Die Fed irrt – und das ist gefährlich

Benjamin Bente, Vates Invest GmbH
Bild: Fed
Die Fed hat erstmals seit 2020 den Leitzins gesenkt. Und ist dabei gleich einen großen Schritt gegangen, 50 Basispunkte ging es nach unten. Das sind Größenordnungen, die eigentlich nur angewendet werden, wenn es brennt. Doch hier scheint es so, als gebe die Fed nur dem Marktwunsch nach – und könnte damit für ein Comeback der Inflation sorgen.
Die Fed hat den Leitzins erstmals gesenkt, seitdem sie zur Inflationsbekämpfung den jüngsten Zinserhöhungszyklus 2022 gestartet hat. Das ist genau das, was sich der Markt zuletzt gewünscht hatte. Allerdings ist es grundsätzlich kein gutes Argument, Marktwünsche zu erfüllen. Denn eigentlich hat die Fed keinen Grund für eine so starke Zinssenkung genannt: Sie argumentierte selbst, dass die Wirtschaftstätigkeit weiterhin solide expandiert und sich die Inflation dem Zwei-Prozent-Ziel nähert, aber das Ziel natürlich noch nicht erreicht sei.
 
Wieso also die Zinssenkung in Abwesenheit jeglicher rezessiver Gefahren und angesichts dessen, dass das Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation noch lange nicht erreicht ist? Denn immerhin liegt die von der Fed besonders beobachtete Kernrate der Inflation bei mehr als drei Prozent und sank zuletzt auch nicht weiter. Hier scheint die Fed einen ihrer größten Fehler wiederholen zu wollen. Es läuft derzeit auf ein Szenario hinaus, das 1966/1967 bereits einmal griff und das wir seit anderthalb Jahren thematisieren.
 
Auch damals hat die Fed verfrüht und unnötig deutlich die Zinsen in einem Inflationsumfeld und ohne Rezession gesenkt. In der Folge erlebte die Inflation ein Comeback mit einer noch größeren Inflationswelle als der vorigen. Und wenn 1966/1967 die Blaupause ist, passt das auch zum aktuellen Verlauf der Aktienmärkte. Wir sehen derzeit einen frappierenden Gleichlauf beim S&P heute mit dem Verlauf 1966/67.

Ist die Lockerung verfrüht?

Ob es diesmal angesichts der hohen Inflationsraten in den vergangenen Jahren zu einer zweiten Welle führt, die größer ist als die erste, sei dahingestellt. Doch die Lektion aus 1966/1967 scheint nicht gelernt: Verfrühtes, unnötiges, deutliches Lockern der Geldpolitik in einem strukturellen Inflationsumfeld führt zu neuer Inflation. Und diese jüngste und vor allem so große Zinssenkung ist unnötig, weil die Wirtschaft nicht droht, in die Rezession abzugleiten – zumindest nicht im Moment. Bei der Fed scheint man aber offenbar aus der Geschichte nicht gelernt zu haben und wiederholen zu wollen, was ein großer Policy Error in ihrer Geschichte war. Das ist angesichts der historischen Erfahrung als auch der aktuellen Situation unverständlich.
 
Für die Aktienmärkte allerdings ist es zunächst einmal positiv wie übrigens auch 1967. Die Aktienmärkte stiegen damals angetrieben von Zinssenkungen zunächst aus dem Bärenmarkt, der vergleichbar mit 2022 auch damals von Inflation und den deutlichen Zinssteigerungen geprägt war. Die damals erreichten neuen Hochs waren aber nicht von Dauer, weil die nächste Inflationswelle die nächste Zinserhöhungswelle nach sich zog und damit auch den nächsten Bärenmarkt mit der Rezession von 1970. „Insofern wäre es aus unserer Sicht sinnvoller, zunächst wirklich die Inflation nachhaltig niederzuringen, was erkennbar an der Kernrate noch klar nicht der Fall ist. Das jetzige Vorgehen der Fed ist ein Spiel mit dem Feuer – und das nur, um dem Markt einen Gefallen zu tun.
Benjamin Bente ist Geschäftsführer & Leiter Portfoliomanagement bei Vates Invest GmbH. Der
Diplom Kaufmann der Universität Mannheim ist nach Stationen bei der UBS Deutschland AG, der Bank Julius Bär (Europe) AG einer der Gründer der Vates Invest GmbH, die auf börsentägliche quantitative Analysen des monetären, konjunkturellen und sentimenttechnischen Umfelds spezialisiert ist. Bente ist Mitglied des Investmentkomitee der FOCAM AG.

Im Artikel erwähnte Wertpapiere

UC S&P 500 5.752,4399 N.A.
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