Freitag der 13. - wie abergläubisch sind wir eigentlich noch

Ulrich Kirstein
Bild: UK
Gerne belächeln wir die Zeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit mit ihrem Hexenwahn und der Furcht vor Dämonen oder Zaubereien. Wehe, wenn morgens eine schwarze Katze verkehrt den Weg kreuzte. Doch wir leben noch immer in einer Welt des Aberglaubens: In vielen Hotels fehlt das 13. Stockwerk, in Flugzeugen die Reihe 13, in der Formel 1 gibt es keine Startnummer 13. Und Freitag, der 13., gilt uns noch immer als ein besonderer Tag, an dem Vorsicht an erster Stelle steht.

Irrationales Verhalten gehört zur Börse

Und wie halten es Börsianer mit dem Aberglauben? Hier hat sich zum Beispiel der „Schwarze Freitag“ als Horrortag stark fallender Kurse eingebürgert. Der erste dieser inzwischen ganzen Reihe schwarzer Freitage wird für den 6. Dezember 1745 belegt, als die Landung des Kronprätendenten Charles Edward Stuart in Schottland bekannt wurde und zu einem kurzfristigen Absturz der Börse in London führte. Auch die Börsencrashs von 1866 und 1869 in London, 1873 in Wien, 1927 in Berlin und 1929 in New York erhielten den Titel Schwarzer Freitag – ein 13. war im Übrigen nicht darunter.
 
Aber auch obskure Empfehlungen, Versprechen von tausendprozentigen Gewinnchancen, konsequentes Festhalten an Verliereraktien, Gier nach Erfolgen und Panik vor Verlusten – es gibt eine ganze Menge an irrationalem Verhalten an der Börse, vor dem Norbert Betz an dieser Stelle schon des öfteren gewarnt hat - ohne dass es deshalb weniger werden würde.

Kein Glück mit Glückszahlen

Es gibt nichts, das in Sachen Börse und Börsenerfolg nicht schon untersucht worden wäre. Da werden Zusammenhänge gesucht, gefunden und mehr oder weniger stringent bewiesen. Gewinnt zum Beispiel beim Super Bowl in den USA eine Mannschaft aus der NFC, dann steht ein Börsenhoch vor der Tür, gewinnt eine aus dem Konkurrenzverband AFC, dann geht’s eher bergab. Sind Mini-Röcke in Mode, dann steigen die Aktien, geht’s mit dem Rocksaum nach unten, fallen die Kurse. Was lag da näher, als dem Einfluss des Aberglaubens auf das Börsengeschehen nachzuspüren. Das unternahmen zum Beispiel Ökonomen aus Taiwan und Hongkong, die über einen Zeitraum von fünf Jahren mehr als 100 Millionen Handelsoptionen am Taiwan Futures Exchange Market untersuchten. Sie konzentrierten sich dabei auf die „Unglückszahl“ 4 und die „Glückszahl“ 8. Denn Chinesen können mit der 13 sehr gut leben, aber die 4 gilt wegen der phonetischen Nähe zum Ausdruck "Tod" auf Mandarin als Unglückszahl. Die Wissenschaftler zählten ganz einfach die Wertpapieraufträge mit einer 4 und einer 8 am Ende. Das Ergebnis, Sie ahnen es: die Glückszahl 8 war überdurchschnittlich häufig vertreten, die Unglückszahl 4 kam sehr viel seltener vor.
 
Ausländische Investoren mussten selbstverständlich herausgerechnet werden. Es braucht nicht weiter vertieft werden, dass diese leicht irrationale Wahl der Produkte nachgewiesener Maßen zu tatsächlich geringeren Renditen führte. Und zwar durchaus signifikant: am Tag erzielten die besonders abergläubischen taiwanesischen Einzelhändler (das oberste Fünftel der abergläubischen Investoren) im Schnitt 0,03 Prozent weniger Ertrag als das unterste Fünftel. Das klingt wenig, auf’s Jahr hochgerechnet sind das aber 8,8 Prozent!

Wir können dazulernen

Einen Trost hatten die Wissenschaftler aber parat: Es gibt einen Lerneffekt. Je länger Trader in Taiwan aktiv waren, desto weniger vermieden sie die Zahl vier, ihr Aberglauben nahm ab. Wissen und Erfahrung sind also der beste Schutz gegen abergläubisches (Fehl-)Verhalten. Das ließe sich auf beliebig viele Themen außerhalb der Börse ausdehnen!