Zuviel Öl und zuwenig Wiesn

Ulrich Kirstein mit der Presseschau am Freitag
Ulrich Kirstein / Bild: BBAG/Killius
Schön harmonieren in dieser Woche die beiden Titelseiten von Börse online und Focus Money: Während Börse Online titelt „DAX in Gefahr“, setzt Focus Money Mr. Dax Dirk Müller in Szene. Dieser schaut grimmig-entschlossen vom Cover, so dass man ihm die Gefahr wirklich abnimmt. Überschrieben ist das Ganze mit „Exklusiv-Analyse The Day After Corona:Was kommt nach dem Crash?“ Etwa der nächste Crash? Börse Online bietet im Heft einen Bilanz-Check sämtlicher Dax-Werte mit Blick auf den Goodwill der Unternehmen und mögliche Abschreibungen wegen Corona. Sind diese zu hoch, sollten Anleger vorsichtig sein.

Streit um Eurobonds

Der Streit um das eher spröde Thema Eurobonds hat es auf die Titelseiten von Tageszeitungen geschafft, so bei der Süddeutschen Zeitung vom Montag „Conte fordert ‚ganze Feuerkraft‘ der EU“, womit der italienische Premierminister Corona-Bonds meint und Deutschland als „Bremser“ versteht. Die Mittwoch-Ausgabe der Börsen-Zeitung hat dem Thema einen Schwerpunkt gewidmet und fünf renommierte Volkswirte dazu befragt. Lars Feld, Vorsitzender des Sachverständigenrates, sprach sich dafür aus, dass Deutschland bei seinem Nein bleibe und auch Stefan Kooths vom IfW lehnt Corona-Bonds ab. Sebastian Dullien vom IMK und Claus Michelsen vom DIW legten sich für Corona-Bonds ins Zeug. Somit wäre Fritzi Köhler-Geib von der KfW das Zünglein an der Waage zugekommen – aber sie hielt sich bedeckt und betonte nur, dass es „weitere gemeinsame Anstrengungen“ bedarf, um „die Folgen der Krise nachhaltig zu überwinden“. Wie wir jetzt wissen, gibt es diese gemeinsamen Anstrengungen, die die Börsen-Zeitung in der Freitags-Ausgabe „Europas Trippelschritte zum großen Hilfspaket“ nennt, aber keine Euro-Bonds.

Leser sehen rot

Selbstverständlich beherrscht das Coronavirus auch die bereits erschienenen Monatszeitschriften für den Mai. „Alles Unsicher“ lautet lapidar der Titel von Das Investment, das überdies einen „Corona-Test für Mischfonds“ anbietet. Capital setzt ganz auf „Immobilien: Jetzt erst recht?“. Zumindest in München, soviel sei verraten, ändert sich nichts dramatisch, die Immobilien werden einem dort auch künftig nicht nachgeworfen. Euro titelt mit „Mut lohnt sich“ und zeigt im Hintergrund eine Linie, die wohl den Dax nachzeichnet und erst einmal deutlich nach unten geht. Tatsächlich beschäftigt sich das Heft ausführlich mit Krisen, aus der Vergangenheit wie der Gegenwart. Damit wir das auch merken, ist der gesamte Teil tiefrot eingefasst.

Öl im Sturm

Dass zeitweise für Kontrakte der US-Ölsorte WTI bis zu 40 US-Dollar gezahlt wurde, machte überdies Schlagzeilen. „Wird Tanken jetzt noch billiger“ hoffte die Süddeutsche Zeitung vom Mittwoch. Eines scheint sicher: dass wir Geld bekommen, wenn wir tanken, soweit wird es nicht kommen – wir kennen das schließlich von den Negativzinsen, auch da bezahlen uns die Banken nicht dafür, dass wir ihnen Kredite abnehmen. Und schließlich geht es den Autofahrern wie der Wirtschaft: Der Tank ist voll, wir dürfen ja so gut wie nicht fahren. Seltsam erschien uns dazu nur die Überschrift in Focus Money: „Der schwarze Tsunami“. Bisher hatten wir nur von einem „schwarzen Schwan“ gehört, Tsunamis hatten bisher eher keine Farbe.

Die Wiesn ohne Fest

Ein wichtiges Thema nicht nur rund um München (dort war es natürlich   d a s   Thema) war die endgültige Absage des Oktoberfestes. „Gestrichen“ hieß es lapidar auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch. Und im München-Teil hieß es dann „Der Rausch fällt aus“. Immerhin geht es um 1,2 Milliarden Euro, die pro Wiesn zusätzlich in München eingenommen werden – vom Hotelier (460 Hotels gibt es in München) bis zum Taxifahrer (3.300 Taxis) und von der Wiesnbedienung bis zum Schausteller. Aber wir wissen jetzt, dass es zwischen 1813 und 1945 einige wiesnfreie Jahre gegeben hat, meistens aufgrund von Kriegen, aber auch 1854 und 1873 wegen des Ausbruchs der Cholera. Kommentator Alfons Kaiser betrachtete die Absage auf der ersten Seite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Mittwoch als einen „Weckruf“ und „Menetekel“ für andere Großveranstaltungen. Dass spätestens bis zum Sommer alles wieder vorbei sei, mit diesem Wunschdenken habe die Absage des größten Volksfestes der Welt nun endgültig Schluss gemacht. Allerdings sei angemerkt, dass es kaum eine andere Großveranstaltung geben dürfte, bei der sich in zwei Wochen etwa 6 Millionen Menschen dermaßen unkontrolliert nahekommen. Im Wirtschaftsteil finden Rüdiger Köhn und Tillmann Neuscheler, dass die „Wiesn-Absage schwere Kollateralschäden“ hinterlässt. Für die Wiesn als Wiese zumindest nicht, die könnte endlich einmal aufblühen.