Unheimliche Euphorie

Stefan Ziermann, Verlag Fuchsbriefe
Stefan Ziermann / Bild: Verlag Fuchsbriefe
Die Börsen machen mit überschäumender Jahresanfangs-Euphorie einen Zins-Dreisprung. Die sinkenden Inflationsraten (jüngste Zahlen aus Osteuropa) unterfüttern die Hoffnung, dass sich die globale Teuerung zügig beruhigt. Gespiegelt wird das vom Rückgang der Renditen, die deutlich fallen. Das wird von den Märkten aber nach wie vor einseitig als Inflations-Entwarnung gelesen, jedoch nicht als Rezessions-Hinweis verstanden. Darum steigen die Aktienkurse kräftig an.
 
Aus den USA wurden Donnerstag die neuesten Zahlen zu den US-Verbraucherpreisen bekannt. Die Verbraucherpreise sind auf Monatsbasis um 0,1Prozent gesunken. Der Inflationsrückgang ist damit de facto zum Erliegen gekommen. Auf Jahresbasis liegt die Inflation nun bei 6,5 Prozent (zuletzt 7,1 Prozent). Ob dieser Rückgang reicht, die Fed zu einem langsameren Zinsanhebungstempo zu bewegen? FUCHS-Kapital glaubt das nicht.

Hoffnung auf die Zinspause

Die US-Notenbank wird weiterhin die Zinsen straffen. Eine Entschleunigung oder gar ein Stillstand ist erst zu erwarten, wenn die Inflation deutlich unter 5 Prozent gefallen ist und sich dauerhaft in Richtung 2 Prozent bewegt. Jede Entspannung bei den Preissteigerungen stärkt derzeit die Aktienmärkte. Denn je wahrscheinlicher eine Zinspause der Fed wird, desto mehr Anleger wagen sich bei Aktien wieder ins Risiko. So beginnt die Aktienrallye sich dann wieder selbst zu verstärken.
Rückenwind könnte auch der Start der US-Berichtssaison bringen, den die Banken eröffnen. Gerade die Geldinstitute sollten mit guten Ergebnissen und Prognosen aufwarten, denn die steigenden Zinsen spielen ihnen fundamental in die Karten.

Übertriebene Hoffnungen auf China

Die große Zuversicht in Bezug auf die Corona-Öffnungen in China halten wir für zu einseitig. Zwar werden die Lockerungen der Null-Covid-Politik die Wirtschaft beflügeln, die Chinesen werden Konsum nachholen, der Immobilienmarkt dürfte sich stabilisieren. Aber es ist aufgrund der anspringenden Nachfrage auch mit einer anziehenden Inflation zu rechnen. Deren Impulse könnten, über die Rohstoff-Preise, in die ganze Welt ausstrahlen und die Hoffnungen auf eine Beruhigung der Preissteigerungen zunichtemachen.
 
Die Rohstoffpreise – voran Öl und Industriemetalle – deuten das bereits an. Die Ölpreise (Crude und WTI) haben sich grob um die Marke von 80 US-Dollar je Fass stabilisiert. Zieht Chinas Konjunktur an, wird auch der Preis des „Schwarzen Goldes“ anziehen. Die Entwicklung der Preise für Industriemetalle läuft parallel.
 
Fazit: Die Euphorie an den Börsen ist uns nicht geheuer. Nur wenige Impulse von Seiten der Inflation reichen aus, um die optimistischen Erwartungen zu enttäuschen. Rückt das Bild einer Stagflation wieder in den Mittelpunkt, rauschen die Kurse schnell wieder nach unten. Investiert bleiben, Stopps nachziehen – neue Käufe nur bei Rücksetzern.
Stefan Ziermann ist Chefredakteur im Verlag FUCHSBRIEFE. Er verantwortet den Unternehmerbrief FUCHSBRIEFE, die Börsenbriefe FUCHS-Kapitalanlagen, den Brief für Wasserstoff-Aktien FUCHS H2-Invest und die FUCHS-Devisen mit Fokus auf Währungen, Anleihen, Rohstoffe und Kryptowährungen. Darüber hinaus ist er Herausgeber des jährlich publizierten FUCHS-Geldanlagebuches „Anlagechancen“ und des FUCHS-Broker-Ratings.