskritische Ideen seiner Agenda realisieren, namentlich eine Erhöhung der Unternehmenssteuern und eine stärkere Regulierung der Technologiekonzerne. Das würde die Gewinnaussichten schmälern, Aktienrückkäufe belasten, die Inflationserwartungen anschieben und bei ambitionierten Bewertungen die Aktienkurse deckeln. Dadurch schrumpft der relative Vorteil von US-Aktien gegenüber europäischen Anteilsscheinen erheblich.
Von Adrian Roestel ist Leiter Portfoliomanagement bei Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung

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